Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
er unbehaglich.
"Und warum hätten Sie es auch erwähnen sollen", stimmte Hazel ihm zu. "Schließlich ändert sich dadurch ja nichts zwischen uns."
Die Tür ging auf. "Vielen Dank fürs Heimbringen", sagte Hazel förmlich, "gute Nacht."
Neben ihr tauchte Jeffersons Kopf auf. "Gute Nacht", antwortete Hayward.
Sie schlüpfte hinein. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.
Der Löwenkopf, der den Klopfer im Maul hielt, starrte ihn grimmig an.
Kaum dass Hazel die Halle betreten hatte, kam ihre Mutter aus einem der Zimmer.
Um einer Strafpredigt zu entgehen, sagte Hazel hastig: "Ich habe Hayward zufällig in der Stadt getroffen. Wir haben bei ihm zu Hause zu Abend gegessen." Als ihr bewusst wurde, wie man diesen Satz missverstehen konnte, ergänzte sie rasch: "Bei seiner Familie im Herzoglichen Palais, meine ich. Eine solche Einladung konnte ich schließlich schlecht ausschlagen."
"Natürlich nicht", antwortete ihre Mutter. "Warum bist du jetzt schon zurück? Wir hatten dich nicht vor dem Dunkelwerden erwartet."
Hazel stutzte.
"Lord John hat einen Diener geschickt und die Erlaubnis eingeholt, dass du zum Tee und anschließend noch bei der kleinen Abendgesellschaft der Herzogin bleiben dürftest", erklärte ihre Mutter. "Ich habe es erlaubt, weil Lord John zugesichert hatte, dich heimzubringen."
"Oh", meinte Hazel verlegen. "Zu der Abendgesellschaft kam es nicht mehr ... Lady Constance musste sie absagen – ihr war nicht gut."
"Wer war alles da?", fragte Mrs. Hawthorne neugierig.
"Der Herzog und drei von Haywards Geschwistern, Lady Catherine, Lady Isabelle und Lord James - er ist der Bischof von London."
"Ja, jetzt, wo du’s sagst, erinnere ich mich: das wusste ich sogar schon."
"Und seine Verlobte ist Lady Elizabeth Debenham. Aber das wusstest du bestimmt auch schon", versetzte Hazel und ging die Treppen hinauf zu den Schlafzimmern.
In ihrem Zimmer angekommen setzte Hazel sich auf die Bettkante.
Sie stützte ihr Gesicht in ihre Hände und starrte auf den Bettvorleger.
Die Tür ging leise auf.
"Hazel?" Ihre Mutter kam, eine Kerze in der Hand, herein. "Ich weiß, du möchtest lieber allein sein, aber ich muss dir eine Frage stellen. Es ist wichtig." Ihr sorgenvolles Gesicht wirkte müde und alt. "Meinst du, Lord John können wir vertrauen?"
Hazel lachte rauh auf. "Das ist nun allerdings das Letzte, was wir können!", stieß sie mit Heftigkeit hervor.
"Du warst bei seiner Familie. Wie schätzt du das ein: könnten wir uns vielleicht hilfesuchend an den Herzog von Richmond wenden?"
"An den Herzog selbst?", meinte Hazel nüchtern. "Ganz gewiss nicht!"
Höchstens, dachte sie im Stillen, an Haywards Bruder, den Bischof – aber ihn um Hilfe anflehen zu müssen, ausgerechnet ihn ...
"Hast du die heutige Zeitung schon gelesen?", fragte ihre Mutter vorsichtig.
Sofort überfiel Hazel eine böse Ahnung. "Nein", erwiderte sie erbleichend. "Was steht drin?"
Ihre Mutter hielt ihr das gefaltete Blatt so hin, dass der Artikel, um den es ging, ihr gleich ins Auge fiel: "Urteil gesprochen: Verräter wird hingerichtet" lautete die Überschrift.
"Lord Everett?", fragte Hazel entsetzt.
Ihre Mutter nickte.
Hazel griff nach der Zeitung und las, während ihre Mutter die Kerze neben dem Bett entzündete, hastig den Artikel. Er enthielt jedoch außer dem, was die Überschrift bereits angekündigt hatte, wenig Neues.
"Unter diesen Umständen ist es völlig illusorisch, dass wir alle zusammen mit demselben Schiff fliehen", sagte Mrs. Hawthorne.
"Was soll das heißen?", erkundigte sich Hazel erschrocken.
"Dass wir uns trennen müssen."
"Trennen?", fragte Hazel bestürzt. Der Gedanke, völlig allein auf einem Schiff nach Holland fahren zu müssen, ohne Gewissheit, die Familie dort wiederzutreffen, flößte Hazel einen ungeheuren Schrecken ein. Die Vorstellung, dass sie allein verhaftet würde, war schon entsetzlich genug, aber noch furchtbarer: wenn sie zwar entkäme, aber die anderen verhaftet würden und sie wäre einsam im fremden Land, unfähig ihnen zu Hilfe zu kommen?
Hazel ließ die Zeitung sinken und holte tief Luft. "Mama", sagte sie beherrscht, "der Marquis of Wainwright kann uns helfen."
"Tatsächlich?", fragte ihre Mutter vorsichtig. "Hat er sich im Oberhaus für Papa und Lord Everett eingesetzt?"
"Er hat mir Avancen gemacht."
"Avancen?", wiederholte sie, sogleich misstrauisch.
"Ein Angebot ganz konkreter Art. Er hat eine Wohnung in der Stadt für mich gemietet. Ich kann jederzeit dort
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