Im Schatten des Teebaums - Roman
Wolf füttern konnte!
Eliza konnte Mallory schnarchen hören. »W ir müssen gehen«, flüsterte sie. »W erden Sie notfalls ein Stück rennen können?«
»Das werden wir dann sehen«, sagte Brodie und erhob sich mühsam, wobei er sich an der Wand abstützte.
Eliza band sich den Schal mit dem Huhn um die Hüfte und ging zu ihm hinüber, um ihm auf die Beine zu helfen. Sobald er aufrecht stand, pochte sein Knöchel schmerzhaft, doch er schaffte es, sich bis zur Tür zu schleppen, während Eliza sich den Schlüssel schnappte, den Mallory auf dem Tisch hinterlegt hatte. So leise sie konnte sperrte sie die Tür auf. Sie schwang mit einem Knarren auf, das in der Stille der Nacht schrecklich laut klang. Ein kalter Windstoß schlug ihnen entgegen, doch sie schlichen hinaus und schlossen hinter sich die Tür.
»Laufen Sie zur Scheune«, keuchte Brodie. »Ich werde genau hinter Ihnen sein.«
Eliza lief los, aber sie hatte erst einige Meter hinter sich gebracht, als sie ihn plötzlich vor Schmerz dumpf aufschreien hörte. Er war im Dunkeln gestolpert und gestürzt. Vor Angst, Mallory könnte Brodie gehört haben, blieb Eliza beinahe das Herz stehen.
Sie eilte zurück. »W as ist passiert?«, flüsterte sie eindringlich, während sie ihm aufhalf.
»Ich glaube, ich hab mir den Knöchel gebrochen«, sagte er mit schmerzverzerrter Miene. Das Gelenk war stark geschwollen, das konnte er fühlen. Sicher hatte es sich bereits dunkel verfärbt. »Gehen Sie ohne mich, Eliza.«
»Nein, ich werde Ihnen bis zur Scheune helfen«, sagte sie. »Da können Sie sich verstecken, während ich Angus hole.«
Brodie stützte sich schwer auf sie. Die Scheune schien eine Meile weit entfernt zu sein, nicht nur zwanzig Meter. Mühsam kämpften sie sich voran. Eliza rechnete damit, jeden Augenblick von Mallory abgefangen zu werden, und so sprach sie bei jedem Schritt ein stummes Gebet. Brodie hingegen verfluchte sich, dass er Eliza aufgehalten hatte, als sie allein hätte entkommen können.
Als sie die Scheune erreichten, wandte Eliza sich um und warf noch einmal einen Blick auf das Haus. Zu ihrem Entsetzen sah sie Licht in den Ritzen des vernagelten Fensters gegenüber der Scheune, wo sich Mallorys Schlafzimmer befand, und schreckliche Furcht überkam sie. Mallory musste die Tür geöffnet haben, denn der Schein des Feuers erhellte sein Zimmer.
»Mallory ist auf«, stieß Eliza verzweifelt hervor. »W ir müssen zusehen, dass wir von hier verschwinden!« Sie war sicher, dass der Verrückte zuerst in der Scheune und der Außentoilette nach ihnen suchen würde.
»Ich kann nicht weit laufen«, sagte Brodie, sich in der Scheune nach einem möglichen Versteck umsehend. Abgesehen von ein paar alten Farmgeräten war die Scheune praktisch leer. »Sie müssen ohne mich gehen.«
»Ich lasse Sie nicht zurück«, beharrte Eliza. »Schaffen Sie es bis zu den Büschen dort?« Sie deutete auf ein paar Sträucher ungefähr fünfzehn Meter von ihnen entfernt.
»Ich glaube nicht«, sagte Brodie.
»Stützen Sie sich auf mich, dann wird es schon gehen«, drängte Eliza. »Schnell! Wir haben keine Zeit zu verlieren! Mallory wird bald nach uns suchen.« Sie verfluchte sich dafür, dass sie nicht so vorausschauend gewesen war, die Hintertür abzuschließen. Das hätte ihnen vielleicht eine Viertelstunde Vorsprung verschafft.
Ohne sich umzusehen, hielten sie auf das dichte Gebüsch zu. »Am besten verstecken Sie sich dahinter, während ich Angus hole.« Eliza keuchte unter seinem Gewicht.
»Sie sollten zum Hanging Rocks Inn zurückkehren, wo Sie in Sicherheit sind«, sagte Brodie, der in Sorge um sie war.
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, ich gehe nicht ohne Sie. Sie würden mich ja auch nicht zurücklassen, oder?«
Brodie wollte erwidern, dass das etwas anderes sei, doch er wusste, dass sie nicht auf ihn hören würde. »Sie sind eine der stursten Frauen, denen ich je begegnet bin«, sagte er stattdessen. Sein Schmerz und seine Sorge lösten ihm die Zunge, und ihm war kaum bewusst, was ihm über die Lippen kam.
»Ja, das stimmt«, gab Eliza zu, »also streiten Sie sich nicht mit mir. Und dämpfen Sie Ihre Stimme.« Sie warf einen ängstlichen Blick über die Schulter.
Brodie, der gar nicht fassen konnte, wie rasch der Spieß umgedreht worden war, schaute sie kurz an, ehe er sich auf den Boden sinken ließ. Da hatte er kurz vorher noch geglaubt, ohne Eliza auszukommen – und jetzt hätte er nicht gewusst, was er ohne sie tun sollte.
»Bleiben Sie hier,
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