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Im Schatten von Notre Dame

Titel: Im Schatten von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Druckmittel gegen ihn.«
    »Aber sie ist Euch entwischt!« donnerte der Großmeister.
    Charmolue zuckte zurück und erwiderte mit leicht zitternder Stimme: »Es besteht Hoffnung, daß wir ihrer habhaft werden. Sie selbst scheint nach ihrem Vater zu suchen und treibt sich hier auf der Insel herum. Wir hatten sie fast in der Falle, aber im letzten Augenblick …«
    »Ist sie Euch wieder entkommen, ich weiß es bereits von Bruder Godin. Habt Ihr Cenaine wenigstens an einem sicheren Ort untergebracht?«
    Charmolue nickte heftig, erleichtert, dem Maskierten endlich etwas Erfreuliches berichten zu können. »Er sitzt im selben Kerker, in den man damals den Verrückten von 1465 geworfen hat. Den Kerl, den der Komet in den Wahnsinn getrieben haben soll.« Bei diesem letzten Satz grinste Charmolue, als belustige ihn die Vorstellung.
    Der Großmeister wandte sich wieder Frollo zu. »Was ist mit Euren Studien bezüglich der Kometen? Und wie weit seid Ihr mit der Suche nach dem Sonnenstein?«
    »Erst heute war ich noch einmal am Grab Flamels und in seinem Haus. Ich spüre, daß ich dicht vor der Lösung des Rätsels stehe. Vielleicht gibt mir der Index zum Kometenbuch, den mein neuer Schreiber erstellt, Aufschluss. Vorausgesetzt, die Fünfte Essenz der Kometen ist, wie wir vermuten, ein Auslöser der Transmutation.«
    Als ich hörte, daß es um mich ging, wollte ich mich ein wenig weiter vorbeugen. Diese Gewichtsverlagerung war mein Verhängnis. Ein Stück Fels brach aus dem schmalen Sims, auf dem ich stand. Ich verlor das Gleichgewicht und krachte zu Boden wie ein Mehlsack.
    Natürlich hörten die Templer den Lärm. Al ein die Finsternis des Felsgangs schützte mich vor sofortiger Entdeckung. Daß es nicht ratsam war, von den Weißkutten aufgetan zu werden, stand außer Frage, immerhin hatten sie den Mord an Avril ot gestanden und wohl auch jene Bluttaten, die Leutnant Falcone dem Schnitter von Notre-Dame anlaste-te. Also sprang ich auf und lief, so schnell die Dunkelheit und der beeng-te Gang es nur zuließen, in die Richtung, aus der ich gekommen war.
    »Von wegen, es gibt keine Spione!« hörte ich die sich überschlagende Stimme des Großmeisters. »Dort läuft einer. Bringt ihn mir, und wenn nicht ihn, dann seinen Kopf.«
    Das ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und war mir ein Ansporn, diesen Hades möglichst rasch hinter mir zu lassen. Deutlich hörte ich die eiligen Schritte und die kurzen Rufe der Verfolger.
    Sie schienen einander Anweisungen oder Mitteilungen zuzurufen.
    Wozu?
    Ein schwaches Licht vor mir ließ mich hoffen. Die Luft, die ich hastig in meine Lungen sog, wurde zusehends frischer. Endlich kletterte ich durch dasselbe Loch, in das ich gefallen war, ins Freie. Es war längst Abend. Mond und Sterne sorgten für einen milchigen Schimmer, der mir nach der Tunnelfinsternis allerdings wie der hellste Som-mertag erschien.
    Ich kletterte die Böschung hinauf und achtete nicht auf die zahlreichen Schrammen, die Disteln und scharfrandige Schilfblätter mir zu-fügten. Nur weg von diesem schaurigen Schauspiel, in dem die wieder-auferstandenen Tempelritter mir oder meinem Kopf eine höchst un-dankbare Rolle zugedacht hatten!

    Von fern vernahm ich Stimmen und Geraschel im Strauchwerk. Die Verfolger suchten mich immer noch. Leise arbeitete ich mich weiter den Hang empor und atmete erleichtert auf, als ich oben ankam.
    Meine Freude währte bis zu jenem Augenblick, da ich die drei Templer entdeckte. Sie hatten an der Versammlung teilgenommen, waren mir aber nicht bekannt. Jetzt wußte ich, warum ich bei meiner unterirdischen Flucht Zurufe vernommen hatte. Diese drei hatten sich von den übrigen getrennt und offenbar einen anderen Weg aus dem Hades genommen – einen, der mir den Fluchtweg abschnitt.
    Sie kamen von drei Seiten langsam auf mich zu. Jeder von ihnen hatte einen Dolch gezogen. Ich griff nach meiner Waffe und wußte doch, daß dieses Manöver mich kaum retten würde. Wenn ich mich auf einen von ihnen stürzte, war es für die beiden anderen ein leichtes, mir das Leben zu nehmen. Oder den Kopf, was auf dasselbe hinauslief.
    Schon jetzt beinahe kopflos, drehte ich mich auf der Suche nach einem Ausweg im Kreis. Es gab keine Rettung, nur die drei Weißkutten, die mit unbewegten Gesichtern Schritt für Schritt näher traten.
    Die Spannung war kaum auszuhalten. Als ein rotschopfiger Tempelritter mich ansprang, empfand ich beinahe Erleichterung. Ich konnte seiner Klinge ausweichen, aber er auch der

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