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Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)

Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)

Titel: Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Luna Aarden
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Schreibtisch hinüber. Papier und Feder lagen bereit, sie tunkte sie in die Tinte und schrieb mit ihrer eleganten Schrift: "Die Pantolette" und fügte zu den folgenden Zeilen, die am Ende ein pikantes, amüsantes Sonett ergaben, zuletzt noch hinzu: "Matthew H. gewidmet".

    Lady Heather Weals stand zitternd im Halbdunkel des Flurs vor dem Arbeitszimmer ihres Vaters, aus dem man kaum und nur undeutlich seine und hin und wieder auch die Stimme von Lord Marvin hören konnte. Die Kerzen auf dem Leuchter neben dem Zimmer flackerten, als die Tür aufging und endlich, endlich Lord Marvin heraustrat. Als er sie bemerkte, zauberte ihr Anblick ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht und ein kleines, heimliches Nicken verriet ihr, wie das Gespräch ausgegangen war. Ein glückseliger Jubel sprengte ihr Herz. Im nächsten Moment war Lord Marvin bei ihr, nah, sehr nah, hielt ihre Hände, küsste ihre Finger, und sie tauschten Blicke der Zärtlichkeit, wie es bei Verliebten seit jeher der Fall ist, wussten jede Sekunde ihrer kostbaren Zeit zu nutzen, bis der dunkle Schatten ihres Vaters, der in der Tür auftauchte, es unvermeidbar machte, sich zu trennen, zu trennen für eine ach so lange Zeit: bis morgen früh, so viele Stunden ...

    Lady Elizabeth Debenham warf sich ruhelos von einer Seite zur anderen. Sie musste sich eingestehen, dass die Unterstreichungen im Brief zu Recht geschehen waren, ja dass es eigentlich noch einiger Striche mehr bedurft hätte. Dieser artige Kuss, dieser Blick aus diesen unendlich grünen Augen, der nicht, wie sie das schon oft erlebt hatte, an ihrer großen, gebogenen Nase hängen geblieben war, sondern ihre ganze Erscheinung umfasst hatte, ihre Frisur (die doch hoffentlich noch tadellos gewesen war?), ihr Kleid, den Ring an ihrer Hand, ein Blick, der all das zu durchdringen und ihr wahres Wesen wahrzunehmen schien, das unter diesem allumfassenden Blick seltsamerweise gar nicht klein war, wie Lady Elizabeth es manchmal ängstlich fühlte, sondern - gleichsam geadelt – groß und schön wurde ... dieser kleine Seufzer, als Matthew Hawthorne vernommen hatte, sie sei verlobt, dieser seltsame undeutbare Blick, den er Hayward zugeworfen hatte ... keineswegs so, als sei er sein Rivale, aber auch nicht sein Freund ... und was war das auch für eine Art der Freundschaft: zwischen einem 15-jährigen Knaben und einem Mann, der beinah doppelt so alt war ... eine Art Mentorschaft? Ein beunruhigendes Wort, kam es nicht aus dem Griechischen und hatte dort eine zweite Bedeutung, die Reverend Bartholomew ihr in ihrem Schulunterricht nicht zu erklären in der Lage gewesen war? Hayward war ja Mitglied in diesem Fechtclub, zu dem keine Frau Zutritt hatte, denn man ertüchtigte sich dort, so erzählte man sich, in sportlichen Wettkämpfen nach griechischem Vorbild (so ein Unsinn, dachte Lady Elizabeth, hatten die Griechen Fechtunterricht?), der olympische Gedanke gipfelte doch wohl nicht wirklich, wie manche ihrer kichernden Freundinnen sich hinter vorgehaltener Hand zugetuschelt hatten, darin, nackt, völlig nackt zu kämpfen?
    Während es Lady Elizabeth aufgrund ihrer mädchenhaften Tugend nicht gelang, sich dies bildlich vorzustellen, so war ihr doch auf beunruhigende Weise klargeworden, dass es etwas gab, was sie bislang nicht vermisst hatte, etwas, das vielleicht nicht einmal von Bedeutung war, aber etwas, das man einfach fühlen konnte, wenn man Matthew Hawthorne in die Augen sah ...

    Von ähnlichem Empfinden war auch Silvia Bellingham getrieben, die heimlich wieder aufgestanden war und sich einige Kerzen angezündet hatte. Mit kindlicher Hand schrieb sie in ihr Tagebuch, das sie unter einem lockeren Dielenbrett verstecken musste, damit ihre lästigen Brüder es nicht in ihre Finger bekamen. Brüder, die übrigens ungefähr im selben Alter waren wie Matthew, aber so grob, so hinterfotzig gemein, so wenig empfindsam. Und natürlich würden sie nie auf die Idee kommen, dass in ihrem Busen das Herz einer Frau schlug, einer Frau, die Matthew Hawthorne in ihr erkannt hatte, einfach dadurch, dass er ihr in die Augen gesehen hatte.
    Ach, Matthew, Matthew!

    Jane Morland bettete ihren Kopf auf das Daunenkissen, das sie sich im Überschwang ihrer Gehaltserhöhung gekauft hatte. Was für ein Luxus, ein eigenes Kopfkissen zu haben! Sie hatte diese pieksenden Strohsäcke so satt! Und diese schnarchenden Geräusche in den weichen Betten ihrer "Verabredungen" erst recht. Eigentlich verdankte sie das Kissen Matthew Hawthorne.

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