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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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überwältigende Bedürfnis, mit jemandem über Matilda zu reden. »Erinnerst du dich noch an Henriettas Schwester, Matilda Dale?«
    George hob erstaunt den Blick. »Ja, natürlich.« Wer Matilda gekannt hatte, vergaß sie nie mehr, da war er sicher. Sie war eine Schönheit gewesen, mit einer Ausstrahlung wie keine zweite Frau. Als junger Bursche war er hoffnungslos in Matilda verliebt gewesen. Das war auch der Grund dafür, warum er Eliza ins Herz geschlossen hatte und sich ihr gegenüber so nachsichtig zeigte: Sie erinnerte ihn an Matilda. George konnte sich auch noch gut daran erinnern, dass Richard und Matilda einmal ein Paar gewesen waren. »W arum fragst du?«
    »Matilda wohnt in Tantanoola.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte George und hatte alle Mühe, sein Erstaunen zu verbergen. »Ich kann mich noch gut an ihren … Unfall erinnern.« Dieser Unfall hatte sich in Millicent ereignet. George, der damals erst seit kurzer Zeit für die Border Watch gearbeitet hatte, war hingeschickt worden, um darüber zu berichten. Sämtliche Lokalzeitungen hatten ihre Reporter zum Ort des Unglücks entsandt.
    »Matilda hat nach dem Unfall fast ein Jahr in einem Sanatorium verbracht«, berichtete Richard. »Nach ihrer Entlassung zog sie nach Tantanoola. Henrietta erfuhr von einer Freundin davon.« Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Es tat ihm gut, über Matilda reden zu können. Mit seiner Frau konnte er das nicht; sie reagierte verärgert und eifersüchtig, sobald er den Namen Matilda auch nur in den Mund nahm.
    George blickte ihn verwundert an. »Hat Henrietta denn keinen Kontakt zu ihrer Schwester?«
    »Nein. Matilda wollte nach ihrem Unfall nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben.«
    »Merkwürdig.« George schüttelte den Kopf. »Man sollte doch meinen, nach einem solchen Unfall hätte sie ihre Familie mehr denn je gebraucht.«
    »Ja. Aber Matilda wollte nicht einmal, dass wir sie im Krankenhaus besuchen. Angeblich, weil sie durch Narben entstellt war.« Richard hatte sich nie vorzustellen versucht, wie Matilda heute aussehen mochte. Er wollte sie so in Erinnerung behalten, wie sie vor dem Unfall gewesen war.
    »Ich erinnere mich.« George nickte. »Sie soll schwere Verletzungen davongetragen haben.« Matilda war im Krankenhaus abgeschirmt worden. Kein Reporter wurde zu ihr gelassen. Doch Augenzeugen des Unfalls berichteten von mehreren Knochenbrüchen und schweren Gesichtsverletzungen. Henrietta war dabei gewesen, als es geschah. Später sagte sie aus, sie hätte ein Schaufenster betrachtet, als Matilda von der Postkutsche erfasst wurde. Niemand hatte den genauen Unfallhergang beobachtet. George hatte es furchtbar weh getan, dass dieser schönen Frau ein so schreckliches Unglück zugestoßen war. Wie durch ein Wunder hatte Matilda überlebt, doch es gab auch Stimmen, die sagten, es wäre vielleicht besser gewesen, wäre sie an ihren Verletzungen gestorben. Manche sprachen sogar von einem missglückten Selbstmordversuch, obwohl Matilda gar kein Motiv gehabt hatte, sich umzubringen.
    George hatte sich in den Jahren danach oft gefragt, was aus Matilda geworden war. Er hatte sich bis zum Redaktionsleiter emporgearbeitet, hatte Gwendolyn Sweeney geheiratet und war Vater von drei Kindern geworden. Gwendolyn war vor fünf Jahren gestorben. Die Kinder hatten das Haus verlassen und lebten im fernen Adelaide.
    »Hoffen wir, dass sie vollständig genesen ist«, sagte Richard. Die körperlichen Narben Matildas würden bleiben, aber vielleicht waren wenigstens die seelischen Wunden nach all den Jahren verheilt. Richard hatte es sich nie verziehen, dass er so schnell aufgegeben hatte, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Anfangs hatte er noch versucht, sich mit ihr in Verbindung zu setzen; dann hatte Henrietta sich eingemischt und ihn davon überzeugt, dass er Matildas Wunsch respektieren müsse, in Ruhe gelassen zu werden. Widerstrebend hatte er sich gebeugt.
    Die Monate vergingen, und Richard hatte nichts mehr von Matilda gehört. Henrietta war stets für ihn da gewesen, hatte Tag für Tag nach ihm gesehen und ihm Trost gespendet. Dabei waren sie sich nähergekommen. Richard wusste bis heute nicht, wie es eigentlich dazu gekommen war. Wahrscheinlich hatte es an seiner Einsamkeit gelegen.
    Jedenfalls wusste er, dass Matilda ihm niemals verzeihen würde, dass er ihre Schwester geheiratet hatte: Durch die Hochzeit mit Henrietta war jede Hoffnung auf eine Aussöhnung mit Matilda zerstört worden.
    »Ich kann nicht nach

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