Im Schatten des Pferdemondes
aufeinander.
Excalibur war ohne Zweifel der erfahrenere Kämpfer. Wenn Sir Lancelot aufgab – und das schien aufgrund seiner Unerfahrenheit unvermeidlich –, dann würde er ihn nicht schonen. Sir Lancelot besaß Feuer für einen ganzen Weltteil, doch der zerstörerischen Wucht eines kampferprobten Hengstes wie Excalibur konnte er nicht standhalten. Er mußte aufgeben; und Excalibur würde ihn jagen, zur Strecke bringen, und ihm den Schädel spalten. Eine kriegerische, für den Kampf geborene Persönlichkeit wie Excalibur kennt keine Gnade. Der eisenharte Schädel des Roten trommelte gegen Lances verletzliche Nierenpartie, und seine Zähne gruben sich in seine linke Flanke. Lance ließ den linken Hinterhuf vorschnellen und tat gleichzeitig einen Ruck nach rechts. Excalibur wurde aus dem Gleichgewicht gebracht; der Huf traf ihn unter dem Kinn. Er bäumte sich und ließ die Vorderhufe auf Lances Rücken trommeln, doch der Goldfuchs ging mit unglaublicher Geschmeidigkeit tiefer und tauchte unter dem gewaltigen Trommelwirbel weg, indem er sich fallen ließ, sich blitzschnell herumrollte, und ebenso schnell wieder auf den Beinen stand, bereit für einen neuen Angriff. Wieder prallten sie gegeneinander.
Excaliburs Kopf schwang herum wie ein Hammer, um gegen Lance zu schlagen – da drang Unruhe aus dem Pulk der Stuten, verängstigtes Wiehern, und er hörte, daß sie sich in Bewegung setzten. Etwas bedrohte sie. Er schnappte noch einmal gegen Lance, dann wurde seine Besorgnis übermächtig; er schnellte herum und setzte ihnen nach. Bald hatte er sie eingeholt, umkreiste sie und trieb sie über die Hügel.
Solitaire war unter ihnen.
Noch bevor der Rote sich ganz umgewandt hatte, schwang sich Eric auf Lances Rücken und zwang ihn gewaltsam herum. Er mußte alle Aufmerksamkeit auf das Pferd richten und hoffte, als er in vollem Galopp davonstob, daß Elaine das Richtige tun würde.
Die junge Frau streichelte Wolf, der neben ihren Füßen kauerte. »Das hast du wirklich gut gemacht, mein Lieber. Hast sie sehr eingeschüchtert. Du bist ein guter Schäferhund.« Wolf wedelte und schmiegte sich an sie. Er hatte sich an die Stuten geschlichen und mit seinen scharfen Zähnen einige Fesseln geritzt. Ein Bellen war nicht nötig gewesen. Die Furcht der Stuten hatte die ganze Herde in Bewegung gesetzt.
»Guter Junge«, sagte Elaine noch einmal und streichelte über sein Fell. »Laß uns zum Wagen gehen, ja?«
Sie nahm den Picknickkorb auf, und Wolf streckte seine Nase darunter, um ihr beim Tragen zu helfen. Schnaufend sah er zu, wie sie den Korb im Fond des Wagens verstaute; und wedelnd folgte er ihr, als sie vor dem Gebäude der Hickmans parkte.
»Wie geht es ihm?« Elaine traf Eric in der Garage der Hickmans. »Sie haben ihn angebunden. Vorhin lief er frei.«
»Vorhin war vorhin. Da wußte ich noch nicht, daß er Riegel aufschnappen kann.« Er bürstete vorsichtig Sir Lancelots verkrustetes Fell und vermied es, ihr das Gesicht zuzuwenden. »Er hat Schrammen und Knüffe, aber keine ernsthaften Verletzungen. Denken Sie bloß mal... er ist nicht nur hier herausgekommen – da könnte ich mir ja noch sagen, ich hätte vergessen, die Tür ordentlich zu schließen, aber er hat auch Solitaire aus der Koppel befreit, und das geht wirklich nur, wenn der Holzriegel hochgeschoben wird. Und ich weiß, daß er vorgelegt war.«
»Er ist schon ein sehr Kluger.« Sie näherte sich ihm langsam.
»Seine Klugheit hätte ihn das Leben kosten können. Mit einem Panzer wie Excalibur zu kämpfen! – Passen Sie besser auf. Ich weiß noch nicht, was dieser Vorfall bewirkt hat.«
»Vorhin ließ er mich ran.«
»Vorhin war vorhin«, sagte er wieder.
»Eric ... sind Sie verärgert?«
»Nein, nein! – Bleiben Sie lieber weg von ihm!«
»Aber er sieht ganz friedlich aus! Sehen Sie, er dreht mir den Kopf zu!«
Sie las ein Bündel Heu auf und hielt es Lance hin. Er zupfte es aus ihrer Hand, mit vorgestellten Ohren und weiten Nüstern. Eigentlich wirkte er angeregt nach seinem Abenteuer, und keineswegs übernervös. Eric ließ ihn herumtreten, um die andere Seite zu putzen, und verbarg sich hinter ihm.
»War es sehr schwer, ihn hierher zu bringen?«
»Oh, es ging. Er wollte natürlich zurück.«
»Ich könnte niemals ein Pferd ohne Sattel und Zaumzeug reiten. Schon gar nicht eines wie ihn. Und natürlich erst recht nicht in dem Zustand, in dem er war.«
»Man muß nur die richtigen Tricks kennen.« Er gebrauchte das verhaßte Wort, um sich nähere Erklärungen
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