Im Schloss des spanischen Grafen
Lange wartete sie auf Alejandro, doch wo immer er sich duschte, es war nicht im ans Schlafzimmer angrenzenden Bad. Und wo immer er danach schlief … es war nicht im gemeinsamen Ehebett mit ihr.
Am nächsten Morgen jedoch benahm sich Alejandro, als wäre nie etwas Außergewöhnliches passiert. Es gab nicht das kleinste Anzeichen für seinen Exzess der letzten Nacht. Seine Erscheinung war makellos wie immer, er wirkte frisch und aufgeräumt und machte unbeschwert höfliche Konversation am Frühstückstisch. Er ließ Jemimas Wagen abholen, dann fuhr er zusammen mit ihr zum Flugplatz, um von dort mit dem Hubschrauber nach Hause zu fliegen.
Sobald der Hubschrauber landete, kam Alfie über den Rasen gerannt, um seine Eltern zu begrüßen. Alejandro hob seinen Sohn mit Schwung in die Luft und drückte ihn dann an sich. Die offene Zuneigungsbekundung rührte Jemimas Herz, während sie sich gleichzeitig danach sehnte, Alejandro würde ihr die gleiche Gunst zukommen lassen.
Warum waren Stolz und Perfektion so wichtig für Alejandro? Und wieso fiel es ihr so viel leichter, seine Schwächen zu akzeptieren, während er Probleme damit hatte, ihre ebenfalls anzuerkennen? Nun, sie war auf jeden Fall schon froh, dass er jetzt die Wahrheit über die angebliche Affäre kannte und sie ein ausgewogenes Gleichgewicht gefunden hatten. Auf mehr konnte Jemima im Moment wohl nicht hoffen.
Am nächsten Tag erfolgte ein weiterer Anruf ihres Vaters. Jemima schwamm mit Alejandro und Alfie im Pool, und sie entschuldigte sich, um den Anruf anzunehmen.
„Ein Mann kann doch wohl davon ausgehen, dass seine Tochter ihm unter die Arme greift, oder?“, hörte sie Stephen Greys jammernde Stimme durch die Leitung. „Ich bin noch nicht lange wieder draußen, und es sind schwere Zeiten …“
„Hast du versucht, Arbeit zu finden?“, fragte sie tonlos.
„So einfach ist das heute nicht mehr …“
„Als ob du es früher versucht hättest! Du bist noch nie einer ehrlichen Arbeit nachgegangen! Von mir hast du kein Geld zu erwarten.“
„Wie kannst du nur so egoistisch sein? Du hast einen reichen Mann geheiratet, du kannst dir ein bisschen Großzügigkeit erlauben. Ich weiß es, ich habe meine Hausaufgaben gemacht.“
„Ich lasse mich nicht für den Rest meines Lebens von dir erpressen. Ich sagte Nein. Von mir bekommst du keinen einzigen Euro mehr. Für sein Geld hat mein Mann hart arbeiten müssen. Und das bedeutet, dass ich kein Geld habe“, stellte sie nüchtern fest und legte auf.
Als Jemima jetzt daran dachte, wie sie sich vor nahezu drei Jahren von ihrem Vater hatte einschüchtern lassen, flammte die alte Scham in ihr wieder auf. Sie hatte ihrem Vater Geld gegeben, das Alejandro nicht hatte erübrigen können. Wenn sie sich allerdings vorstellte, dass ihr Vater seine Drohung wahr machen und an die Presse gehen würde, wurde ihr leicht übel. Der Skandal über den Hintergrund der Ehefrau des spanischen Grafen wäre mehr als peinlich für Alejandro und seine ganze Familie …
„Wer war das?“, war Alejandros erste Frage, als sie wieder zurück zu ihm und ihrem Sohn in den Swimmingpool kam.
„Ach, nur jemand von zu Hause.“ Sie gab sich Mühe, so lässig wie möglich zu erscheinen. „Nichts Wichtiges.“
Alejandros Blick blieb einen Moment länger als nötig auf ihrem Gesicht liegen, doch dankbarerweise sagte er nichts, sondern machte weiter mit dem Schwimmunterricht für Alfie. Jemima stützte sich auf den Beckenrand und sah den beiden bei dem vergnüglichen Unternehmen zu.
Das Wasser schwappte über ihre heiße Haut, sanft wie kühle Seide. Sie lenkte den Blick hinaus über das grüne Tal, weiter bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Berge. Ihre Ehe hatte wieder eine Zukunft, und die würde sie nicht kampflos aufgeben.
In den folgenden Tagen machte Alejandro sich von seiner Arbeit frei und verbrachte viel Zeit mit Jemima und Alfie. Er kehrte auch in das Ehebett zurück, aber er schlief nicht mit Jemima. Zweimal gingen sie zum Essen aus, und am zweiten Abend schenkte Alejandro seiner Frau einen atemberaubenden Diamantring, bevor sie sich auf den Weg zu dem Restaurant machten.
„Wofür ist der Ring?“, fragte sie beim Dinner, als das Licht sich glitzernd in den Facetten des Edelsteins fing. Eine solche Pracht musste ein Vermögen gekostet haben.
Alejandro runzelte die Stirn. „Du bist meine Frau. Es ist doch normal, wenn ich dir etwas schenken möchte.“
„Solange da nicht das schlechte Gewissen aus dir spricht.“ Sie
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