Im Schloss aus Glut und Leidenschaft
Richtung entfernte.
Irgendwo hier muss ein Haus sein, überlegte sie.
Als er aus ihrer Sichtweite verschwand, ließ Sophia mit einem unbehaglichen Stirnrunzeln das Teleskop sinken und fragte sich, ob sie hier wirklich sicher war.
Genau wie sie schien der Mann wichtige Dinge im Kopf zu haben. Aber da er so mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, schien es ihr unwahrscheinlich, dass er in den alten, verlassenen Schuppen kommen würde.
Aber sollte sie das Risiko eingehen?
Die Alternative erschien ihr allerdings noch weniger verlockend. Sie wollte nicht auf die Straße hinausgehen, konnte es doch sein, dass es ihren Verfolgern gelungen war, bis hierher ihrer Spur zu folgen.
Sie biss sich auf die Unterlippe und blickte auf die Landschaft hinaus, während sie überlegte, was das kleinere Übel war.
Einen Augenblick später seufzte sie. Sie hatte beschlossen, in der Scheune zu bleiben. Die böswilligen Männer, die vorhin ihre Kutsche angegriffen hatten, wollten ihr offenbar ernsthaft schaden, während der einsame Fremde in der Kirche anscheinend von seinen privaten Dämonen in Anspruch genommen wurde.
Vermutlich würde er ihre Anwesenheit hier gar nicht bemerken, bis ihre Wachen sie fanden - und selbst wenn er das tat, gab es keinen Grund zu der Annahme, dass er eine Bedrohung darstellte. Er sah gefährlich aus, das schon, aber wenn er um diese Zeit in eine Kirche ging, auch wenn es eine verfallene war, um aus irgendeinem unbekannten
Grund Kerzen zu entzünden, dann wies das zumindest darauf hin, dass er ein Gewissen besaß. Und das war mehr, als sie von ihren unbekannten Feinden sagen konnte.
Unbekannt? Ein bitteres Gefühl stieg in ihr auf. Es sind Türken, dachte sie. Die Herrscher jener europäischen Länder, die sie sonst vielleicht verdächtigt hätte, waren von den beinahe zwanzig Kriegsjahren ebenso erschöpft wie die in England.
Plötzlich hörte sie hinter sich ein Geräusch.
Sophia fuhr herum, den Dolch hoch erhoben.
Mit wild klopfendem Herzen spähte sie in die Dunkelheit, sah aber niemanden. Dann bemerkte sie eine Bewegung neben dem Heuhaufen.
Was war das?
Sie lachte leise, senkte die Waffe und presste sich dann lächelnd eine Hand auf das Herz, während ihr Pulsschlag sich langsam beruhigte.
Kätzchen.
Kleine weiche Fellbällchen, neugeborene Scheunenkinder, offenbar auf einem großen nächtlichen Spaziergang unterwegs.
Die drei Kätzchen hatten ihren Beutel gefunden, bemerkte sie kopfschüttelnd. Eines war hineingekrochen, sodass nur noch der kleine Schwanz kerzengerade herausragte.
Der verschwand irgendwann einmal ganz, während der Inhalt ihres Sacks weiter durchsucht wurde. Sie lächelte wieder, als das Kätzchen herausgesprungen kam und sich auf seinen Bruder oder seine Schwester warf, das war nicht zu erkennen. Die beiden konnten sich nicht auf ihren Pfoten halten und landeten tollpatschig im Stroh.
Nun, die Vierbeiner waren nicht gerade die Schutzengel, die sie im Moment so gut gebrauchen konnte, aber wenigstens würden die Kätzchen sie unterhalten.
Sophia warf einen letzten Blick über die Schulter zu der einsamen Kirche, danach verdrängte sie den interessanten Fremden aus ihren Gedanken. Sie wollte sich mit den drei unternehmungslustigen kleinen Schelmen anfreunden, das lenkte sie auch ab von der Angst um ihre Freunde. Bestimmt ging es ihnen gut. Ihre griechische Leibwache war hervorragend ausgebildet. Dennoch breitete sich in ihr ein verspätetes Entsetzen aus, ein Nachgeschmack des nächtlichen Zusammenstoßes.
Natürlich hatte sie gewusst, dass sie eine Zielscheibe war. Sie hatte nur nicht erwartet, dass der Angriff so schnell kommen würde.
Als sie sich auf ihren Umhang setzte, neben die scheuen, herumtollenden Kätzchen, ging ihr die Frage durch den Kopf, wen sie eigentlich hatte täuschen wollen. Besser gesagt: Wie sie eigentlich darauf gekommen war, dass dieser Plan gelingen könnte, der Plan, den Thron zu beanspruchen, den ihr Vater verloren hatte. In diesen dunklen, einsamen Stunden nach den Geschehnissen auf der Landstraße konnte sie die Zweifel nicht abwehren, die sich ihrer bemächtigten. Wer war sie, um ein Land zu regieren? Nur ein Mädchen!
Am schlimmsten war, dass sie sich kaum an Kavros erinnern konnte. Sie war erst drei Jahre alt gewesen, als ihre Familie zur Flucht gezwungen war - obwohl sie noch immer die Kanonenschläge jener entsetzlichen Nacht hören konnte. Ja, sie war von
Weitere Kostenlose Bücher