Im Schloss der Traeume
beiseite. „Damiano gibt diese Abendgesellschaften häufig, um wichtige Besucher zu empfangen, die nach San Rinaldo kommen. Meistens sind sie sehr unterhaltsam, aber heute werde ich leider nicht lange bleiben können." Sie zwinkerte Carrie verschwörerisch zu. „Ich habe nämlich eine andere Verabredung."
Carrie wusste sofort, wovon Caterina sprach. Als sie gemeinsam Tee getrunken hatten, hatte Caterina ihr von dem wunderbaren Mann erzählt, in den sie sich verliebt hatte.
Carrie lächelte sie an. „Das freut mich für sie." Obwohl das der Wahrheit entsprach, verspürte sie plötzlich einen schmerzhaften Stich. Für sie standen leider keine amourösen Vergnügungen auf dem Programm.
„Offenbar geht es jetzt los."
Caterina blickte zu der hohen Flügeltür am anderen Ende des Raumes, die in diesem Moment von zwei Lakaien in goldenen Livreen geöffnet wurde.
„Nun werden wir alle paarweise in den Speisesaal defilieren'*, erklärte sie. „Sobald wir Platz genommen haben, werden Damiano und Sofia erscheinen. Übrigens werden Sie nach dem Essen mit Damiano sprechen ..."
Caterina verstummte und blickte sich um. „Ich muss jetzt zu dem finnischen Botschafter gehen. Er ist nämlich mein Begleiter für den heutigen Abend. Ah, da ist er ja." Sie winkte einem attraktiven blonden Mann zu. Dann drückte sie Carries Arm.
„Genießen Sie das Essen. Bis bald."
Daraufhin verschwand sie wieder in der Menge. Mittlerweile hatten die anderen Gäste begonnen, Paare zu bilden. Carrie stand ein wenig befangen da und fragte sich, was sie als nächstes tun sollte.
Ich habe keinen Begleiter, dachte sie in einem erneuten Anflug von Panik. Ich muss ganz allein da hineingehen!
. Im nächsten Moment jedoch berührte sie jemand am Arm, so dass sie zusammenzuckte. „Erlaube mir, dich zu deinem Platz zu begleiten."
Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Als sie herumwirbelte, schaute sie in Augen, die von dichten Wimpern gesäumt waren und die Farbe von Lapislazuli hatten.
Ihre Wangen brannten. „Was machst du hier?" stieß sie hervor.
„Ich bin gekommen, um dich zum Essen zu begleiten." Leone bot ihr seinen Arm an.
Als sie zögerte, nahm er ihren Arm und hakte sie bei sich unter, genau wie er es bereits einmal getan hatte. „Wir wollen die anderen nicht warten lassen."
Carrie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war völlig verwirrt und freute sich sogar darüber, ihn zu sehen. Also schwieg sie und ließ sich von ihm durch die Flügeltür in den herrlichen Speisesaal führen, der ganz in Purpurrot und Gold gehalten war.
Vor den hohen Fenstern waren üppige Seidenvorhänge drapiert, an der Decke hingen riesige funkelnde Kronleuchter und an den Wänden Gemälde von Rembrandt und Tizian, die von unschätzbarem Wert sein mußten. Beherrscht wurde der Raum jedoch von dem langen Mahagonitisch, der mit wunderschönem Castello-Porzellan, französischem Kristall und antikem englischen Silber gedeckt war. Als Carrie den Saal betrat, nahm sie allerdings kaum etwas anderes wahr als den Mann an ihrer Seite, der einen dunklen Anzug trug und dessen Nähe sie ganz schwach machte.
Nachdem er sie zu ihrem Platz geführt hatte, setzten sie sich. Carrie wagte es nicht, ihn anzusehen. Ihr schwirrte der Kopf, und sie fragte sich, was vor sich ging und warum Leone hier aufgetaucht war.
Sobald sie sich etwas beruhigt hatte, wandte sie sich ihm zu, ohne ihn jedoch direkt anzublicken.
„Warum tust du mir das an?" erkundigte sie sich angespannt. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nicht wiedersehen will."
„Ich konnte dich schließlich nicht allein essen lassen. Das wäre alles andere als ritterlich gewesen, zumal ich dafür verantwort lich bin, dass du heute abend hier bist."
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„Heißt das, du steckst dahinter?"
„Warum überrascht dich das?" Leone zog die dunklen Brauen hoch. „Hatte ich dir nicht versprochen, ein Treffen mit meinem Bruder zu arrangieren? Was ist los? Glaubst du, jeder ist so unbe ständig wie du?"
,
„Sehr witzig!"
Nun drehte sie sich zu ihm um und funkelte ihn wütend an. Wie konnte er bloß so verlogen sein! Überrascht stellte sie fest, dass er lächelte.
„Ich dachte mir, dass du darauf reagieren würdest", bemerkte er ruhig.
Allmählich wurde Carrie misstrauisch, denn für ihren Geschmack war er viel zu locker.
Es schien, als hätte ihr letzter Streit nie stattgefunden. Leone wirkte nicht im mindesten verbittert. Entweder hatte sie ihn nicht einmal in seiner Ehre gekränkt, oder irgend etwas
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