Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
Vom Netzwerk:
dann niedergesetzt wurde – sauber und eingefettet und mit sorgfältig geteertem Strahl –, fühlte er sich ganz anders an als vorher, viel leichter. Er bekam Augen, Nüstern und die Genitalien mit warmem Wasser und einem neuen Schwamm gewaschen. Ganz zum Schluß kam das weiche Tuch: Es schmeichelte über sein Gesicht, den Hals unter der Mähne entlang und über den ganzen Körper. Auch das Tuch folgte jedem kleinen Haarwirbel und fuhr nochmals über das elektrisch aufsprühende Langhaar. Als Eric fertig war, wandte Excalibur den Kopf, so weit er nur konnte, und roch an seinem Leib. Er beschnüffelte seine Beine und legte das Maul beinah bis an die Vorderhufe. Er fühlte sich leichter als je zuvor, entspannt, und zugleich voller Tatendrang wie nie. Er tat zwei Schritte, hielt erstaunt inne, trabte an – es war, als könne er auf die Wolke da oben springen. Übermütig schlug er aus und umkreiste seine Stuten, funkelnd in seinem neuen Glanz.
»Ein Märchenprinz«, sagte David, der sich bislang in vorsichtigem Abstand gehalten hatte, jetzt aber zu Eric trat. »Damit haben Sie ihm wirklich eine Freude gemacht, mein Junge. Wenn ich das Claire erzähle! Sie wird sagen, ich sei betrunken – ein Wildhengst, der sich nicht von der Stelle rührt, wenn er geputzt wird! Ich würd' jeden einen Spinner nennen, der mir's erzählte, wenn ich's nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.«
Eric lächelte. Sein Blick folgte Excalibur, der stolz wie ein Paradepferd einhertrabte und sich von seinen Stuten bewundern ließ. »Er ist richtig ein bißchen eitel, nicht? Sehen Sie, wie er den Kopf wirft und seinem Harem immer die Breitseite zudreht, damit sie ihn in voller Pracht sehen!«
»Ich hab schon 'ne ganze Menge von Ihnen gelernt, seit ich Sie heut beobachtet habe. Ich glaube, ich weiß, wie Sie's machen.«
»Ja?«
»Ja. Sie achten sie. Sie sind rücksichtsvoll und höflich gegen Tiere, wie Sie's zu Menschen auch sind. Menschen werden zugänglicher, wenn man sie für voll nimmt, und bei Tieren scheint's nicht anders zu sein.«
»Nach meiner Erfahrung stimmt das.«
»Das kann aber nicht das ganze Geheimnis sein. In unserer Gegend nennt man Leute wie Sie einen Wizard. Vor Ihnen bin ich noch keinem begegnet. Ihr wachst schließlich nicht auf Bäumen.«
Er wurde wieder praktisch. »Ich hab Claire versprochen, daß wir zum Mittagessen zurück sind, und es wird Zeit, mein Junge.«
»Ist's schon so spät?«
»Aye, Sie haben die Zeit vergessen, als Sie den Roten auf Hochglanz brachten. – Es gibt gegrilltes Huhn mit Folienkartoffeln und jungen Erbsen, und weil Sonntag ist, wird Claire ihre herrliche Sahnesauce mit gedünsteten Pilzen machen, und zum Nachtisch gibt es den Erdbeerkuchen, den Sie so mögen.«
Sie verabschiedeten sich von den Fargus' und dem bekümmerten Edward. Eric sah ihm gerade in die Augen. »Früher oder später, Edward –«
»Ja, Master Eric. Ich traue Ihnen. Aber ich hoffe, Sie finden den Wurm viel, viel früher als später.«
»Ich auch, Edward.«
Er wandte sich an Turner. »Wann wird denn die Riege eintreffen?«
»Na, ich habe ihnen gesagt, sie sollten's langsam angehen lassen, es sind schließlich angeknackste Tiere. Wahrscheinlich kommen sie irgendwann morgen.«
»Schön. Wird gut sein, sie wiederzusehen.«

14

    Eric kam an diesem Sonntag nicht in den Genuß des Erdbeerkuchens. Als er an einem knusprigen Hühnerflügel knabberte, klingelte das Telefon. »Es ist der alte Mr. Muir von der anderen Seite
    der Hügel.« Claire hielt den Hörer gegen die Brust. »Seine Hündin Duchess hat Wehen, aber es geht nicht voran, sagt er.«
    »Oh, aye.« Eric wischte sich hastig Lippen und Hände mit einer Serviette ab und stand auf. »Können Sie mich fahren, David?« »Was für 'ne Frage!«
    Nur gut, daß er sich im Krankenhaus Gedanken auch darüber gemacht hatte, was geschehen würde, wenn der Tierarzt der Gemeinde über längere Zeit ausfallen oder gar nicht mehr wiederkommen würde. Schließlich hatte er Medikamente, Operationsmaterial und Instrumente gekauft, da er ahnte, er würde einmal sehr froh darüber sein. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen. Mr. Muir war ein kleiner, gebeugter, weißhaariger Herr mit jungen, lebhaften Augen, die umwölkt von Sorge um seine geliebte Hündin waren. Dennoch war er aufmerksam und freundlich, als er ihnen die Tür öffnete: »Ein neues Gesicht! Freut mich, Sie kennenzulernen, junger Mann. Duchess ist gleich hier, in der Küche.«
    Duchess war eine bildschöne West Highland White

Weitere Kostenlose Bücher