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Im Schatten des Verraeters

Im Schatten des Verraeters

Titel: Im Schatten des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Normandie letzten Monat.«
      »Es besteht die schwache Chance
einer Invasion Kretas in nächster Zukunft, und in diesem Fall
würde diese Installation auf Kyros sehr lästig sein. Aber die
Ägäis ist jetzt tatsächlich ein Nebenschauplatz, wenn es
das ist, was Sie meinen. Ich glaube nicht, daß irgend etwas, das
hier geschieht, auch nur ein Jota am letztendlichen Ausgang des Krieges
ändert.« Er grinste und nahm einen Schluck von seinem Gin.
»Andererseits muß man uns ja irgendwie beschäftigen,
nicht wahr?«

    »Das finde ich eine sehr interessante
Bemerkung«, sagte Van Horn. »Was haben Sie denn vor dem
Krieg gemacht?«
      »Universität, ein
bißchen Journalismus.« Lomax zuckte die Schultern.
»Nicht gerade viel.«
      »Und dann kam der Krieg und bot
die Lösung all Ihrer Probleme.« Van Horn wies mit dem Kopf
auf die Ordensbändchen auf Lomax Waffenrock. »Es sieht ganz
so aus, als ob Sie seither ziemlich aktiv gewesen wären.«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Hat es Ihnen Spaß gemacht?«

      Lomax grinste zögernd. »Auf meine eigene verrückte Weise ja.«

      »Die Bereitschaft zu
töten. Sehr wichtig für einen Soldaten.« Van Horn
seufzte. »Merkwürdig, wie dasselbe Wort völlig
verschiedene Bedeutungen haben kann. Für mich war Krieg
Schützengraben. Schmutz und Schlamm, Brutalität und Tod in
einem unglaublichen Ausmaß. Eine ganze Generation einfach
ausgelöscht. Gelegentlich komme ich mir wie ein Anachronismus
vor.«
    »Und was bedeutet Krieg für mich?«

      »Eine Landung im Schutz der
Dunkelheit, nächtliche Aktionen, eine Jagd durch die Berge.«
Van Horn zuckte die Schultern. »Von jetzt an in einer Woche
werden Sie in der Hauptbar bei Shepherd's sitzen und ein Glas zur Feier
eines weiteren Ordens trinken. Ich hege die düstere Vermutung,
daß Sie am Tag, an dem der Krieg zu Ende ist, nicht wissen, was
Sie mit sich anfangen sollen.«

      »Einen kleinen Punkt haben Sie
vergessen zu erwähnen«, sagte Lomax. »Alle
Geheimdienstoffiziere werden automatisch erschossen, wenn man sie
erwischt. Das ist ein direkter Befehl des deutschen Oberkommandos, und
er ist jetzt seit zwei Jahren in Kraft. Das trägt ein Element
zusätzlichen Risikos bei.«

    »So sollte es auch sein«, sagte Van
Horn. »Leben ist Handlung und Leidenschaft. Deshalb ist es
erforderlich für einen Mann, daß er die Leidenschaft und die
Handlungsweisen seiner Zeit teilt, auf die Gefahr hin, dazu verurteilt
zu werden, gar nicht gelebt zu haben.« Er lachte plötzlich
und lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Jetzt war ich
schon wieder einmal emotional. Das ist der Schriftsteller in mir, der
die Oberhand gewinnt. In jedem Fall hat Oliver Wendell Holmes das schon
vor mir gesagt.«
      »Ich hege die Hoffnung, selbst
eines Tages zu schreiben«, gestand Lomax. »Deshalb war ich
so begierig, Sie kennenzulernen.«

      »Einen Gesang von Waffen und
Männern, wie?« Van Horn stand auf. »Dann sollte
für Sie wenigstens etwas aus dem Krieg herausspringen - und wenn's
nur ein Buch ist. Rauchen wir noch eine letzte Zigarette auf der
Nordterrasse. Sie wird Ihnen gefallen.

      Er ging voran durch die Diele und
einen kühlen, weißgetünchten Korridor. Der Raum, den
sie dann betraten, war dunkel, aber Lomax konnte erkennen, daß er
rund war und Glaswände hatte. Van Horn öffnete eine
Schiebetür, und sie traten ins Freie.

      Lomax sog scharf den Atem ein. Die
Terrasse war von Trägern gestützt und vermittelte spontan den
Eindruck, man schwebe in den Weltraum hinaus. Die Dunkelheit war mit
dem Duft der Blumen durchtränkt, und die riesige Schale der Nacht
tauchte hinab ins Meer, die Sterne glitzerten in die Unendlichkeit
hinein.
      Rund sechzig Meter tiefer schlugen
die Wellen träge mit ihren weißen Schaumkämmen
über die Felsbrocken am Fuß der Klippen.
      »So etwas habe ich noch nie
gesehen«, sagte Lomax atemlos. »In einer Umgebung wie
dieser kann ein Mensch wohl kaum anders, als schreiben.«
    »Das habe ich früher auch gedacht«, sagte Van Horn. »Und
    dann kam der Krieg. Später starb der alte
Doktor Douplos, und ich erinnerte mich, daß ich in einem
Augenblick jugendlicher Verwirrung einmal Medizin studiert hatte.
Seither scheine ich zum Schreiben keine Zeit mehr zu haben.«
    »Vielleicht, wenn der Krieg vorüber ist.«

      »Wer weiß?« Van
Horn schüttelte den Kopf. »Wenn ich hier stehe und an die
Dummheit der Menschheit denke, dann frage ich mich, ob ich
überhaupt je wieder über sie schreiben

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