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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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flehe dich an. Ich bin sehr emotional und im Augenblick keine glaubwürdige Quelle. Es war ein schrecklicher Tag, und Tatsache ist, sie … machen … Tests. Wir werden endgültige Antworten erst in den nächsten vierundzwanzig Stunden haben.«
    »Hirntot?«, wiederholte er und schien so fassungslos und hatte Molly so völlig vergessen, dass ihre Hand losgerissen wurde, als er sich umdrehte. Schweigend ging er fort.
    »Bitte, Nick?«, rief sie über den dunklen Parkplatz, doch er antwortete nicht. Sie schlang die Arme um sich, während sie ihn in sein schnittiges schwarzes Auto verschwinden sah. Der Motor sprang an. Als er auf die Straße zu fuhr, tat er das langsam, und sie fragte sich, ob er schon am Telefon hing.
    Sie überlegte, hineinzugehen und ihrer Mutter von Nick zu erzählen. Doch zuerst musste sie etwas Gutes tun, und dazu musste sie nach Hause.
     
    Das Wort hirntot verfolgte sie auf dem ganzen Heimweg. Sie verstand nicht, wie Robin hirntot sein konnte, so dass sie, als sie endlich zu Hause ankam, nicht nur verängstigt, sondern auch verwirrt war. Hirntod war eine permanente Sache. Es würde ihrer aller Leben beeinträchtigen.
    Das Haus war dunkel, wenn auch vertraut und tröstlich. Und hier war eine weitere Quelle der Angst. Die Uhr tickte. Sie hatte nur noch fünf Tage hier.
    Unfähig, damit umzugehen, schaltete sie Licht an und begab sich direkt ans Telefon. Der Umzug war vergessen in dem Schwall von Nachrichten von Robins Freunden. Molly erkannte einen Namen nach dem anderen in der Anruferkennung.
    Die meisten waren Läufer, ein paar riefen sogar aus Europa an, ein Beweis dafür, wie nahe sich die Läufergemeinde stand. Wie hatte Robin es erklärt? Man wächst zusammen, wenn man läuft. Es ist wie eine Therapiesitzung. Es gibt keinen Augenkontakt. Es ist sicher zu beichten.
    Molly fragte sich, ob, wenn das stimmte, Robin anderen von ihrem vergrößerten Herzen erzählt hatte. Noch entscheidender war die Frage, ob Robin in einem philosophischen Moment wohl gesagt haben mochte, was sie wollte, sollte sie jemals behindert sein.
    Aber wie peinlich war das, Robins Freunde fragen zu müssen, was ihre eigene Familie nicht wusste?
    Nick hatte nichts von dem vergrößerten Herzen gewusst. Das war zumindest etwas.
    Molly brauchte Informationen, zum Beispiel, was Robin wann gewusst hatte. Wie sonst könnte sie das begreifen, was passiert war?
    Während sie Richtung Arbeitszimmer ging, hörte sie ein Kratzen auf dem Holzboden. Sie blickte den Gang entlang und entdeckte das Wischen eines bernsteinfarbenen Schwanzes, der in ihrem Zimmer verschwand.
    Die Katze. Sie hatte sie vergessen. Schuldbewusst folgte sie ihr, doch sie hatte sich wieder versteckt. Sie redete leise, damit sie es zumindest hören konnte, und kümmerte sich um das Katzenklo und um Wasser. Sie wollte ihr ein paar Minuten Gesellschaft leisten, setzte sich auf den Boden, wobei sie den Kopf an den Sitz des Sessels lehnte, und schloss die Augen.
    Als sie sie wieder aufmachte, war eine Stunde vergangen. Erschrocken hievte sie sich hoch und entdeckte die Katze im Flur, wo sie sie von der entferntesten Stelle aus anstarrte, an der sie sie noch sehen konnte. Plötzlich sehnte sie sich verzweifelt danach, etwas Warmes und Lebendiges zu berühren, kauerte sich hin und streckte die Hand aus. »Komm her, Mieze«, lockte sie. »Es ist gut. Ich werde dir nicht weh tun.« Die Katze rührte sich nicht. Doch sie rannte auch nicht weg, bis sie auf allen vieren auf sie zukroch. Dann war sie wie der Blitz verschwunden.
    Trostlos hockte Molly auf den Fersen und dachte erst an die Katze und dann an Robin. Sie versuchte zu entscheiden, ob sie der Katze nachjagen oder zurück ins Krankenhaus fahren sollte, als ihr Magen knurrte. Sie ging in die Küche. Ein Blick genügte jedoch, und sie empfand den alten Ärger. Robin war eine Schlampe.
    Schuldbewusst nahm sie den Gedanken zurück. Robin war nicht da und konnte sich nicht verteidigen. Das war absolut nicht die Zeit für gemeine Gedanken.
    Doch Robin war eine Schlampe. Die Küche war genau noch so, wie sie sie verlassen hatte, als sie gestern zum Rennen gegangen war. Benutzte Teebeutel lagen auf der Theke neben schmutzigen Bechern. Ein halbleerer Energiedrink stand neben einer offenen Tüte Granola Knuspermüsli, dessen Krümel neben dem Papier von drei Energieriegeln lagen. Zwei ungeöffnete Riegel sahen aus ihrer Schachtel hervor, die Molly schon so oft in einen Schrank geräumt hatte, in dem noch zehn weitere solcher

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