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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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Punkte.«
    »Hatte«, verbesserte Kathryn ruhig.
    Es war ein ernüchternder Augenblick und für Molly ein Zeichen dafür, wie weit ihre Mutter schon war. Dass Kathryn die Vergangenheitsform benutzte, war ein Anerkennen der Realität. Ein winziger Teil von Molly hätte dagegen angekämpft, wenn Kathryn nicht weitergeredet hätte.
    »Du hast deine eigenen guten Punkte.«
    »Findest du?« In einer Minute glaubte Molly es und in der nächsten schon nicht mehr.
    »Robin hat deine Stärken gesehen. Sie hat dich beneidet. Erinnerst du dich daran, was sie geschrieben hat?«
    Wie konnte Molly es nicht? Sie hatte
Warum meine Schwester sich irrt
jetzt schon viele Male gelesen. Es war nicht das, von dem sie geglaubt hatte, dass sie es in einem Tagebuch von Robin finden würde – und machte sie umso trauriger, dass Robin nicht da war, um mit ihr zu streiten.
    Sie schüttete den Tee in eine Tasse, doch als sie kochendes Wasser darüber goss, war Kathryn schon weg. Molly lauschte und hörte ein leises, aufwühlendes Geräusch. Sie ging ihm nach in Robins Zimmer, wo Kathryn weinte, einen Arm um ihren Leib geschlungen und die andere Hand auf den Mund gepresst. Molly umarmte sie von hinten.
    »Wer hätte gedacht …«, schluchzte Kathryn und schluckte schwer.
    Molly wartete, bis sie sich beruhigt hatte, und da bemerkte sie die Katze, die wachsam mitten auf dem Bett saß und Kathryn aufmerksam beäugte.
    Kathryn erwiderte ihren Blick. »Hat diese Katze einen Namen?«
    »Nein. Ich nenne sie Sprite.«
    »Du weißt, sobald du ihr einen Namen gibst, gehört sie dir?«
    Molly wusste es. Doch diese Katze gehörte ihr sowieso. Sie war zu ihr gekommen an dem Abend, als Robin gegangen war – vielleicht sogar in genau derselben Minute, auch wenn Molly das nie sicher wissen würde. Sie wusste jedoch, dass sie das Tier nicht weggeben würde.
    Kathryn war nicht begeistert von Katzen, aber da der Rest des Zimmers abgebaut war, musste das Bett geteilt werden. Molly schüttelte Kissen auf und legte sie gegen das Kopfende. Die Katze rührte sich nicht.
    Molly wollte Kathryn ein bisschen Zeit allein mit ihren Erinnerungen lassen und ging wieder in die Küche. Nach einer Weile kehrte sie zurück und setzte sich im Schneidersitz auf den Quilt.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte sie und sah zu, wie Kathryn ihren Tee trank.
    »Besser. Es ist seltsam, ich spüre Robin hier nicht. Das ist ihr Bett in ihrem Zimmer, aber das Cottage, das bist du.«
    »Das war immer so.«
    »Es tut mir so leid, dass du ausziehen musst. Willst du, dass ich Mister Field für dich anrufe?«
    Unter all den Möglichkeiten, um den Umzug hinauszuzögern, hatte Molly auch diese überlegt, sie jedoch ausgeschlossen.
    »Das wird nichts bringen«, sagte sie. So verzweifelt sie sich fühlte, sie versuchte doch, realistisch zu sein. »Er hat zwingende Gründe für den Verkauf. Ich muss sowieso ausziehen. Robin und ich haben uns die Miete geteilt. Ich kann sie allein nicht zahlen.«
    »Ich werde dir helfen.«
    »Nein. Er muss verkaufen, und ich muss darüber hinwegkommen. Es wird in sechs Monaten oder einem Jahr nicht leichter werden.«
    Kathryn legte die Beine zur Seite und sah sich dann erneut um. »Dieses Haus passt zu dir. Wie Snow Hill.« Sie wurde nachdenklich und nippte an ihrem Tee. »Snow Hill hat Robin nie glücklich gemacht.«
    Molly wusste das, war aber erstaunt, dass ihre Mutter es zugab. »Was hätte sie denn glücklich gemacht?«
    »Vor einer Woche noch hätte ich gesagt, dass sie noch ein paar Jahre gelaufen und dann Trainerin geworden wäre.«
    »Wie Peter? Hast du an ihn gedacht?«
    »Nicht bewusst.«
    »Er ist ein netter Mensch, Mom. Und einsam.«
    »Seine Schuld.«
    »Aber trotzdem einsam. Ich glaube, Robin zu sehen hat ihn tief berührt.«
    Kathryn schwieg. »Ja«, sagte sie schließlich, »das glaube ich auch. Robin zu treffen war wahrscheinlich etwas, was er irgendwann in seinem Leben tun musste. Das hier hat ihm eine Entschuldigung verschafft. Dein Anruf hat ihn hergezerrt. Männer sind eben so komisch.«
    »Wie – so?«
    »Sie sind nicht proaktiv, wenn es um Gefühlsdinge geht. Wenn sie etwas Schweres vermeiden können, dann tun sie das.«
    »Dad nicht.«
    »Dad ist eine Ausnahme.«
    »David Harris auch nicht. Er hätte einfach an Robin vorbeilaufen und per Telefon Hilfe rufen können. Wünschst du immer noch, er hätte es getan?«
    »Nein. Er wollte helfen. Wenn Robins Problem nicht so schwer gewesen wäre, hätte er vielleicht ihr Leben gerettet. Er konnte

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