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Im Schatten dunkler Mächte

Im Schatten dunkler Mächte

Titel: Im Schatten dunkler Mächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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war fest entschlossen, mindestens zweimal in der Woche helle, hübsche Kleidung zu tragen. Tat ich das nicht, fürchtete ich zu vergessen, wer ich war, und so zu werden, wie ich mich fühlte: ein vergammeltes, waffentragendes, übellauniges, zorniges, rachedurstiges Miststück. Das Mädchen mit dem langen blonden Haar, dem perfekten Make-up und den gepflegten Fingernägeln mochte es nicht mehr geben, aber ich war immer noch hübsch. Meine schulterlangen schwarzen Locken schmeichelten meinem Gesicht und bildeten einen interessanten Kontrast zu meinen grünen Augen und der makellosen Haut. Ich trug dunkleren Lippenstift über meinem roten, um älter und mehr sexy auszusehen.
    Für den heutigen Abend hatte ich Klamotten ausgesucht, die sich an meine Kurven schmiegten und meine Figur betonten. Ich hatte mich für einen cremefarbenen Rock und Alina zu Ehren einen engen gelbenPulli und Perlen entschieden – unter einem modischen, kurzen Trenchcoat, in den ich acht Taschenlampen, zwei Messer und die Speerspitze gesteckt hatte. Als Mom und Dad uns von der Adoptionsagentur abgeholt hatten – das hatte mir mein Dad erzählt –, war Alina wie ein kleiner Sonnenschein und ich wie ein Regenbogen gekleidet gewesen.
    Alina.
    Sie fehlte mir so schrecklich, dass der Schmerz mein ständiger Begleiter war. Die Trauer riss mich morgens aus dem Schlaf, leistete mir den ganzen Tag Gesellschaft und kroch abends mit mir ins Bett.
    Dublin erinnerte mich unaufhörlich an sie. Sie war hier in jeder Straße, in den Gesichtern der jungen Studentinnen, die keine Ahnung hatten, was neben ihr, getarnt als Mensch, einherging. Sie lachte in den Pubs und starb später im Dunkeln.
    All die Menschen, die ich nicht retten konnte – das war Alina.
    Ich wich den belebten Straßen des Temple-Bar-Bezirks aus und steuerte das Trinity College direkt an. Gestern Abend war ich mit Jayne durch die belebte Touristenzone, in der sich mehr als sechshundert Pubs Konkurrenz machten, gegangen. Aber heute war ich nicht in der Stimmung, daran erinnert zu werden, dass es lediglich zwei Waffen gab, die Feenwesen töten konnten, und dass sich Hunderte, wenn nicht Tausende Unseelie in der Stadt tummelten. Die Begegnung mit dem Sinsar Dubh hatte mich ernüchtert. Die pure Bosheit dieses Dings hatte mir drastisch ins Gedächtnis gerufen, dass auf mich weitaus Schlimmeres wartete, obwohl ich in der letzten Zeit siegreich und stärker aus allen möglichen Situationen hervorgegangen war.
    In dem Büro, in dem die Angestellten des Instituts für Altsprachen arbeiteten, empfing mich Christian an der Tür. Er sah so jung, hip und heiß aus in seiner verwaschenen Jeans, den klobigen Stiefeln und dem Pullover; die langen dunklen Haare hatte er im Nacken mit einer Lederschnur zusammengefasst. Er musterte mich scharf und anerkennend. Jetzt war ich froh, dass ich mir Mühe mit meinem Äußeren gegeben hatte. Eine Frau genießt es, wenn sich ihre Bemühungen auszahlen.
    Er nahm meinen Arm und schlug vor, woanders hinzugehen. »Sie diskutieren über das Budget«, erklärte er mit tiefer, rauer Stimme und schottisch gefärbtem Akzent und schlang sich den Riemen seines Rucksacks um die Schulter.
    Â»Musst du da nicht dabei sein?«
    Â»Nee. Nur von Ganztagsbeschäftigten wird verlangt, dass sie diese Besprechungen über sich ergehen lassen. Ich arbeite Teilzeit.« Er bedachte mich mit seinem sagenhaften Lächeln, das mich dazu trieb, den Rücken zu straffen. Christian gehörte zu den gutaussehenden Männern, die einen beim ersten Blick von den Socken rissen und dazu verführten, einen zweiten und dritten Blick zu riskieren – Fünfuhrbart, kantiges Kinn, breite Schultern, glatte dunkle Haut und unglaubliche Tigeraugen. Er bewegte sich mit lässiger Anmut, die ihn reifer wirken ließ, als es seinem Alter entsprach. »Außerdem ist dies kein Ort, wo man sich gemütlich unterhalten kann, und wir haben viel zu besprechen, Mädchen.«
    Hoffentlich bedeutete das, dass er mir etwas Nützliches über meine Schwester erzählen konnte. Er führte mich in ein fensterloses Studierzimmer im fast menschenleeren Keller gleich neben den Snackautomaten.Wir setzten uns auf Metallklappstühle unter eine summende Neonleuchte, und ich stellte mir vor, dass Alina hier gesessen und gelernt hatte. Ich verschwendete keine Zeit und fragte Christian, wie er Alina

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