Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
übrig als zu beten, dass es hoffentlich rasch vorbei und er nicht allzu brutal sein würde ...
Er schob den Stoff auseinander und musterte nüchtern das, was sich ihm unter der Bluse darbot.
"Mein Gott, wie mager Sie sind", stellte er fest, "vielleicht sollte ich Sie mal zum Essen einladen, damit Sie etwas mehr auf die Rippen kriegen", und knöpfte das Hemd wieder zu. "Wie heißen Sie mit Vornamen?", fragte er.
"Matthew", antwortete sie trotzig, aber mit nicht ganz fester Stimme.
Er warf ihr einen kühlen Blick zu. "Ich meine Ihren richtigen Namen", verlangte er, "oder wollen Sie mich zwingen, Ihnen für den endgültigen Beweis auch noch die Hose zu öffnen?"
"Viola", sagte sie widerwillig.
"Also dann, Viola", meinte er gelassen, indem er rasch ihre Fesseln löste, "meine Mutter gibt morgen zum Tee eine kleine Gesellschaft und es wird so viel zu essen da sein, dass Sie auch noch davon satt werden. Ich erwarte Sie also um fünf Uhr."
Ihre Beine zitterten noch immer oder eigentlich erst jetzt so richtig und sie fühlten sich so wackelig an, dass Hazel fürchtete, sie könnten ihr jeden Moment den Gehorsam verweigern. Eine wirre Mischung aus Scham, Rachsucht, Angst, Erleichterung und Wut trieb die Tränen in ihr hoch.
"Was denn", fragte Hayward anzüglich, während seine Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten, "Sie werden doch jetzt wohl nicht anfangen zu weinen – Matthew?"
Mit eiserner Entschlossenheit würgte sie ihre Tränen hinunter.
Auch seine Züge verhärteten sich. "Jedenfalls wird Ihnen das eine Lehre gewesen sein, mich nie wieder zu schlagen!", meinte er kalt und warf ihr die zusammengeknüllte Krawatte zu.
Als sie sie auseinanderzog, entdeckte sie, dass die feine Spitze rundherum an mehreren Stellen zerrissen war und das Tuch graugrüne Schmutzflecken von dem Moos und den Flechten trug, die sich im Laufe der Zeit am Zaungitter abgesetzt hatten.
"Meine Krawatte!", rief sie entsetzt. "Sie haben sie völlig ruiniert!"
"Tut mir Leid", erwiderte er ungerührt, "ich hatte nichts anderes zur Hand."
"Sie hätten Ihre eigene nehmen können!", warf Hazel ihm vor.
Er gab einen belustigten Laut von sich. "Ehrlich gesagt, auf den Gedanken bin ich überhaupt nicht gekommen."
"Sie scheinen auf so ziemlich viele Gedanken überhaupt nicht zu kommen!", zischte sie und funkelte ihn wütend an. "Sie sind widerlich! Sie haben mir einen verdammten Schrecken eingejagt, wissen Sie das!"
Er hob die Augenbaue. "Tatsächlich?", fragte er verwundert. "Schau mal einer an: dann sind Sie wohl gar nicht so abgebrüht, wie ich dachte."
Hazel schlang sich wütend das verknitterte Krawattentuch um den Hals und band es zu einer lockeren Schleife. Ein kleines Stück weit entfernt lag ihr Degen - direkt neben dem Picknickkorb ...
"Sie brauchen nicht beunruhigt zu sein, weil ich Sie durchschaut habe", meinte Hayward. "Ich versichere Ihnen, dass Ihre Tarnung perfekt ist. Wer Sie in Gesellschaft erlebt, wird niemals auf die Idee kommen, dass Sie kein ätzender, großkotziger Bengel sind." Er wandte sich ab und schlenderte zu seinem Degen. Als er sich danach bückte, nutzte Hazel diesen Moment, um rasch aus dem Picknickkorb die Pistole zu holen und hinter ihrem Rücken zu verbergen.
"Und wieso haben Sie es dann gemerkt?"
"Weil Sie sich gestern Abend, als wir beide allein waren, eine kleine Blöße gegeben haben. Und einmal misstrauisch geworden, habe ich Sie dann genauer beobachtet. Aber keine Angst, ich werde Sie nicht verraten. Ich wüsste allerdings nur zu gern, aus welchen Gründen Sie diese kleine Komödie inszenieren."
"Wegen Männern wie Ihnen!", erwiderte sie ungehalten.
Er grinste. "Kommen Sie, ich bring Sie nach Hause", meinte er versöhnlich und fasste ihren Ellbogen.
Mit einer raschen Bewegung hielt ihm Hazel die Mündung der Pistole vors Gesicht und ließ den Hahn knacken. "Fassen Sie mich nicht an!", zischte sie, "sonst schieße ich Sie eigenhändig nieder!" Sie trat einen Schritt zurück und hielt Hayward mit entschlossenem Blick, die Waffe fest in der Hand, mit ausgestrecktem Arm auf Distanz.
Eine Sekunde lang schaute er sie angespannt an.
Dann senkten sich seine Schultern sichtlich, er atmete auf und sagte in entwaffnend ehrlichem Tonfall: "Die Pistole ist nicht geladen ..."
Hazel starrte ihn ungläubig an. Er zuckte entschuldigend mit den Achseln.
Hazel biss wütend die Zähne zusammen. Sie war sich klar, wie albern unter diesen Umständen ihre dramatische Geste wirken musste. Resigniert seufzte
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