Im Schatten des Verraeters
wichtig ist sie?«
Lomax wußte, daß Van Horn
ihn unentwegt beobachtete, aber er zögerte keinen Augenblick.
»Sehr wichtig«, sagte er ruhig.
»Aber wie ist das
möglich?« erkundigte sich Vater John freundlich. »Die
Deutschen verlieren den Krieg, die ganze Welt weiß, daß es
nur noch eine Frage der Zeit ist. Kann die Vernichtung einer
Radarstation - oder was es sonst sein mag - auf einer winzigen Insel in
der Ägäis letzten Endes von solcher Bedeutung sein?«
»Wenn dieser Einwand auf jedem
Kriegsschauplatz bis zur letzten Konsequenz Gültigkeit hätte,
so könnte das Endresultat tatsächlich anders aussehen«,
sagte Lomax nachdrücklich. »Darf ich fragen, wie Sie auf
dieses Thema gekommen sind?«
»Als Gemeindepriester bin ich
für das Wohlergehen meiner Leute verantwortlich - vor allem
anderen«, erwiderte Vater John. »Verzeihen Sie mir, wenn
ich etwas Selbstverständliches erwähne, aber wenn Sie Ihren
Auftrag erledigt haben, werden Sie von Kyros verschwinden. Wir jedoch
müssen hier bleiben und sind dem Zorn der Deutschen
ausgesetzt.«
»Das weiß ich, Vater«, sagte Lomax.
»Ist Ihnen auch klar, daß
die Deutschen, wenn sie irgend jemand entdecken, der sich eines Akts
der Aggression schuldig gemacht hat, auch dessen nächste
Familienangehörige verhaften und ins Konzentrationslager Fonchi
auf dem Festland schicken? In Katinas Fall hat Oberst Steiner nur eine
Ausnahme gemacht, weil Mr. Van Horn und ich persönlich auf Grund
ihrer Jugend um Milde für sie gebeten haben. Und nun wird das Kind
in etwas unendlich viel Schlimmeres verwickelt.«
»Sie hätten einmal nach
Kreta kommen sollen, Vater«, knurrte Alexias. »Ich habe
gesehen, wie nach unseren Erfolgen ganze Dörfer zur Vergeltung
ausgerottet wurden. Männer und Frauen hingen von den
Olivenbäumen herab wie reife Früchte. Das hat nur den
Haß der Leute geschürt.«
»Wir haben es seit drei Jahren
mit den Deutschen aufgenommen, Vater«, sagte John Paros ruhig.
»Kyros ist eine kleine Insel. Bis jetzt haben wir nicht viel
unternehmen können. Das ist wahrscheinlich die einzige Chance
für uns, einmal Vergeltung zu üben.«
Katina trat vor und ließ sich neben dem Stuhl des alten Priesters auf ein Knie nieder. »Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Mein Vater hat sein Leben gegeben - wie kann ich weniger anbieten?«
Vater John berührte sanft ihren Kopf, dann sah er sich im Zimmer um und nickte. »Dann soll es so sein. Es ist offensichtlich, daß ich in dieser Angelegenheit allein stehe.«
Ein allgemeiner Seufzer der Erleichterung wurde hörbar, und Nikoli reichte Lomax ein Glas Rotwein. »Glück für unser Abenteuer«, sagte er mit einem Grinsen.
Lomax prostete ihm zu, und Alexias sagte: »Also Folgendes: Morgen ist das Fest von St. Antonius. Wie gewöhnlich wird die ganze Insel feiern. Jeder Soldat, der dienstfrei hat, wird in der Stadt sein und sich amüsieren.«
»Wie steht es mit den Mönchen?«
»Für gewöhnlich nehmen die meisten an der Prozession teil. Vater John wird dafür sorgen, daß dieses Jahr alle dabei sind. Sie verlassen das Kloster um drei Uhr nachmittags und würden normalerweise gegen sechs Uhr zurück sein.«
»Wie ist die Situation dort oben?«
»Eine Wache steht am Haupteingang in einem Wachhäuschen. Während des Tages ist das Tor offen, aber es gibt da eine Schranke. Der Turm befindet sich auf der anderen Seite eines winzigen Platzes. Der Wachraum ist im Erdgeschoß.«
»Wie steht es mit den Kommunikationsmöglichkeiten zur Stadt?«
»Es gibt ein Telefon, aber Paros hier wird rechtzeitig die Drähte durchschneiden. Er weiß, wie er das tun muß. Er hat für sie gearbeitet. Es gibt aber auch ein Kurzstrecken-Funkgerät im Geräteraum des Turms. Dagegen können wir nichts tun.«
»Wie viele Mann haben Dienst?«
»Drei im Wachraum, vier im Geräteraum selbst. Der liegt übrigens im fünften Stock oben. Er kann nur durch eine steinerne Wendeltreppe erreicht werden.«
»Das klingt ziemlich unkompliziert«, sagte Lomax. »Wie kommen wir hinein?«
»Mit Hilfe von George und Yanni.« Alexias nickte zu den beiden jungen Männern hinüber. »Sie haben eine Schäferhütte in der Nähe des Berggipfels. Katina wird Sie irgendwann heute nacht dort hinaufbringen.«
»Und was geschieht dann?«
»Jeden Nachmittag um drei Uhr dreißig fährt ein Proviantlastwagen von der Stadt zum Kloster hinauf. Sie wissen, wie methodisch die Deutschen
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