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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Stück des Weges.
    Vor dem Hotel wandte sie sich um, um ihn zu umarmen, aber sie zögerte. Tiberius Gesichtsausdruck hatte sich verändert, er hatte die Augen zusammengekniffen, die Lippen zusammengepreßt und blickte irgendwohin, wo sie nichts sah.
    »Tiberius«, murmelte sie, »bitte verkrampf dein Gesicht nicht so. Wenn du das tust, erinnerst du mich an den echten Tiberius. Was hast du? Was siehst du?«
    »Hast du den echten Tiberius gekannt? Kaiser Tiberius?«
    Laura antwortete nicht. Sie war beunruhigt.
    »Ich schon«, fuhr Tiberius fort und legte die Hände auf Lauras Gesicht. »Ich habe ihn sehr gut gekannt. Er war ein merkwürdiger Kaiser, ein Adoptivkind, über das nie jemand gut hat reden können. Man nennt ihn Tiberius, aber sein wirklicher Name lautet Tiberius Claudius Nero … Unsere drei Namen in einem einzigen, in meinem, findest du das nicht merkwürdig? Tiberius sah Dinge, er sah Ränke, Verschwörungen, er sah das Böse. Und auch ich sehe bisweilen das Böse. In diesem Augenblick sehe ich etwas Schreckliches neben dir, Laura, die du so schön bist.«
    »Hör auf, so zu reden, Tiberius. Du erregst dich, du bist müde.«
    »Ich gehe schlafen. Umarme mich.«
    »Denk nicht mehr an diese Kaiserfamilie. Damit macht ihr euch noch alle verrückt. Glaubst du nicht, wir haben schon genug Ärger? Du hast diesen Kaiser nie gekannt, merk dir das, Tiberius.«
    »Ich weiß es«, erwiderte Tiberius lächelnd.
    Als er nach Hause kam, weckte Tiberius Claudius, der sich nicht von seinem Stuhl gerührt hatte, während Nero samt Flasche verschwunden war.
    »Claudius«, sagte er leise, »geh ins Bett, da hast du es bequemer. Weißt du, daß ich den Kaiser in Wirklichkeit nie gekannt habe?«
    »Ich glaube dir nicht«, antwortete Claudius, ohne die Augen zu öffnen.

19
    Vier Tage schloß sich Richard Valence in seinem Hotelzimmer ein. Regelmäßig rief ihn Inspektor Ruggieri an, und jedesmal sagte Valence, er arbeite, und hängte auf.
    Am Freitagvormittag unternahm Lorenzo Vitelli zweimal den Versuch, sich mit ihm zu treffen. »Ich habe Ihnen höchst wichtige Dinge anzuvertrauen«, sagte er ihm von der Rezeption aus. »Unmöglich«, erwiderte Valence schlicht.
    Der Bischof fand, Richard Valence sei ganz entschieden ein Scheusal, und trotz der Neugier, die er für ihn hegte, hatte er allmählich mehr als genug von ihm.
    »Ein Eigenbrötler«, bemerkte der junge Mann an der Rezeption, als Vitelli den Hörer auflegte. »Er empfängt nicht mal Monsignore?«
    Vitelli trommelte mit den Fingern auf den Tresen. Er zögerte, Valence eine Nachricht zu hinterlassen.
    »Seit Dienstag«, fuhr der junge Mann fort, »muß ihm das Essen hochgebracht werden, weil er sein Zimmer nicht verläßt. Doch, einmal am Tag macht er eine Runde um den Häuserblock und kommt wieder zurück. Isabella, das Zimmermädchen, hat schon Angst vor ihm. Sie traut sich nicht mehr, zu lüften, um den ganzen Rauch aus dem Zimmer zu lassen. Anscheinend hebt er nicht mal den Kopf, wenn sie hereinkommt, sie sieht nur seine schwarzen Haare und sagt, er wäre wie ein gefährliches Tier. Scheint ein wichtiger Mann bei der französischen Regierung zu sein. Vielleicht. Aber solche Franzosen können sie behalten. Isabella will schon gar nicht mehr rauf, sie hat Angst,daß er ihr was antut, aber sie geht trotzdem. Sie mag ordentlich gemachte Arbeit.«
    »Aber nein, sie mag den Franzosen«, sagte Vitelli lächelnd.
    Er warf die Nachricht weg, die er geschrieben hatte. Wenn Valence derart unhöflich war, sollte er von nun an ohne ihn zurechtkommen.
    »So etwas darf man nicht sagen«, meinte der Mann am Tresen.
    »Man muß alles sagen dürfen«, erwiderte Vitelli.

20
    Seit zwei Stunden tat Richard Valence nichts mehr. Er hatte seine Notizen geordnet, den Tisch aufgeräumt, saß reglos auf dem Stuhl und sah durch das geschlossene Fenster über die Dächer Roms. Bald würde es Abend werden. Was ihm Inspektor Ruggieri und Monsignore Vitelli zu sagen hatten, interessierte ihn nicht. Er hatte seinen Bericht fertiggestellt und würde eine Kopie davon der italienischen Polizei übergeben, eine weitere an Édouard Valhubert schicken, das Original zur Erinnerung behalten und am nächsten Tag nach Mailand zurückkehren. Hinter ihm würde es dann explodieren. Es war vorbei.
    Es war vorbei, und er blieb schwerfällig und unbeweglich sitzen und sah über die Dächer von Rom. Ein wahres Chaos, diese Dächer. Er würde den Bericht übergeben und abreisen. Es war vorbei.
    Édouard

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