Im Schatten des Teebaums - Roman
Erinnerung. Seit jenem Morgen hatte Mannie sich meistens in der Nähe seines Hauses aufgehalten, aus Angst vor dem Tiger oder was immer es gewesen war. Doch er war viel zu stolz, als dass er das zugegeben hätte.
McBride warf ihm einen verschlagenen Blick zu. »Ich möchte, dass Sie dorthin gehen, und zwar heute Nacht.«
Mannie riss verstört die Augen auf. »Jock hat jedem verboten, sein Land zu betreten. Er will nicht versehentlich jemanden erschießen, sagt er, wenn er nachts auf seinen Weiden und Koppeln Wache hält. Deshalb hab ich meine Fallen dort nicht mehr aufgestellt.« In Wirklichkeit stellte er seine Fallen nur noch unmittelbar hinter seinem Haus auf, weil er sich nicht weiter weg traute.
McBride verzog gereizt das Gesicht, griff dann in seine Brusttasche, zog ein paar Geldscheine hervor und wedelte Mannie damit vor der Nase herum. »V ielleicht kann Sie das ja überzeugen.«
Mannie zögerte. Jetzt, wo er kaum noch Kaninchen fing, sodass es noch lange dauern würde, bis er genug Felle beisammen hatte, um sie in die Stadt zu schicken, konnte er das Geld dringend gebrauchen. Er hatte sich seit Tagen keinen Drink mehr genehmigen können, so abgebrannt war er, und er lechzte nach einem Bier. Das gab schließlich den Ausschlag. »Na schön, meinetwegen.« Er riss McBride die Banknoten aus der Hand und beschloss, sich erst Mut anzutrinken, ehe er seinen Fuß auf Milligans Land setzte.
Alistair McBride grinste. »Kommen Sie anschließend ins Hotel, wenn Sie dort waren, aber nicht in die Bar.« Er wollte nicht mit Mannie gesehen werden. »Ich bin um zehn Uhr in meinem Zimmer an der Rückseite des Hotels. Klopfen Sie ans Fenster, ich warte auf Sie. Ich hoffe, ich kann mich auf Sie verlassen.« Als Mannie kurz nickte, fuhr er fort: »Ich werde jetzt in die Stadt zurückkehren und an der Versammlung teilnehmen, die in ein paar Minuten beginnt. Jock Milligan dürfte ebenfalls dabei sein. Aber vergewissern Sie sich erst, dass er wirklich da ist, und zwar so, dass keiner was bemerkt, verstanden? Wenn Sie ihn unter den Anwesenden entdeckt haben, verlassen Sie die Bar unbemerkt wieder. Dann können Sie sich in aller Ruhe auf seinem Land umsehen.«
»Und wenn er die Versammlung vorzeitig verlässt und mich auf seinem Grund und Boden erwischt?« Mannie hatte keine Lust, über den Haufen geschossen zu werden.
»Dann sagen Sie eben, Sie hätten ein paar Fallen vergessen und sie geholt. Aber keine Sorge, ich werde schon dafür sorgen, dass er aufgehalten wird.« Er würde Milligan auf einen Drink einladen, sozusagen als kleine Geste der Versöhnung, ihn in ein Gespräch verwickeln und ihm noch ein paar Drinks spendieren. Das sollte dem Fallensteller genug Zeit geben.
Mannie war zwar nicht ganz wohl in seiner Haut, aber er nickte, und die beiden Männer kamen überein, sich später an diesem Abend wieder zu treffen.
Sarah Hargraves und Eliza hatten das Hotel betreten und sich einen Platz ganz hinten im Speisesaal gesucht. Kaum jemand nahm Notiz von ihnen. Sarah ging zur Bar, bestellte zwei Sherry, kehrte mit den Gläsern an ihren Tisch zurück und stellte beide vor sich hin. Die Versuchung war groß, an dem Sherry zu nippen, doch Eliza wartete, bis sie sicher war, dass niemand zu ihnen hersah.
Ungefähr zwanzig Männer und ein paar Frauen waren bereits anwesend, und immer noch strömten weitere Leute herein. Die Männer scharten sich um die Theke, während die Frauen sich in den Speisesaal setzten. Der Wandschirm, mit dem der Saal normalerweise von der Bar abgeteilt wurde, war entfernt worden, damit die Frauen an der Versammlung teilnehmen konnten.
Eliza sah, dass Brodie Chandler sich mit Ryan Corcoran unterhielt. Brodie war eindeutig der bestaussehende Mann im Raum. Dann fiel ihr Blick auf Myra Ferris, die in Begleitung eines Mannes hereinkam. »W er ist das neben Myra?«
»Ihr Mann, Morris«, antwortete Sarah. »Der Herr daneben, der Gentleman, der gerade seinen Hut abnimmt, ist Bill Clifford, der Bürgermeister. Er ist auch Vorsitzender des Komitees für die Landwirtschaftsausstellung. Wo wir gerade davon sprechen – kommt Tilly eigentlich auch? Ich habe gehört, dass Sie bei ihr wohnen.«
»Ja, das ist richtig.« In diesem Moment betrat Alistair McBride den Saal, und Eliza presste zornig die Lippen zusammen. »Aber ich glaube nicht, dass Tilly kommen wird, sie hat jedenfalls nichts gesagt. Hoffentlich macht sie sich keine Sorgen, wenn ich so lange wegbleibe.« Eliza schaute auf ihre Uhr, ein Geschenk
Weitere Kostenlose Bücher