Im Schatten (German Edition)
verkraften.«
» Sind Sie sich ganz sicher?« Zweifelnd sah er sie an, doch als sie entschlossen nickte, meinte er vorsichtig:
» Also ich glaube, da war etwas. Etwas zwischen ihr und … und Mark. Ich weiß es nicht hundert Pro, aber ich bin mir ziemlich sicher. Es gibt so bestimmte Dinge, wissen Sie? Im täglichen Miteinander.«
» Nein, ich verstehe nicht, was Sie meinen«, sagte Katherine. Also versuchte Harald zu erklären:
» Ich hab vor Ewigkeiten einmal einen ›Columbo‹ gesehen. Da hat er ein Pärchen überführt, dass behauptete, sie würden sich gar nicht kennen. Aber als die beiden mit Columbo zusammen Kaffee getrunken haben, hat er ihr wie selbstverständlich den Süßstoff hingeschoben. Das war ein Indiz, dass sie sich sehr wohl vertraut waren.«
*
06. Juli 2007
Beziehung? Wir haben eine Beziehung? Was ist passiert? Sonst hat er immer alles dafür getan, mir klar zu machen, dass ich ihm gar nichts bedeute, und nun spricht er von einer Beziehung, von Nähe und Intimität. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll.
»Verdammte Axt!« Kaum war Harald vom Tisch verschwunden, um die Toilette aufzusuchen, begann Mark heftig zu fluchen. Sie waren von Leipzig aus zu ihrem neuen Auftraggeber in Berlin gefahren und hatten sich dort mit Harald getroffen. Gemeinsam waren sie nach der Arbeit essen gegangen und wollten danach nach Hause. »So was Blödes«, fuhr Mark fort. »Da kann man sich noch so viel Mühe geben, daran zu denken, aber im Laufe einer Beziehung stellt sich nun einmal eine gewisse Nähe und Intimität ein, und die kann man nicht per Knopfdruck ausschalten.«
Valerie schwirrte der Kopf. Nähe? Intimität? Beziehung?! Sie hätte Ausdrücke wie »Affäre« oder »Verhältnis« erwartet, nicht jedoch »Beziehung«. Sie mochte diese Ausdrücke nicht. »Verhältnis« klang so nach Verbotenem, Verwerflichem, und auch wenn es so war, wollte sie weder in diese Richtung denken, noch etwas in der Art hören. »Affäre« klang nach Bedeutungslosigkeit, und davon wollte sie erst recht nichts wissen. Zwar mochte sie auch die Bezeichnung »Beziehung« nicht besonders, doch drückte sie im Allgemeinen das aus, was sie sich wünschte. Nun sprach Mark davon, doch von ihm hätte sie am allerwenigsten etwas Derartiges erwartet.
» Glaubst du, er hat etwas gemerkt?«, fragte Valerie vorsichtig. Auch ihr war Haralds irritierter Blick aufgefallen, als Mark, ins Gespräch vertief, ihr wie selbstverständlich eine Olive von der Pizza gefischt hatte, von der er wusste, sie verabscheute sie. Und er hatte recht: Es war eine vertraute Geste unter eng miteinander verbundenen Menschen.
» Keine Ahnung«, antwortete Mark immer noch verärgert. »Aber ändern kann ich nichts mehr daran. Tut mir leid, es war wirklich blöd von mir.«
» Und was machen wir jetzt?« Valerie fühlte sich vollkommen verunsichert.
» Gar nichts. Wir machen weiter wie bisher. Wenn wir versuchen, irgendetwas zu überspielen, machen wir uns noch viel verdächtiger. Und ich denke nicht, dass Harald schnurstracks zu deinem Mann rennt, und ihm seinen Verdacht mitteilen wird.«
Nein, das tat er nicht, doch Valerie hatte ein deutlich ungutes Gefühl, plötzlich einen unerwarteten Mitwisser zu haben. In der nächsten Zeit hatte sie öfter das Gefühl, Harald würde sie heimlich beobachten. Doch sie wusste nicht, ob das den Tatsachen entsprach oder sie es sich nur einbildete. Harald ließ sich nicht anmerken, ob er etwas mitbekommen hatte und wenn, dann behielt er es offensichtlich für sich. Denn es gab kein heimliches Tuscheln, das plötzlich verstummte, wenn Valerie in die Nähe kam, keine verstohlenen Blicke der anderen Kollegen, und so verdrängte sie bald alle unangenehmen Erinnerungen an das Missgeschick, viel zu sehr gefangen von den immer tiefer werdenden Gefühlen und den Gedanken an ihre verbotene Liebe.
08 . Juli 2007
Am schönsten sind nicht die Stunden, in denen wir uns lieben, sondern die kurzen Augenblicke danach. Wenn ich in seinen Armen liege, er mich noch einen Moment hält, bevor er mich abrupt verlässt. Seine Hände streicheln mich sanft und zärtlich und es ist, als wäre eine Maske von ihm abgefallen. Dann fühlt es sich so an, als liebte er mich doch. Auch wenn ich weiß, es ist nicht so. Diese wenigen Minuten, die ich ihn ganz für mich allein habe, geben allem einen Sinn.
11. Juli 2007
Hm, mich abrupt verlässt?
Zufrieden streckte Mark sich, bevor er den Wagen startete.
»W ow,
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