Im Schatten des Teebaums - Roman
Weg zu den Höhlen ein.
Tilly beobachtete von der Hintertür aus, wie Bill hinter Mannie und den Fährtenlesern, Pferden und Hunden herlief, und ihr Herz schlug wieder schneller. Wenn der Wolf in den Höhlen war, würde er in die Enge getrieben und erschossen werden. Tilly war hin und her gerissen. Sie wollte den Männern nachlaufen und sie davon abhalten, den Wolf zu töten, aber sie wollte auch Noah finden. Wahrscheinlich war er vom Speicher heruntergeklettert und zur Vordertür hinausgerannt, ehe Bill das Haus durch die Hintertür betreten hatte.
Schließlich beschloss sie, Bill, Mannie und den Fährtenlesern zu den Höhlen zu folgen. Sie musste versuchen, die Männer daran zu hindern, den Wolf zu töten, falls sie dies vorhatten.
Als die Männer die Höhlen erreichten, waren die Hunde bereits hineingelaufen. Sie schnüffelten, bellten und jaulten. Ein paar Meter hinter dem Höhleneingang war es schon stockfinster, und ohne Laternen konnten die Männer nichts sehen. Als Tilly die Höhlen sichtete, kamen alle wieder heraus; die Hunde folgten einer Geruchsspur zu Barneys Haus. Tilly hörte einen der Aborigine-Fährtenleser zu Bill sagen, ein Tiger würde sich nicht in einer Höhle verstecken, da er sich gar nicht erst in die Enge treiben ließe.
Tilly seufzte erleichtert, als sie den Trupp in Barneys Richtung verschwinden sah. Bill kannte Barney gut genug, um zu wissen, dass er stocktaub war. Vermutlich würde er von dem ganzen Aufruhr vor seinem Haus überhaupt nichts mitbekommen.
Tilly warf wieder einen Blick zu den Höhlen. Offensichtlich war der Wolf nicht darin gewesen. Sie hoffte nur, dass die Hunde ihn nicht aufspürten. Sie dachte über die Schüssel nach, die sie in den Höhlen zurückgelassen hatte. Zum Glück war es so dunkel gewesen, dass die Männer sie nicht gesehen hatten; die Hunde aber hätten die Schüssel sicher gefunden.
Tilly eilte zurück zum Hanging Rocks Inn, um nach Noah zu suchen. Das Haus kam ihr gespenstisch still vor. An diesen Zustand würde sie sich niemals gewöhnen. Sie hatte Angst davor, laut zu rufen, falls Bill oder Mannie Boyd zurückgekommen waren. Sie suchte den Speicher ab, aber dort gab es keine Hinweise auf Noahs Aufenthaltsort. Selbst das Bettzeug auf dem Gästebett war verschwunden. Tilly entdeckte es in einem Karton, in den die Sachen hineingestopft worden waren.
Eine halbe Stunde später hatte sie noch immer keine Spur von Noah. Er blieb spurlos verschwunden. Zum Glück gab es keine Anzeichen, dass die Fährtenleser und Hunde wiederkamen. Aber was, wenn sie Noahs Geruch gewittert hatten?
Tilly war außer sich vor Sorge um Noah. Und sie hatte Angst um Brodie und Eliza – und auch um den Wolf. Es war alles zu viel für sie. Sie setzte sich an den Küchentisch und brach in Tränen aus. Sheba kam zu ihr und streckte sich zu ihren Füßen aus.
»W as ist denn los, Miss Sheehan?«
Tilly sah auf und tupfte sich die Tränen ab. Da stand Noah an der Hintertür. Er war triefend nass.
»Noah! Was ist passiert?« Sie stürzte mit einem Küchenhandtuch auf ihn zu.
»Alles in Ordnung, Miss Sheehan. Ich hab mich im Regenwassertank versteckt.«
Tilly traute ihren Ohren nicht. »Im Regenwassertank!«
»Ja. Ich hatte so eine Ahnung, dass die Männer das Haus durchsuchen würden. Deshalb bin ich vom Speicher runtergeklettert, während Sie hinter dem Haus mit den Leuten geredet haben, hab die Falltür geschlossen und die Treppe wieder hochgeschoben. Dann bin ich zur Vordertür hinaus und seitlich ums Haus gegangen, wo der Regenwassertank ist. Dort bin ich durch die Öffnung im Deckel geschlüpft. Ich wusste, dass die Hunde mich da drinnen niemals riechen würden.« Der Regenwassertank war rostig und alt; daher war das Loch im Deckel ziemlich groß.
Tilly grinste von einem Ohr zum anderen. »Sie sind ein schlauer Mann, Noah Rigby«, sagte sie.
Obwohl er eine Heidenangst ausgestanden hatte, musste auch Noah lächeln. »Zum Glück haben Sie in letzter Zeit viel Tankwasser verbraucht«, sagte er. Im Südosten des Bundesstaates hatte es in den vergangenen Wintermonaten kräftig geregnet, aber da Tilly wegen der zusätzlichen Gäste im Haus reichlich Wasser verbraucht hatte, hatte Noah im Innern des Tanks ausreichend Luft zum Atmen gehabt.
»Ich dachte schon, Sie hätten Reißaus genommen, Noah.« Tillys Stimme bebte. »Ich habe mir schreckliche Sorgen um Sie gemacht.«
»Die Kerle hätten mich bald geschnappt, wenn ich einen Fluchtversuch unternähme, Miss Sheehan.« Noahs
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