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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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stellte sich vor, dass ihm das alles ebenso neu war wie ihr. »Haben Sie ein Testament gemacht?«, fragte sie geradeheraus.
    Er schien nicht betroffen zu sein. »Keine Frau, keine Familie, nicht nötig.«
    »Robin hatte es auch nicht nötig.«
    »Das meine ich ja. Wir erwarten so etwas nicht.«
    »Doch nun ist es passiert«, sagte Molly und verlieh damit ihrer eigenen Sorge Ausdruck, »also müssen wir etwas tun. Aber wie finden wir heraus, was ein Mensch will, wenn er nicht reden, nicht
denken
kann?«
    »Hat Ihre Schwester eine Patientenverfügung?«
    »Zum Beispiel, dass man sie nicht wiederbeleben soll? Meines Wissens nein.«
    »Keinen Bevollmächtigten für ihre Pflege?«
    Molly schüttelte den Kopf. »Ich würde sie ja gerne dafür kritisieren, aber ich habe so etwas auch nicht. Ist der Grund Arroganz? Selbstgefälligkeit?«
    »Angst. Wir wollen nicht daran denken, dass es uns passieren kann.«
    Nun, jetzt wusste sie, dass es das konnte. Und dieses Wissen teilte sie mit diesem Fremden.
    »Haben Sie einen Namen?«, fragte sie spontan und begann sofort den Rückzug. »Sie müssen ihn mir nicht sagen. Ich werde es meinen Eltern nicht erzählen.« Vor allem nicht ihrer Mutter. Auch wenn Kathryn nicht mehr hysterisch war, glaubte sie immer noch, dass der Gute Samariter zu wenig zu spät getan hatte. »Ich habe mich nur gefragt. Für mich.«
    »Ich heiße David«, sagte er. »David Harris. Ich habe auch eine Telefonnummer.« Er zog eine Karte aus seiner Tasche, schrieb sie auf die Rückseite und gab sie Molly. »Das ist meine Handynummer. Sie brauchen nicht das Gefühl zu haben, dass Sie anrufen müssen. Ich werde weiter hier nachschauen, um herauszufinden, wie es Ihrer Schwester geht. Aber wenn ich irgendetwas tun kann oder wenn Sie einfach nur reden wollen …«
    Molly wusste nicht, ob sie es wollte, aber es war schön, gefragt zu werden. Sie steckte die Karte ein und erhob sich. »Ich glaube, Sie sollten auch dem Vater Ihrer Schülerin erzählen, dass Sie sich Sorgen um sie machen. Unterlassung kommt mir hier schlimmer vor. Wenn Sie wegsehen und etwas Schlimmes geschieht, werden Sie sich ständig Fragen stellen.« Zumindest war das Mollys Gefühl. Sie hätte an dieser Straße auf Robin warten sollen, anstatt zu Hause Pflanzen zu gießen.
     
    Sie hatte das Bedürfnis, für ihre Sünden zu büßen, und ging in Robins Zimmer. »Irgendeine Veränderung?«, fragte sie.
    Kathryn schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht geglaubt, dass du heute Abend noch mal kommst.«
    »Ich bin nicht sicher, dass ich schlafen kann.«
    »Du wirst schlafen.«
    Molly hätte vielleicht widersprechen können. Eine seltsame Sache war das mit dem Wort hirntot. Es zerrte an den Nerven, selbst wenn man nicht daran dachte.
    Doch sie war nicht gekommen, um zu streiten. »Was kann ich tun, Mom? Ich will wirklich helfen.«
    Kathryn lächelte traurig. »Im Moment gibt es nicht viel zu tun. Sie schläft ganz ruhig.«
    »Kann ich hierbleiben, während du selbst ein bisschen schläfst?«
    »Nein danke, Liebes.«
    »Bist du sicher?«
    Kathryn nickte. »Das bin ich.«
     
    Dankbar, dass Kathryn sie zumindest nicht angeschrien hatte, nahm Molly den Lift ins Erdgeschoss. Der Parkplatz war leerer
     geworden, doch sie war abgelenkt, und es war dunkel. Als ein Mann, der sich an ihr Auto gelehnt hatte, sich aufrichtete, fuhr
     sie erschrocken zusammen.
    »Nick! Ich habe dich nicht gesehen. Warum schleichst du hier herum?«
    »Ich schleiche nicht herum«, erwiderte er ruhig. »Ich warte auf dich. Du wolltest mir am Telefon ja nicht viel erzählen. Was ist los, Molly? Und wer ist der Typ, mit dem du vorhin gesprochen hast?«
    »Vorhin?«
    »Bevor du hineingegangen bist. Ihr habt da drüben auf der Bank neben dem Krankenhausschild gesessen.«
    Nick war also schon eine ganze Weile hier. Das sagte etwas über Freundschaft aus. Doch David war eine verwandte Seele, und sie wollte ihn beschützen. »Er ist nur jemand, den ich hier kennengelernt habe.«
    »Hier im Krankenhaus?«
    »Wenn du immer wieder kommst und gehst, siehst du stets dieselben Gesichter.«
    »Er kommt mir bekannt vor. Wie heißt er?«
    Sie hatte Schuldgefühle, weil sie Nick nicht vertraute. Ein Vorname konnte nicht schaden. »David.«
    »David wie?«
    »Keine Ahnung«, log sie. »Wenn man jemanden immer wieder so sieht, nickt man, lächelt und fragt, wen er gerade besucht. Man wird nicht persönlich. Man tauscht keine Familiennamen aus.«
    »Hat er nach Robin gefragt?«
    »Ja, er ist

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