Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
hatte er wohl nicht finden können.
Die Pferde, die Hayward sich ansehen wollte, erwiesen sich als zwei wirklich prächtige Hengste, Brüder, deren Fellfarbe identisch war, sehr helles Grau, das zu den Beinen hin merklich dunkler wurde; und das in Kombination mit schwarzer Mähne und Schwanzfarbe: ein ungewöhnliches Gespann, mit dem man sicherlich selbst in London, dachte Hazel, einiges Aufsehen erregen würde. Der Handel war schnell abgeschlossen. Hazel hielt die Luft an, als sie erfuhr, was die Tiere kosten sollten: von dem Geld könnten sie und ihre Familie sicherlich einige Monate leben. Wenn Hayward sie sich tatsächlich ohne Probleme leisten konnte, war die Ansicht ihrer Mutter, es könnte von Vorteil sein, die Bekanntschaft mit ihm zu vertiefen, vielleicht doch nicht so übel ...
Als sie später ein Stück weit von dem Gut entfernt waren, hielt Hayward an einem hohen, herrschaftlich wirkenden schmiedeeisernen Zaun an, dessen Tor einladend geöffnet war. Es war ziemlich schwül geworden, die Grillen zirpten in der Mittagshitze, er stieg ab, zog sich Jacke und Weste aus und warf beides hinten auf den Wagen.
"Wo sollen wir unser Picknick machen?", fragte er und fuhr mit einer Kopfbewegung auf das Gelände vor ihnen fort: "Windsor Gardens hat drüben, auf der anderen Seite, einen berühmten Park, falls Ihnen verblühende Tulpen und Wasserspiele nicht grundsätzlich zuwider sind. An so einem schönen Tag wie diesem wird eine Menge Publikum da sein."
Hazel konnte gern auf Menschenmengen verzichten. "Können wir nicht irgendwohin gehen, wo nicht so viele Leute sind?", fragte sie.
"Tja, dann gibt es noch diese Seite, die durch noch aufsehenerregendere Gewächse hervorsticht: undurchdringliche Brennnesselstauden, garstige Brombeerranken, alles verschlingenden Efeu, unheimliche knorrige Eichen und so fort. Diese Ecke wird von den ängstlicheren Besuchern meist nicht frequentiert."
"Gut. Nehmen wir diese Seite hier", meinte sie und sprang ab.
Hayward griente. "Woher kommt Ihre Abneigung gegen Menschen?", fragte er, während er sich den Degen umschnallte und die Pistole im Picknickkorb verstaute.
"Ich hege keine Abneigung gegen Menschen", widersprach Hazel und drehte sich um.
Er stand plötzlich dicht vor ihr und warf ihr einen unergründlichen Blick zu. "Gut", sagte er ironisch.
In diesem Moment kam die Sonne zwischen den Wolken hervor. Hayward konnte der Versuchung nicht widerstehen und machte einen kleinen Schritt nach links, so dass das Licht in Mr. Hawthornes Augen fiel und sie in diesem unglaublichen Grün aufleuchteten, während die Sonnenstrahlen goldene Sprenkel hineinzauberten.
Hayward hielt den Atem an.
"Was ist?", fragte Hazel.
"Sie sind ein Mädchen, habe ich Recht?", fragte er leise.
Oh verdammt! Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er so früh drauf kommen würde. "Oh nein, nicht Sie auch noch!", stöhnte sie. "Was glauben Sie, wie oft ich damit gehänselt werde!", meinte sie leichthin und wandte sich zum Park.
Vor ihr bogen sich etliche Brombeerranken und versperrten ihr den Weg. Verflucht! Ausgerechnet jetzt, wo ihr nicht im mindesten daran lag, sich zu ihm umdrehen zu müssen. Sie steckte die Hände in die Jackentaschen und fand ihre Lederhandschuhe darin. "Ich kann schließlich nichts dafür, dass mein Bart noch nicht so richtig sprießen will", setzte sie aufgeräumt hinzu und begann, sich den einen Handschuh überzuziehen, um dann die Brombeerranke wegzubiegen und über den Graben hinweg zu dem Fußweg zu springen. "Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es spätestens in einem Jahr der Fall sein wird."
Er vertrat ihr den Weg.
"Wie alt sind Sie?", fragte er misstrauisch.
Sie erschrak. "Fünfzehn", behauptete sie.
"Sie reden nicht wie ein fünfzehnjähriger Junge!"
"Das ist meinem Hauslehrer auch schon immer aufgefallen. Fragen Sie Maman. Er hat sich andauernd bei ihr über mein altkluges und frühreifes Verhalten beschwert."
"Sie sind eine Lügnerin!"
"Mylord! Das ist in zweierlei Hinsicht eine völlig inakzeptable Beleidigung! Wenn Sie das nicht sofort zurückzunehmen, sehe ich mich andernfalls gezwungen, Sie aufzufordern, mir mit dem Degen Satisfaktion zu geben."
"Wenn Sie auch wie ein Mädchen kämpfen, brauche ich ja nichts zu fürchten", meinte er süffisant.
Hazel zog ihren Degen. "Sie werden sich augenblicklich entschuldigen!", knirschte sie.
Er stand breitbeinig vor ihr, verschränkte gelassen die Arme vor der Brust und meinte: "Sie brauchen sich
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