Im Schlauchboot durch die Unterwelt
Gasthaus
durchsuchen — wenn sich Achim Juhas Info erst mal rumspricht. Das Baby wäre
rasch gefunden. Und hier in der Pampa geht’s auch nicht mit nem Versteck,
obwohl ich das erst dachte. Es ist einfach noch zu kalt, des Nachts. Sie können
das Baby nicht in ein Erdloch stecken. Also ist die Region Moorweide, was Susi
betrifft, für uns unergiebig. Nächste Frage: Was wollen die Oldies ausbuddeln?
Oder meinetwegen auch verbuddeln. Meine Vermutung ist: Es handelt sich um
irgendwas von früher. Und liegt seit 20 Jahren im Erdreich. Etwas Essbares ist
das sicherlich nicht. Sondern was Dauerhaftes, das vielleicht Rost ansetzt,
aber seine Qualität nicht verliert. Nun, wir werden sehen. Denn an den Oldies
bleiben wir dran. Doch durch die Brieftasche drängt sich mir jetzt ein ganz
anderer Gedanke auf. Und der knöpft indirekt an Klößchens Überlegung von vorhin
an. Nämlich, dass sich außerhalb der Knast-Anstalt schon was tat, als Peschke,
Meier und Helmers noch einsaßen. Die beiden anderen — Otto Kräsch und der
Fünfte, dessen Namen wir noch nicht kennen — könnten schon zugegriffen haben.
Nach dem alten System. Und die kleine Susi ist jetzt bei ihnen versteckt. Bei
Otto Kräsch oder dem Fünften.«
»Starke Überlegung!«, lobte
Gaby. »Toll! Kräsch hat vielleicht sogar Tipps geliefert. Denn er gehört ja zu dem
Kräsch, bei dem Fausto Weichler früher als Fahrer gejobbt hat. Also weiß Otto
Bescheid über den Preisboxer und wusste vielleicht auch, dass dessen
Lebensgefährtin gern mit dem Baby im Stadtpark ist.«
»Deine Überlegung, Pfote, setzt
meiner die Krone auf«, sagte Tim.
Karl, der mit Blickrichtung zum
Parkplatz stand, starrte dorthin.
»Leute! Der Mercedes kommt
zurück. Opa Otto will seine Brieftasche suchen.«
10. Ottos vergebliche Suche
Erwin Kräsch sah seine Tochter
an — mit dem gleichen kalten Blick, den sie seit eh und je an ihm kannte.
»Was ist denn mit dir los? Du
bist ja völlig daneben.«
Matilde schluckte. »Es ist...
Ich habe Angst.«
»Wegen des Babys? Blödsinn! Uns
kann nichts passieren. Das kommt nie raus.«
»Ja«, hauchte sie. »Machst du
Schluss für heute?«
»Nein. Ich muss nur mal aufs
Klo. Das öffentliche WC beim Standplatz ist kaputt. Rohrbruch. Und die
anderen... Nee! Da fahre ich lieber nach Hause.«
Matilde nickte. Ihr Vater
stampfte die Treppe hinauf. Fünf Minuten später verließ er das Haus ohne
Verdacht, ohne irgendwas zu bemerken.
Matilde atmete auf. Ihr
Herzschlag beruhigte sich etwas.
Mit Erwin war nun vor
Mittenacht nicht zu rechnen — frühestens.
Sie sah nach Susi. Das Baby
schlief. Im Schlaf schwebte ein Lächeln um das kaum kirschgroße Mündchen.
Matilde holte die Schwimmweste.
Zögernd betrat sie den zweiten Museumsraum, wo der Aborigine stand, sich auf
seinen Speer stützte und aus glimmenden Glasaugen zu blicken schien.
Von hinten näherte sich Matilde
der Mumie. Die Schwimmweste war bereits aufgeblasen. Es war ein einfaches
Modell — mit dem keine Fluggesellschaft, die was auf sich hielt, ihre
Passagiere bei Transatlantikflügen ausrüsten würde. Aber für die Abwasserkanäle
musste es ausreichen. Dort unten gab’s bestimmt keinen Luxus.
Matilde spürte Schauder, als
sie den Aborigine berührte. Seine Haut schien zu knistern. Vorsichtig legte sie
ihm die Schwimmweste an.
Dabei löste sich der Speer aus
seinen Händen und fiel polternd zu Boden. Ein entsetzliches Dröhnen. Matilde
hielt inne. War Susi wach geworden? Offenbar nicht. Im Haus blieb alles ruhig.
Sie atmete auf, als alles getan
war. Dann rief sie ihren Opa an. Aber Otto Kräsch nahm nicht ab. Dass er um
diese Zeit nicht daheim war, kam selten vor. Immerhin — er hatte einen
Anrufbeantworter, wozu auch immer, denn auf seine alten Tage als Privatier
brauchte er ihn kaum.
»Otto Kräsch — hier. Bin nicht
da. Sprechen Sie nach dem Signalton.«
Das war typisch für ihn:
abweisend und schroff. Aber Matilde wusste, dass er auch sehr warmherzig sein
konnte — vor allem zu ihr.
»Ich bin’s«, sagte sie. »Die
Tilde. Opi, ich muss dich unbedingt sprechen. Aber nicht am Telefon. Kann ich
morgen Mittag zu dir kommen? Bitte! Um ein Uhr, ja? Um eins bin ich da. Alles
Liebe bis morgen. Tschüs!«
Sie legte auf.
*
»Hinter die Ecke dort! Tempo!«,
stieß Tim hervor. »Wir sind nicht mehr da.«
Er sauste los, seine Freunde
hinterher. Ziel war die entfernte Hausecke der Gaststätte. Dort verbargen sie
sich bereits, als der Mercedes gerade erst eingeparkt
Weitere Kostenlose Bücher