Im Schloss aus Glut und Leidenschaft
die Arme geschlossen. Vermutlich empfand aber auch jeder Marinesoldat, der sie begleitete, dasselbe. Gabriel bedachte jeden Einzelnen von ihnen mit einem finsteren Blick. Verdammt, das alles war sinnlos. Wie sollte sie ihm jemals gehören?
Als Sophia auf den einst prachtvollen, nun leeren Thronsaal zuging, hörte Gabriel von draußen Lärm, der ständig lauter wurde.
Pater Nektarios folgte ihr, als sie langsam die Flügeltüren öffnete. Sie hielt inne. Zögernd trat Sophia nach draußen, auf den reich verzierten Balkon, der auf einen Platz führte. Gabriel konnte nicht viel erkennen, denn er blieb in der Tür stehen. Ein paar Schritte hinter ihr, im besten Fall, das war sein Rang.
„Ich glaube, von hier aus hat König Konstantin zu seinem Volk gesprochen“, flüsterte Blake.
Als sie sich zum Geländer mit der Goldverzierung vorwagte, sah Gabriel, wie sie zögerte und an sich hinunterblickte, besorgt darüber, dass ihr cremefarbenes Reisekleid viel zu gewöhnlich aussehen könnte. Nichts schmückte sie, weder königliche Gewänder noch Edelsteine. Jetzt beobachtete er, wie ihr schönes Gesicht härter wurde, als schien sie sich daran zu erinnern, dass es nicht das Äußere war, was eine Königin ausmachte.
Nein, es war etwas in den Augen, etwas in der Art, wie sie sich bewegte. Und Sophia hatte es. Bei Gott, sie hatte es.
Er hielt den Atem an, als sie Luft holte, die Hände auf das staubige Geländer stützte und den Blick entschlossen über die Menge gleiten ließ. Nichts an ihr verriet von der Angst, die sie vermutlich empfand.
Er fühlte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, Tränen der Liebe. Er blinzelte sie weg, ehe jemand sie entdecken konnte. Schließlich war er nur der Leibwächter. Aber als er sie so aus dieser Entfernung betrachtete, hätte er jedoch keine Vermutung darüber anstellen können, was sie jetzt sagen würde - und er bezweifelte, dass sie es selbst wusste.
Nur eines war klar: Der schicksalhafte Augenblick war gekommen, und jetzt lauschte er genauso gespannt wie die Menge, die zusammengekommen war, um sie zu sehen, ihre erste Ansprache zu hören.
„Volk von Kavros!“, rief sie lauter, als wohl sogar sie selbst es erwartet hatte. „Ich bin Sophia, die Tochter Konstantins!“
Die Leute verstummten bei diesen Worten und warteten auf das, was Ihre Hoheit ihnen mitzuteilen hatte.
„Vor vielen Jahren wurden wir voneinander getrennt. Ihr habt gelitten - ich weiß von dem Schmerz, der euch zugefügt worden ist. Ich habe als Kind aus der Ferne mit euch gefühlt. Ihr wisst, welche Verluste ich ertragen musste, und ich weiß von den euren. Unsere Feinde haben meinen Vater ermordet, euren König. Sie haben seinen Erstgeborenen ermordet, Prinz Giorgios. Und als mein Bruder, Prinz Kristos, seinen Platz hätte einnehmen sollen, haben sie auch ihn ermordet.“ Ihre ernsten Worte wurden hinausgetragen zu der Menge, während sie sie anblickte. „Als ich unsere britischen Freunde bat, mir den Thron zu überlassen, haben unsere Feinde versucht, auch mich zu vernichten. Aber sie sind gescheitert“, rief sie, so laut sie es vermochte.
Die Menge jubelte ihr zu, bewunderte sie für ihre Wildheit.
Gabriel erschauerte.
Die Leute blickten zu ihr hinauf und verstummten wieder, als sie die Hand hob. Etwas in ihrem Tonfall schien sie zu beeindrucken, als sie fortfuhr.
„Sie versuchen, uns auseinanderzubringen“, erklärte sie und strich sich das wehende Haar aus dem Gesicht. „Mein Volk, lasst das nicht zu. Wir sind ein Land. Eine Nation. Ich bitte euch“, begann sie und unterbrach sich dann. „Nein“, sagte sie, als spräche sie zu sich selbst, „ich befehle euch als eure rechtmäßige Königin, Frieden zu wahren, dem Gesetz zu gehorchen und aufzuhören, einander anzugreifen. Es wird Gerechtigkeit geben!“
Skeptisches Gemurmel erhob sich.
„Ihr müsst Geduld haben“, fuhr sie fort. „Habt ein wenig Vertrauen. Nun, da wir wieder vereint sind, kann unser Land heilen. Hilfe naht. Viele neue Ressourcen sind unterwegs von jenen, die ihre Unterstützung angeboten haben. Alles, um das ich euch bitte, ist eine Chance, euch zu beweisen, dass ihr meinem Wort vertrauen könnt. Und mit Hilfe eurer Gebete, nach allem, was ihr ertragen habt, werden wir endlich obsiegen“, versprach sie lautstark.
Als sie unter dem Jubel der Menge wieder hereinkam, zitterte sie und war totenbleich.
Gabriel sah sie erstaunt an.
Pater Nektarios besaß
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