Im Schatten dunkler Mächte
irgendjemanden, solange er selbst keinen Schaden nimmt. Wieso sollte er sich Gedanken machen, ob die Mauern einstürzen? Alle fürchten sich vor ihm. Er hat nichts zu verlieren.«
»Was hast du gerade gesagt?«
»Ihm ist alles egal.«
»Du sagtest, er wüsste, dass wir ihn ausspioniert haben. Woher?«
Am liebsten hätte ich mich geohrfeigt. Ich hatte vollkommen vergessen, warum ich eigentlich hergekommen war. Ich berichtete hastig, wie Barrons mich mit Hilfe seiner Stimmenmagie über meine letzten Aktivitäten und den Besuch bei Christian ausgehorcht hatte. Und ich erzählte, dass ich den ganzen Tag versucht hatte, ihn zu erreichen, um ihn zu warnen. Da ich um vier Uhr nachmittags immer noch keine Gelegenheit gehabt hatte, ihn zu sprechen, war ich hergekommen, um auf ihn zu warten.
Als ich zum Ende kam, musterte er mich argwöhnisch. »Du hast das zugelassen? Du hast ihm erlaubt, dich so herumzuschubsen? Die Antworten aus dir herauszuquetschen?« Die goldenen Tigeraugen betrachteten mich vom Scheitel bis zu den FüÃen, das hübsche Gesicht wirkte verkniffen. »Ich dachte, du bist ⦠anders.«
»Ich bin anders!« Zumindest war ich es, bevor ich nach Dublin gekommen war. Wie ich jetzt war, konnte ich nicht sagen. Ich hasste diesen Blick, der Zurückhaltung, Kritik und Enttäuschung ausdrückte. »Er hat das nie zuvor mit mir gemacht. Unsere ⦠Beziehung zueinander ist sehr kompliziert.«
»Nach âºBeziehungâ¹ klingt das nicht; mir erscheint es eher Tyrannei zu sein.«
Ich war nicht bereit, über die Vielschichtigkeit meines Lebens mit Barrons zu diskutieren â erst recht nicht mit einem lebendigen Lügendetektor. »Er versucht, mir beizubringen, mich der Stimmenmagie zu widersetzen.«
»Ich schätze, du bist in diesem Punkt keine besonders gute Schülerin. Viel Glück dabei â es kann eine Lebensspanne dauern, die Stimmenmagie zu erlernen.«
»Hör mal, ihr MacKeltars wollt ohnehin mit ihm sprechen. Und es tut mir leid, okay?«
Er taxierte mich. »Mach den Fehler wieder gut. Sprich mit ihm. Sag ihm, was wir von ihm wollen.«
»Ich glaube nicht, dass ihr ihm trauen könnt.«
»Das glaube ich genauso wenig, und das habe ich meinen Onkeln auch gesagt. Sie haben mich überstimmt. Das Problem ist, dass wir nicht sicher sind, ob wir die Mauern erhalten können â mit Barronsâ Hilfe.« Er schwieg eine Weile, dann fügte er mürrisch hinzu: »Aber wir wissen ganz genau, dass es uns ohne ihn bestimmt nicht gelingt.« Er schlug einen Notizblock auf, riss eine Seite heraus, kritzelte etwas darauf und reichte sie mir. »Hier kannst du mich erreichen.«
»Wohin gehst du?«
»Du denkst, Barrons wird mir nicht folgen? Ich frage mich, was ihn bisher davon abgehalten hat. Meine Onkel haben mir eingeschärft, dass ich so schnell wiemöglich von hier verschwinden soll, falls er jemals von mir erfährt. AuÃerdem habe ich dir gesagt, was ich sagen sollte, und zu Hause können sie meine Unterstützung gut gebrauchen.« Er ging zur Tür, öffnete sie, drehte sich aber noch einmal um und sah mich besorgt an. »Hast du Sex mit ihm, Mac?«
Ich schnappte nach Luft. »Mit Barrons?«
Er nickte.
»Nein!«
Christian seufzte und verschränkte die Arme.
»Was?«, zischte ich. »Ich habe nie mit Barrons geschlafen. Unterzieh das deinem kleinen Lügentest, wenn du willst. Obwohl ich finde, dass dich das einen feuchten Kehricht angeht.«
»Meine Onkel wollen genau wissen, wo du stehst, Mac. Eine Frau, die Sex mit einem Mann hat, ist keine zuverlässige Informationsquelle, schlimmstenfalls sogar eine Verräterin. Deshalb geht mich das sehr wohl etwas an.«
Ich dachte an Alina und wollte protestieren, aber was hatte sie ihrem Liebhaber verraten in dem Glauben, sie stünden auf derselben Seite? »Ich hatte nie Sex mit Barrons«, wiederholte ich. »Zufrieden?«
Sein Blick wirkte wie der eines Tigers, der seine Beute belauerte. »Beantworte mir noch eine Frage, dann bin ich vielleicht zufrieden: Möchtest du Sex mit Barrons haben?«
Ich blitzte ihn zornig an und stürmte aus dem Büro. Das war eine so dämliche, so absurde Frage, dass ich sie keiner Antwort würdigte.
Auf halbem Weg durch den Flur blieb ich abrupt stehen.
Im Laufe der Jahre hat mir Dad jede Menge klugeDinge gesagt. Vieles
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