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Im Schatten des Verraeters

Im Schatten des Verraeters

Titel: Im Schatten des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Großvater war Bauer. Als ich ein Junge war, wollte ich auch nichts anderes werden.«
    »Und jetzt?«
      Er zuckte die Schultern. »Meine
Talente scheinen sich düsteren Angelegenheiten zugewandt zu haben.
Ich glaube nicht, daß nach dem Krieg große Nachfrage nach
den Fähigkeiten herrschen wird, die ich erworben habe.«

      »Aber was jetzt geschieht,
zählt nicht«, sagte sie. »Für keinen von uns. Wir
haben hier so eine Redensart - ›Zeit ohne Sinn‹. Das ist
der Krieg - ein düsterer Traum, der ohne Bedeutung ist, wenn der
Morgen kommt.«
      In ihrer Stimme lag eine
leidenschaftliche Aufrichtigkeit, und in dem weichen, diffusen
Lampenlicht waren Müdigkeit und Schmerz wie von ihrem Gesicht
gewischt; sie sah sehr jung aus. Flüchtig hegte er den Wunsch, ihr
zu sagen, das Leben sei häufig nicht das, was es sein sollte,
sondern das, was es war - aber er brachte es nicht übers Herz.

      »Hoffentlich hast du
recht«, sagte er lahm, Sie nickte zuversichtlich. »Wenn es
nicht so wäre, so wäre das Leben ein Hohn.«

      Er nahm sich die Zeit, eine Zigarette
anzuzünden und folgte dann dem Wagen hinaus in den Hof,
während sie die Stute führte. Die Nachtluft war warm und von
Düften erfüllt, der Himmel wie ein schwarzes Samtkissen von
Diamanten übersät.
      Sie standen nebeneinander, ihre Schultern berührten sich, und sie seufzte beglückt.
      »In einer Nacht wie dieser ist
es möglich, selbst den Krieg für ein Weilchen zu vergessen.
Oh, es gibt so vieles, was ich Ihnen zeigen könnte, wenn alles
anders wäre.«
      »Wenn ich nun ein englischer
Tourist wäre, der gerade dem Schiff von Athen entstiegen
ist«, sagte er leise lachend, »wo würden wir da
anfangen?«

    »Ganz einfach«, sagte sie. »Beim
Grab des Achill. Wir würden es einmal bei Mondlicht besuchen und
dann wieder in der Morgendämmerung, wenn noch Nebel auf dem Berg
ist. Etwas Schöneres kann Ihnen das Leben nicht mehr
zeigen.«
      »Wenn du mit dabei bist, kann
darüber kein Zweifel bestehen«, sagte er galant, drehte sich
um und blickte auf die dunkle Bergspitze, die sich gegen den
Nachthimmel abhob.

    »Dort oben ist das Kloster St. Antonius, nicht wahr?«
      Er hörte, wie sie hastig den
Atem einsog, und ihr Körper erstarrte. »Deshalb sind Sie
also hier.«

    »Ich verstehe nicht?« sagte er.
      »Bitte, Captain Lomax. Ich bin
kein Dummkopf. Jeder auf der Insel weiß, daß die Deutschen
vor drei Monaten einen Teil des Klosters in Beschlag genommen haben, um
es als Radarstation zu benutzen.«

      Er schüttelte den Kopf. »Nicht als Radarstation, Katina. Es ist etwas sehr viel Wichtigeres.«

      »Ich verstehe«, sagte
sie. »Und Sie haben vor, es zu zerstören? Aber die
Mönche leben noch dort oben.«
      »Wenn das nicht so wäre,
hätten wir das ganze längst bombardiert«, sagte er.
»Das ist ja der Grund, weshalb die Deutschen sie zwingen, dort
wohnen zu bleiben. Ein typischer Nazitrick. Sie haben das in
größerem Maßstab in Monte Cassino in Italien versucht,
aber dort hat es nicht geklappt. Das ganze ist wie vom Erdboden
weggeblasen worden.«

      »Warum ist dann das gleiche
nicht hier geschehen?« fragte sie. »Seit wann spielt das
Leben von zwanzig oder dreißig alten Mönchen auf irgendeiner
Seite die geringste Rolle in diesem Krieg?«
      »Weil keine Notwendigkeit dazu
besteht«, sagte er, überrascht über die Bitterkeit in
ihrer Stimme. »Weil meine Methode einfacher und billiger ist -
und wenn wir ein bißchen Glück haben, passiert
überhaupt niemandem etwas.«
    »Außer möglicherweise Ihnen. Das haben Sie vergessen.«
      Er grinste. »Etwas, das ich schon seit langem zu vergessen gelernt habe. Es zahlt sich nicht aus.«
      Sie wollte etwas erwidern, aber er
hörte in einiger Entfernung einen schwachen Laut und legte eine
Hand auf ihren Arm. »Moment...«

      Sie wartete, und als das Geräusch lauter wurde, sagte Katina: »Das ist die Patrouille.«
    »Wie viele sind es?« fragte er.

      »Im allgemeinen zwei, aber
manchmal nur einer. Sie fahren mit einem Motorrad mit Beiwagen
über die Klippenwege.«

      Er hob das Nachtfernrohr, und
während er es einstellte, wurde das Motorengeräusch immer
lauter. Das Motorrad erschien am Rand des Tales und blieb stehen.

      Der Beiwagen war leer, aber er konnte
deutlich den Fahrer mit dem Stahlhelm sehen. Er wirkte seltsam anonym
mit seiner Schutzbrille, als er ins Tal hinabspähte. Gleich darauf
heulte der Motor wieder auf, und die Maschine

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