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Im Schatten dunkler Mächte

Im Schatten dunkler Mächte

Titel: Im Schatten dunkler Mächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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ich die Schwelle übertrete und von den kalten, nassen, wahnwitzigen Straßen in den Laden komme, habe ich das Gefühl, frei atmen zu können. Und wenn ich ihn zur Geschäftszeit aufschließe und anfange, Preise in die altmodische Registrierkasse einzutippen, die jedes Mal, wenn sich die Lade öffnet, wie ein Silberglöckchen bimmelt, fühlt sich mein Leben einfach und gut an, und ich kann meine Probleme für eine Weile vergessen.
    Ich schaute auf meine Uhr und kickte die Schuhe von den Füßen. Es war kurz vor Mitternacht. Vor wenigen Stunden hatte ich hier mit dem geheimnisvollen Ladenbesitzer zusammengesessen und ihn gefragt, was und wer er war.
    Und wie gewöhnlich hatte er mir nicht geantwortet.
    Ich weiß ehrlich nicht, warum ich mir überhaupt noch die Mühe mache. Barrons weiß buchstäblich alles über mich. Ich wäre nicht überrascht, wenn er irgendwo eine kleine Akte hätte, die mein gesamtes Leben und alle meine Daten mit sorgfältig eingeklebten und beschrifteten Fotos enthielt – Mac beim Sonnenbaden, Mac lackiert ihre Nägel, Mac, als sie beinahe gestorben wäre.
    Aber wann immer ich ihm eine persönliche Frage stelle, bekomme ich nur die kryptische Antwort: »Nehmen Sie mich so, wie ich bin, oder lassen Sie’s«, und dazu einen Hinweis darauf, dass er mir ständig das Leben rettet, zu hören. Als würde das reichen, mir den Mund zu stopfen und mich bei der Stange zu halten.
    Traurig ist, dass er gewöhnlich Erfolg damit hat.
    Zwischen uns herrscht ein nicht zu tolerierendes Ungleichgewicht der Macht. Er hält alle Trumpfkarten in der Hand, während ich mit den lausigen wertlosen Spielkarten, die mir das Leben zugeteilt hat, auskommen muss.
    Wir mögen gemeinsam Feenobjekte oder Gegenstände der Macht – die heiligen Feenrelikte und Heiligtümer – jagen, Seite an Seite kämpfen und unsere Feinde töten; seit Kurzem versuchen wir sogar, uns gegenseitig die Kleider vom Leibe zu reißen, wenn die Lust plötzlich und sengend wie ein Scirocco über uns hinwegfegt. Und wenn wir uns küssen, erhasche ich kurze Einblicke in sein Inneres, aber wir vertrauen uns sicherlich keine persönlichen Details oder Zeitpläne an. Ich hatte keine Ahnung, wo er lebte, wohin er ging, wenn er nicht im Haus war, oder wann er das nächste Mal in den Laden zu kommen gedachte. Das ärgerte mich. Sehr sogar. Insbesondere jetzt, da ich wusste, dass er mich, wenn er wollte, jederzeit finden konnte, weil er mir ein Brandzeichen in den Nacken tätowiert hatte – seine verdammte mittlere Initiale Z. Ja, das Zeichen hatte mir das Leben gerettet. Aber das hieß nicht, dass ich es mögen musste.
    Ich zog meine triefnasse Jacke aus und hängte sie auf. Zwei Taschenlampen fielen scheppernd zu Boden und rollten weiter. Mir musste eine bessere Art einfallen, sie bei mir zu tragen. Sie waren zu sperrig für die Tasche und rutschten ständig heraus. Ich hatte Angst, dass ich bald in den Vierteln Dublins, in denen ich unterwegs war, als »verschrobene taschenlampentragende Zicke« verschrien sein würde.
    Ich lief ins Badezimmer hinter dem Ladenraum, trocknete vorsichtig meine Haare und wischte behutsam mein verschmiertes Make-up weg. Oben stand ein Fläschchen Aspirin, das meinen Namen schrie. Noch vor einem Monat hätte ich sofort mein Gesicht hergerichtet. Jetzt war ich glücklich, dass ich eine gute Haut hatte, und froh, dem Regen entflohen zu sein.
    Ich ging vom Bad durch die Doppeltür, die den Laden mit den Privaträumen verband, und rief nach Barrons, weil ich wissen wollte, ob er noch in der Nähe war. Ich stieß die Türen auf und sah im Parterre in allen Zimmern nach, aber er war nicht da. Es hatte keinen Sinn, das erste und zweite Stockwerk abzusuchen. In der dritten Etage schlief ich, und er kam nie dort hinauf – nur einmal war er da, um mein Zimmer zu verwüsten, als ich für einen Monat verschwunden war.
    Ich überlegte, ob ich ihn mit meinem Handy anrufen sollte, aber mein Kopf tat so weh, dass ich diesen Gedanken verwarf. Es genügte, wenn ich ihm am nächsten Morgen berichtete, was ich über das Sinsar Dubh in Erfahrung gebracht hatte. Ich kannte ihn – wenn ich ihn heute Nacht anrief und ihm alles erzählte, würde er mich zwingen, zurückzugehen und das Buch zu jagen, aber ich wollte nirgendwo mehr hin, nur schnurstracks unter die

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