Im Schatten des Pferdemondes
und legte die Arme um den reichen Nackenpelz. Über den Kopf des Hundes sah er zum ersten Mal die beiden Männer an, die einander an einem kleinen Holztisch gegenübersaßen und vor seinem Eintritt Karten gespielt hatten. Der eine hielt sein Blatt noch in der Hand, dem anderen waren die Karten entglitten, einige lagen verstreut auf dem Boden und zeigten die Vorderseite. Beide betrachteten ihn wie etwas, das vom Himmel ausgerechnet ihnen direkt vor die Füße gefallen war.
Eric rappelte sich auf, schnickte den Schmutz von seinen Hosen und lächelte sie entwaffnend an. »Tut mir leid, daß ich Ihnen Ihr Spiel verdorben habe.«
»Wie haben Sie das denn bloß gemacht?« brachte endlich der eine hervor und zeigte mit seinen Karten nach dem Hund, der sich eng an Eric schmiegte und versuchte, seine Nase in dessen Hand zu schieben. »Der Prince nämlich, der kann Fremde nicht leiden.«
»Er scheint 'ne Ausnahme zu machen.«
»Nay, so einfach is das nich!« warf der andere ein. »Ich hab Sie beobachtet. Sie blieben stehen und haben ihm bloß in die Augen geguckt. Kein Hund hat das gerne, und das wissen auch alle, aber sie vergessen's, wenn 'n fremder Hund wie so'n Deibel auf sie loskommt – denn drehen sie sich um und geben Fersengeld, und dann is' der Hund natürlich erst so richtig heiß.«
»Sie wissen aber eine Menge, Mr ...«
Der Mann, so respektvoll und bewundernd angesprochen, richtete sich auf; kein Wunder bei dem Namen, den er nannte, denn er war in alten Zeiten auf das engste mit dem schottischen Herrscherstuhl verknüpft gewesen: »Douglas. Aber sagen Sie ruhig Will. Das hier is der alte Roddy.«
»Freut mich sehr. Will. Roddy.« Er schüttelte jedem die Hand, nickte freundlich, und stellte sich vor.
»Gee, Sie sind das! – Na, wer 'ne verrückte Frauensperson von Gaul einfangen kann, der kommt auch mit unserm Prince zurecht, nich, Kumpel?« Der Hund wedelte und drückte sich enger an Eric. »Sieht aus, als würd er bei Ihnen bleiben wollen.« Eric neigte sich über Prince und streichelte ihn. Unter der kundigen, kosenden Hand sank der Collie auf die Hinterhand und verdrehte selig die Augen, als Eric ihn sanft kraulte. »Aber nein. Nein, Prince weiß doch über seine Aufgabe genau Bescheid, nicht, Junge?« Die Rute klopfte von unten nach oben auf den Boden. »Ein feiner Hund.« Eric richtete sich auf und ließ seinen Blick über die durch ein Gatter vom Vorraum abgetrennten Rinder schweifen. »Schöne Herde. Herefords, und wie ich sehe, haben Sie auch ein paar Hochländer darunter.« Er hatte in dem schwarzweißen Strom die roten und rotgelben, gedrungeneren, wolligen Gestalten entdeckt, die ihren Ursprung in den schottischen Highlands weit im Norden haben. »War die Nacht ruhig?«
»So ruhig wie der Schlaf meiner Grandma, Gott hab sie selig.«
»Und die Nächte davor?«
»Seit wir nachts in der Scheune sind, ist kein Tier mehr weggekommen. Es ist auch für uns ruhiger geworden; es ist nicht immer ein Vergnügen, draußen zu sein bei Nacht und jedem Wetter.«
»Sicher nicht.«
»Jo, das war wohl wirklich 'n guter Einfall von Mylady. Irgendwas mußte sie ja wohl auch machen, weil sie doch die Hilfen abgezogen hatte.«
»Ja. Bin froh, daß Sie sich wohl fühlen. Gute Nacht dann, Will. Roddy. – Gute Nacht, Prince.« Er kauerte sich nieder und rieb die zarten Ohren des Hundes, bis diesem ein kleines Grollen des Entzückens entschlüpfte.
»Nacht«, kam es von den Männern, und ein kurzes, kehliges Bellen von Prince, als er die Scheune verließ.
»So hätt's schon immer sollen sein«, meinte Will, nachdenklich seine Karten sortierend, »so: daß einer da is, der sich kümmert, und auch nachts mal rausgeht und nach 'm Rechten sieht. Der alte Fargus hat so was nie gemacht, sein Sohn nich, und Mylady is 'ne Dame, die is viel zu zart für so was.«
»Meinste Will, daß die Leute recht haben ...?«
»Was 'n?«
»Meinste«, stieß Roddy eilig heraus, um es schnell hinter sich zu haben, »meinste, da ist was dran? Meinste, die beiden haben was?«
»Miteinander? Mylady und der Junge?« Nachdenklich lutschte Will am Rand einer Spielkarte. »Warum nich«, sagte er langsam. »Wär ja für beide von Vorteil.« Er versank in tiefes, gründliches Nachdenken. »Aber irgendwie ... ich weiß nich, Roddy. Denkste, unser Prince würd' gleich einem so vertrauen und ihn so gern haben, wenn der durchtrieben wär?
– Nay.« Sein Urteil war gefällt. »Nay, Roddy, der Junge ist in Ordnung. Tiere wissen so was.«
Gray Beard trug ihn
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