Im Schatten meiner Schwester. Roman
Schachteln standen.
Robin war ein Gesundheitsfreak. Molly entging die Ironie dieses Gedankens nicht.
Kathryn mochte gewollt haben, dass die Dinge so blieben, wie sie waren. Doch das war morbid. Und Molly war diejenige, die hier lebte. Sie räumte ständig hinter Robin her. Also tat sie es auch jetzt.
Als ihr Magen erneut knurrte, öffnete sie den Kühlschrank. Da waren noch mehr Energiedrinks sowie Tofu und Joghurt. Da stand auch ein Schokoladenkuchen, eindeutig Mollys Beitrag zum Speiseplan. Sie nahm ihn heraus und wollte unbedingt ein Stück essen, nur um dann zu merken, dass sie nicht in der Stimmung dafür war. Schokoladenkuchen oder Cupcakes mit Glasur und Zuckerguss oder auch glitzernde Butterkekse machten am meisten Spaß, wenn Robin missbilligend zusah. Wenn Robin nicht da war, was hatte es dann für einen Sinn?
Molly warf den Kuchen in den Mülleimer. So befreit, machte sie sich ein Turkey Frank, wickelte es in ein Pitabrot, beträufelte es mit Senf und schlang es innerhalb von zwei Sekunden hinunter. Sie sehnte sich nach etwas Warmem zu trinken und nahm eine Tüte Schokolade aus ihrer Schrankseite. Doch wie der Kuchen reizte sie sie nicht. Also brühte sie sich eine Tasse von Robins Ginsengtee auf und trug ihn ins Arbeitszimmer.
Es war ein kleiner Raum, gerade groß genug für Bücherregale und einen Schreibtisch. Molly hatte bereits die Bücher eingepackt, die auf ihren Regalen gestanden hatten, doch Robins waren immer noch voll. Auf dem obersten standen säuberlich aufgereiht Turnschuhe, ein Paar abgetragener als das andere. Das Regalbrett darunter enthielt eine willkürliche Bücherauswahl, und auf dem untersten Brett lagen willkürlich durcheinander Aktenordner voller Papier.
Sie setzte sich auf den Boden und öffnete einen. Er war vollgestopft mit Zeugnissen, Prüfungen und Benotungen von vor einem Jahrzehnt. Sie legte den Ordner wieder zurück und nahm sich einen anderen. In diesem steckte eine Fülle an Rennmeldungen, Reden, die Robin gehalten hatte, Zeitungsausschnitte ihrer Siege sowie der Siege ihrer Freunde, und Artikel über alle möglichen Aspekte des Laufens. Sogar mehrere Laufzeitschriften steckten darin. Nichts war chronologisch geordnet.
Sie musste noch mehr Ordner öffnen, bevor sie Rechnungen fand – Strom, Gas, Miete. Robin hatte in zwei anderen Wohnungen gewohnt, bevor sie zusammen hierhergezogen waren. Molly fand Mietverträge für zwei der drei und Kreditkartenrechnungen, Zahnarztrechnungen und, ja, Arztrechnungen, die Robins endlose kleine mechanische Probleme betrafen, doch in keiner war ihr Herz erwähnt. Molly dachte schon, dass Jenny Fiske sich getäuscht haben musste, dass sie vielleicht etwas missverstanden hatte, was Robin gesagt hatte, als sie einen Umschlag von Robins Hausärztin entdeckte. Er steckte ein bisschen zu säuberlich ganz hinten in dem Ordner. Molly hätte ihn vielleicht übersehen, wenn sie den Ordner nicht auf ihren Schoß gelegt hätte, um die Rechnungen wieder hineinzustopfen.
»Liebe Robin«, schrieb die Ärztin, »ich möchte den Optimismus Deines Kardiologen wiederholen. So erschreckend die Diagnose Kardiomegalie sein kann, da Du asymptomatisch warst, ist die Prognose gut. Du gehörst zu den Glücklichen, die von einem erblichen Herzfehler informiert wurden. Wenn Dein Vater Dir nicht von dem Problem erzählt hätte, hättest Du die Symptome vielleicht ganz einfach ignoriert. Gewarnt ist gewappnet. Der Kardiologe hat mit Dir über Medikamente gesprochen. Dein Laufen sollte nicht beeinträchtigt sein, doch es ist wichtig, dass Du einen von uns sofort konsultierst, wenn Du eines der Symptome hast, die wir erwähnt haben. Wenn alles gutgeht, sehe ich Dich regelmäßig bei den vereinbarten Terminen.«
Der Brief war vor achtzehn Monaten datiert. Doch er ergab für Molly keinen Sinn. Charlie hatte abgestritten, dass es in seiner Familie Herzfehler gab. Entweder log er oder aber Robin.
Sie ließ den Brief fallen, rappelte sich hoch und ging ins Bad. Da sie den Medizinschrank stets Robins Laufmedikamenten überlassen hatte, hatte sie keine Ahnung, was darin war. Als sie jetzt suchte, fand sie abgelaufene Produkte und eine einzelne Flasche mit Schmerzmitteln. Es war keine Überraschung, dass sie kaum benutzt war. Robin hasste es, etwas anderes als Vitamine einzunehmen.
Molly rannte in die Küche und durchsuchte den Vitaminvorrat ihrer Schwester, da sie dachte, dass sie vielleicht eine Flasche mit einem Herzmittel dort aufbewahrte, um so zu tun, als
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