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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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verlassen?»
    «Das nicht … Ich habe ja keine.»
    «Dann halten Sie sich gefälligst raus.»
    «Ich versteh’s trotzdem nicht. Warum lassen Sie sich auf sein Niveau herab?»
    Unold verharrte einen Atemzug lang unentschlossen neben seinem Chef, dann ging er in das Nachbarzimmer. «english english english …» , verkündeten die Regalfussleisten. Doch Unold hatte keinen Blick dafür. Reglos stand er da und starrte auf das Poster neben der Tür. Gelbe Grossbuchstaben warben für eine Ausstellung des Malers Franz Gertsch im Kunsthaus Zürich. Doch nicht dies war es, was ihn ausser Fassung brachte, sondern das hyperrealistische Gesicht, das ihm von dem Plakat entgegenblickte. Man sah es nicht in seiner Gänze: Der Oberkopf fehlte, und die gesamte rechte Seite. Möglich, dass dadurch die Wirkung des Porträts verstärkt wurde. Die junge Frau hatte etwas Wildes an sich, wild und ungezähmt. Aus ihren Zügen sprachen auch Trotz und Entschlossenheit. Und Ärger. Oder war es Unmut?
    Unold musste sich mit Gewalt von dem Bildnis losreissen. Seine Augen glitten über die Bücherregale und blieben an einem Thriller – genauer: an einem Namen – hängen. Bourne. Jason Bourne. Der ehemalige CIA -Auftragskiller war Unold von der Filmtrilogie her, die inzwischen zu einer Tetralogie angewachsen war, ein Begriff. Den genauen Inhalt der Actionstreifen hatte er zwar nicht verstanden, zu rasant waren die Schnitte, zu atemlos die Handlung. So viel aber war ihm immerhin klar: Von verschiedenen Geheimdiensten gejagt, kämpfte der gedächtnislose Jason Bourne gegen mächtige weltverschwörerische Organisationen – vordergründig zum Wohl der Menschheit, primär aber um herausfinden, wer er war.
    «Und? Zu was für einem Schluss sind Sie gekommen?»
    Unold schreckte zusammen. Er hatte Geigy nicht kommen hören. Fieberhaft suchte er nach einer Antwort. «Irgendwie kühn», stammelte er schliesslich.
    «Kühn?»
    «Oder riskant. Und eng.»
    «Eng?»
    «Viel Platz zum Ausholen ist hier ja nicht. Vor allem, wenn nicht auffallen soll, dass man gerade dabei ist, jemanden zu erschlagen.»
    «Vielleicht gibt es tatsächlich Zeugen, bloss wissen wir es noch nicht. Und was das Ausholen angeht: Offenkundig haben Sie bereits wieder vergessen, dass ein Bumerang gerade über die Schulter geworfen wird. Dafür reicht der Platz hier allemal.»
    Unold schwieg. Ohne dass er es verhindern konnte, suchten seine Augen jenes der Frau auf dem Ausstellungsposter. Natürlich war sie es nicht. Und sie war es doch. Und was immer Veronica Rothpletz auch behauptete: Flora Winkelried war alles andere, aber ganz bestimmt nicht fade.

SIEBZEHN
    «Haben Sie auch Kaffee?»
    «Normalen oder Getreidekaffee? Mit Sojamilch, Kokosmilch oder schwarz?»
    Innerlich seufzend verabschiedete sich Unold von der Vorstellung, sich in «Floras veganer Welt» mit einem echt italienischen Cappuccino auf seine Arbeit und Geigy vorbereiten zu können. Er verstand selbst nicht mehr, warum er überhaupt hierhergekommen war, statt direkt ins Polizeikommando zu gehen. Ein Umweg von insgesamt dreissig Minuten Fussmarsch gegen einen Spaziergang von drei Minuten – vernünftig war anders. «Normal. Mit Sojamilch. Und Zucker.»
    Gefolgt von Unolds Blicken machte sich Flora an die Zubereitung des georderten Getränks. Anfangs verunsicherte sie die Anwesenheit des Mannes bloss. Mit jedem Handgriff aber fühlte sie die Wut und die Verletztheit vom Vortag wieder in sich aufsteigen. «Das hätte ich weiss Gott nicht auch noch gebraucht», brach es mit einem Mal aus ihr heraus. Sie goss die Sojamilch, die sie eben in der Mikrowelle aufgewärmt hatte, in den Milchaufschäumer und schlug geradezu auf den Startknopf ein.
    Unolds Antwort wurde vom unnatürlich lauten Dröhnen des Elektromotors übertönt. Als das Gerät verstummt war, gab Flora den feinporigen Sojamilchschaum in eine Tasse und ging damit zur Kaffeemaschine. Während die aromatische Brühe über den knisternden Schaumteppich floss, legte sie Zucker und Löffel vor Unold hin. Endlich brachte sie auch den Kaffee. «Hier bitte.»
    Unold gab mit nichts zu erkennen, dass er Flora gehört oder auch nur bemerkt hatte. Geistesabwesend zeichnete er Strichmännchen auf einen Fetzen Karopapier, den ein früherer Kunde zusammen mit seinem Kugelschreiber auf der Theke vergessen haben musste.
    «Trinken müssen Sie ihn schon selbst.»
    Unold sagte noch immer nichts.
    «Erde an Unold. Bitte kommen!»
    Es hätte nicht viel gefehlt, und Unold wäre die

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