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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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sich umzudrehen. Sie rechnete mit dem Schlimmsten, doch auf den ersten Blick war nichts zu erblicken. Dann aber weiteten sich ihre Augen. »W as ist das?«, fragte sie.
    »V erschwinden wir von hier!«, stieß Noah aufgeregt aus. Er wusste nur zu gut, was Eliza sah.
    Eliza beachtete ihn nicht. Sie starrte auf den Teebaumbusch hinter Noah und trat näher, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ein künstlicher Tunnel führte durch die dichte Vegetation. Aber wohin? »Gehen wir rein, und sehen wir ’ s uns an«, sagte Eliza, die sich schon hinkniete, um einen Blick in den Tunnel zu werfen.
    »W arten Sie! Das könnte gefährlich sein!«, sagte Noah und nahm ihren Arm.
    Eliza richtete sich auf. »Irgendetwas stimmt hier nicht, Noah. Wir müssen herausfinden, was es ist. Ihr Leben könnte davon abhängen.«
    Noah schien hin und her gerissen. »W ir sollten lieber gehen!«, drängte er.
    Eliza blickte ihn misstrauisch an. »W ussten Sie von diesem Tunnel hier?«, fragte sie verwirrt.
    Es war eine Frage, keine Beschuldigung, doch Noah sah es anders. Eine Spur von Verletztheit huschte über seine Züge, doch er hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass die Leute nur das Schlechteste von ihm dachten. Abgesehen von seiner Mutter hatte niemand je wirklich an ihn geglaubt. Von allen Leuten in der Stadt konnte er nur Tilly als Freundin bezeichnen; sie war stets freundlich und fair zu ihm gewesen. »Nein, ich wusste nichts von diesem Tunnel«, beantwortete Noah nun Elizas Frage. »Aber Sie glauben mir nicht, oder?«
    »Doch. Ich verstehe nur nicht, warum Sie sich so aufführen. Ich will Ihren Namen reinwaschen, aber das scheint Sie nicht besonders zu interessieren.«
    Noah dachte nach. Täuschte er sich in Eliza? Aber das spielte keine Rolle. Selbst wenn sie in guter Absicht handelte, konnte sie ihm doch nicht helfen. »Es hat keinen Sinn …«, begann er.
    Aber Eliza unterbrach ihn. »Ich muss es wenigstens versuchen!«, sagte Eliza entschlossen.
    »Ich hab kein gutes Gefühl an diesem Ort. Was, wenn da im Tunnel ein weißer Mann ist, der nichts Gutes im Schilde führt?« Sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen war eine Sache, doch Noah wollte auf keinen Fall Eliza auf dem Gewissen haben.
    »Falls da jemand ist, hat er uns inzwischen sowieso schon gehört, Noah«, flüsterte sie.
    »V ielleicht ist es eine Falle. Ich will nicht, dass Ihnen etwas passiert.«
    Elizas Züge wurden sanfter, als sie erkannte, dass Noah sich größere Sorgen um sie machte als um sich selbst. »Ein gewisses Risiko müssen wir schon eingehen, Noah. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Aber wir werden sehr vorsichtig sein. In Ordnung?«
    Noah nickte widerstrebend. »Ich gehe voraus«, sagte er.
    »Na schön, aber ich werde dicht hinter Ihnen bleiben.«
    In der Hocke zwängten die beiden sich in den Tunnel, der nach ein paar Metern in einem fast rechten Winkel abknickte. Noah kam als Erster auf einer Lichtung am anderen Ende des Tunnels wieder ins Freie … und schlug sich augenblicklich eine Hand vor den Mund. Als Eliza, die dicht hinter ihm war, sich aufrichtete, würgte sie. Ein grausiger Anblick und ein fürchterlicher Gestank bot sich ihnen.
    Sie befanden sich in einem primitiven Pferch – ungefähr so groß wie ein Haus –, in dem unzählige Schafe geschlachtet worden waren. Die Felle hingen kreuz und quer zum Trocknen über Büschen, die Kadaver hatte jemand in die Mitte des Pferchs geworfen, wo sie verwesten und von Fliegen und Ungeziefer wimmelten. Ein verbeultes altes Gewehr und mehrere scharfe Messer lagen ebenfalls auf der Lichtung.
    Noah schob Eliza zurück in den Tunnel, und sie krochen eilig wieder zum Ausgang. Bis sie das andere Ende erreicht hatten, rang Eliza nach Atem und kämpfte gegen die Galle an, die ihr in der Kehle hochstieg. Noah ergriff ihren Arm und führte sie fort von diesem Ort des Grauens. Sie waren beide zu schockiert und angewidert, um auch nur ein Wort zu sagen. Erst auf dem Hauptweg, der zurück zur Straße zwischen Mount Gambier und Tantanoola führte, gewann Eliza allmählich ihre Fassung wieder.
    »Noah, ich kann gar nicht glauben, dass wir auf die Stelle gestoßen sind, wo die gestohlenen Schafe gehäutet werden«, sagte Eliza. »Das muss es gewesen sein. Die trocknenden Kaninchenfelle dienen offensichtlich nur der Tarnung wegen des Gestanks.«
    »W ir können von Glück sagen, dass der Bursche uns da nicht erwischt hat«, sagte Noah, als er an das Gewehr und die Messer dachte. Die Angst stand ihm ins Gesicht

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