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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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verglich, eines offensichtlich war: Noah verdiente nicht viel Geld mit der Malerei, denn er konnte sich nicht mal gutes Arbeitsmaterial leisten.
    Eines der Gemälde – ein Landschaftsbild – verschlug Eliza schier den Atem. »Das ist wunderschön«, sagte sie. »Ich hatte mir schon gedacht, dass Sie ein großartiger Maler sind, weil Sie an die Galerie verkaufen, aber ich hätte nicht erwartet, dass Sie so gut sein würden.« Eliza musste daran denken, was ihre Tante gesagt hatte: dass John Ward einen Hungerlohn für Noahs Arbeit bezahlte. Jetzt, wo sie gesehen hatte, was für ein großartiger Künstler er war, konnte sie Tillys Zorn begreifen.
    Bescheiden, wie er war, scharrte Noah angesichts des Lobes verlegen mit den Füßen. Es war offensichtlich, dass er keine Ahnung hatte, wie begabt er als Maler war und wie schamlos er ausgenutzt wurde.
    »Ihr Blick fürs Detail ist wirklich erstaunlich, Noah«, sagte Eliza, als sie das Gemälde aus der Nähe betrachtete. Sie war so hingerissen, dass sie für einen Augenblick den Grund ihres Besuchs völlig vergaß. Das Gemälde zeigte einen See inmitten eines Waldes, auf dem Pelikane schwammen. Am Waldrand stieß ein Habicht auf eine Feldmaus hinunter. Wasservögel nisteten im Schilfgras am Seeufer; in einem der Nester konnte man gesprenkelte Eier erkennen. »Sie haben eine seltene Begabung, Noah«, sagte Eliza bewundernd. »Ist dieser See hier in der Nähe?«
    »Ja, das ist der Lake Bonney«, erwiderte Noah. »Er liegt ungefähr drei Meilen außerhalb der Stadt.«
    »Ich würde diesen See gern einmal sehen«, sagte Eliza. »Es scheint dort sehr friedlich zu sein.«
    »Es ist der friedlichste Ort, den ich kenne. Ich schlage da manchmal mein Lager auf.«
    Eliza war fasziniert, aber das Gemälde von dem Raubtier, von dem Sarah ihr erzählt hatte, konnte sie nirgends entdecken. Sie befürchtete, Noah könnte das Bild vernichtet haben. Eliza brannte darauf, das herauszufinden, aber sie wusste, dass sie Noah behutsam ansprechen musste. Verständlicherweise war er misstrauisch den Menschen gegenüber. Eliza konnte es ihm nicht verübeln, nachdem sie erlebt hatte, wie man in der Stadt mit ihm umsprang. »Noah, ich muss etwas mit Ihnen besprechen. Aber zuerst möchte ich Ihnen versichern, dass Sie mir vertrauen können. Ich werde Sie nicht enttäuschen«, sagte sie.
    Noah nickte, doch Eliza konnte sehen, dass er skeptisch war.
    »Und ich weiß, dass ich Ihnen vertrauen kann«, fuhr sie fort. »Deshalb werde ich Ihnen jetzt etwas sagen, worüber ich bisher nur mit Sarah Hargraves gesprochen habe.«
    Noah gab keine Antwort. Eliza hatte den Eindruck, dass er vor dem, was sie ihm anvertrauen wollte, Angst hatte.
    »Im Hof hinter dem Hanging Rocks Inn habe ich zweimal ein seltsames Tier gesehen. Anfangs hielt ich es für einen Hund, aber als ich es das nächste Mal sah und genauer betrachten konnte, wurde mir klar, dass ich mich geirrt hatte. Das Tier sah zwar ein wenig so aus wie ein großer Hund, aber sein Kopf war breiter, es hatte helle Augen und helles, sehr dichtes Fell, als wäre es in einer bitterkalten Gegend zu Hause.«
    Eliza glaubte, den Anflug eines Erkennens in Noahs dunklen Augen zu sehen. Unbeirrt fuhr sie fort: »Ich habe die Bücher durchgesehen, die Sarahs Ehemann gehört haben – Bücher über Schiffbrüche und die Fracht, die dabei verloren ging. ­Sarah meint, das Tier könnte einen Schiffbruch vor der Küste überlebt haben, da es ja irgendwoher gekommen sein muss. In einem der Bücher habe ich Abbildungen von Wölfen gesehen. Ich halte es für möglich, dass dieses Tier ein Wolf ist.« Eliza hatte zwar nicht die Absicht, jemandem in Tantanoola davon zu erzählen, doch sie spielte mit dem Gedanken, die Information an ihren Chef weiterzuleiten, um zu sehen, was dieser damit anfangen konnte.
    Noah schwieg weiterhin, doch Eliza konnte sehen, dass er immer ängstlicher wurde.
    »Ich werde Mr. Chandler nichts davon sagen«, versprach sie. »Auch wenn ich befürchte, dass er das Tier angeschossen hat …«
    Noah sah bestürzt auf. In diesem Augenblick wusste Eliza, dass er das Tier gesehen hatte.
    »Ich dachte, er sei weggelaufen«, flüsterte er. Kaum hatte er ausgesprochen, weiteten sich seine Augen, als hätte er diese Information gar nicht preisgeben wollen.
    »Sie haben das Tier also auch gesehen?«, fragte Eliza aufgeregt.
    Noah gab keine Antwort. Er ging in den anderen Raum. Mit einem Mal schien er sehr aufregt.
    Eliza folgte ihm. »Sie können es mir ruhig

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