Im Schutz der Nacht
unausgesprochen. Falls er sie festhalten würde, falls seine Hände ihren Körper berühren sollten, würde es nicht beim Halten bleiben, mutmaßte sie. Er war ein Mann, und er begehrte sie. Ein köstlicher Schauer durchlief ihren Körper, als sie diese erstaunliche Tatsache begriff. Er war vielleicht schüchtern ... nein, da war sie nicht mehr sicher, denn ein schüchterner Mann hätte sich bestimmt nicht wie er vor allen anderen umgezogen. Er war eindeutig umsichtig, sonst hätte er ihr nicht von Anfang an den Rücken zugedreht. Sie waren umgeben von ihren Nachbarn, und auch wenn ihnen das Arrangement aus Kartons und einem Vorhang etwas Privatsphäre verschaffte, reichte es eindeutig nicht für ein heimliches Techtelmechtel. Ihre Füße ragten aus ihrem Unterschlupf heraus, und falls Cal plötzlich hinter ihr liegen sollte, würden die Spekulationen sprießen, das war ihr bewusst. Andere im Keller waren ebenfalls wach und bekamen jedes Rascheln, jedes Murmeln mit.
Sex in der Öffentlichkeit, oder auch nur im größeren Kreis, war definitiv nicht ihr Ding, weshalb sie seine Umsicht zu schätzen wusste. Sie wollte ihn in ihrem Rücken spüren, wollte seine Arme um sich haben, aber ihr war bewusst, dass seine Hände in diesem Fall garantiert unter ihren Pyjamabund streunen würden.
Ihre Nervenenden begannen ekstatisch zu sprühen, und ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, stieß ihr Unterleib zuckend gegen seinen Hintern. O Gott, sie verzehrte sich danach, ihn zu berühren, seine langen Finger in ihrem Geschlecht zu spüren, sie hungerte so sehr danach, dass sie ein leises Wimmern unterdrücken musste.
Er fasste erneut nach hinten und tätschelte zärtlich ihren Hintern.
Die Qualen der Begierde schlugen augenblicklich in ein unterdrücktes Lachen um. Er konnte unmöglich wissen, was sie dachte, was sie gefühlt hatte, dennoch schien dieses zärtliche Tätscheln sie beinahe zu trösten: »Etwas Geduld. Wir kommen schon noch dazu.«
Dann fiel ihr das verräterische Zucken wieder ein, und ihre Wangen begannen zu glühen. Vielleicht wusste er ja doch Bescheid. Ein Glücksgefühl erblühte in ihr, und sie schlummerte lächelnd wieder ein.
Goss beobachtete, wie der Himmel im Osten allmählich heller wurde. Er war übernächtigt, aber kein bisschen schläfrig; er vermutete, dass ihn das Schlafbedürfnis irgendwann einholen würde.
Die vergangene Nacht war verflucht eindrucksvoll und intensiv gewesen. Diese Jungs waren Killermaschinen. Jeder von ihnen gab einen feuchten Furz darauf, ob jemand sterben musste oder überlebte. Er sah es in ihren Augen, und er erkannte den Blick wieder, weil es derselbe war, der ihm jedes Mal entgegenschlug, wenn er in den Spiegel sah.
Teague hatte gestern Nacht ziemlich übel ausgesehen, aber er konnte noch stehen, folglich hatte die Verletzung schlimmer ausgesehen, als sie war. Goss interessierte vor allem die Flinte; auch Toxtel hatte diese Bemerkung aufhorchen lassen. Teague war überzeugt, dass dieser Creed auf ihn geschossen hatte, aber er hatte ihn nicht gesehen, weshalb das letztendlich nur eine Vermutung war, und Goss’ Instinkt sagte ihm, dass Teague mit dieser Vermutung falsch lag.
Angeblich war dieser Creed ziemlich gewieft, aber Teague hatte zugegeben, dass er nichts über den Hilfshandwerker wusste und darum auch nicht sagen konnte, wie gut er war. Hingegen hatten Goss und Toxtel bereits Bekanntschaft mit dem Arschloch gemacht. Goss kannte seine Grenzen, er wusste, dass er kein Naturbursche war, aber gleichzeitig war er gut in seinem Job und hatte verflucht gute Ohren. Niemand - niemand - hatte sich bisher erfolgreich von hinten an ihn angeschlichen, schon gar nicht, wenn er im Einsatz und hochkonzentriert war. Trotzdem hatte ihn dieser verfluchte Handwerkerheini überwältigt. Goss konnte sich an nichts erinnern, nicht an das kleinste Geräusch, an keine Vorwarnung, nicht einmal an einen Luftzug; es war, als hätte ihn ein Gespenst attackiert.
Toxtel war genauso überrannt worden. Na gut, er war mit den beiden Frauen beschäftigt gewesen, aber sein Instinkt war nicht weniger scharf als der von Goss. Er hatte nicht gehört, wie der Handwerkerheini eine knarrende alte Treppe heraufgestiegen war, er hatte sich einfach umgedreht und in die Mündung einer Flinte geblickt. In einem ganz untoxtelschen Eingeständnis hatte er erklärt: »Du bist ein eiskalter Bastard, Goss, aber gegen diesen Typ ... gegen diesen Typ siehst du aus wie der Osterhase.«
Eine Flinte ... ein
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