Im Schutz der Nacht
hatte, hatten ihr auch geholfen, sich abzulenken. Nebenbei bemerkt hatte sie viele dieser frühen Versuche als ungenießbar eingestuft und weggeworfen.
»Als ich deinen Dad heiratete und ihr Kinder noch klein wart, habe ich jeden Abend gekocht. Wir hatten nicht genug Geld, um ins Restaurant zu gehen; für uns war schon ein Hamburger aus einem Fastfood-Restaurant ein Luxus. Aber inzwischen koche ich kaum noch, und ich kann nicht behaupten, dass ich es vermisse.«
Cate sah ihre Mutter nachdenklich an. »Aber du servierst immer noch diese riesigen Mahlzeiten zu Thanksgiving und Weihnachten, und du hast unsere Geburtstagskuchen immer selbst gebacken.«
Sheila zuckte mit den Achseln. »Tradition, Familie; du weißt, wie der Hase läuft. Ich finde es wunderschön, wenn alle Zusammenkommen, aber um ehrlich zu sein, könnten wir meinetwegen auf das Essen verzichten.«
»Wie wäre es, wenn ich bei unseren Familienfesten das Kochen übernehme? Ich mache das gern, während du mit Dad zusammen die Jungs ablenken könntest.«
Sheilas Augen leuchteten auf. »Und das würde dich bestimmt nicht stören?«
»Stören?« Cate sah sie an, als würde sie an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln. »Für mich bringt das nur Vorteile. Den beiden fällt jeden Tag eine neue Dummheit ein.«
»Es sind eben Jungs. Du warst auch nicht ohne, aber dein Bruder hat mich in seinen ersten zehn Jahren ergrauen lassen, so wie damals, als er in seinem Zimmer eine >Bombe< zündete.«
Cate lachte. Patrick war der Auffassung gewesen, dass gewöhnliche Böller nicht laut oder kräftig genug explodierten, und hatte deshalb einmal am Nationalfeiertag über hundert davon eingesammelt. Mit einem aus der Küche stibitzten Messer hatte er jeden einzelnen Böller aufgeschlitzt und das ganze Schwarzpulver auf ein Küchentuch gekippt. Als er das ganze Schwarzpulver gesammelt hatte, hatte er sich eine leere Blechdose geben lassen, die Sheila ihm fröhlich überlassen hatte, weil sie glaubte, er wolle ein »Dosentelefon« basteln.
Er hatte von den alten Vorderladergewehren gelesen und sich vorgenommen, seine Bombe nach dem gleichen Prinzip zusammenzustellen, nur dass er nicht genau gewusst hatte, was wohin gehörte. Also hatte er die Dose mit Toilettenpapier, Splitt und Schwarzpulver vollgestopft und anschließend eine Schnur zusammengezwirbelt, die er mit medizinischem Alkohol getränkt hatte, um sie zur Zündschnur umzufunktionieren. Damit der Boden keine Brandflecken abbekam, hatte er seine Bombe auf ein Backblech gestellt und zur Krönung sein altes, rundes Aquarium darübergestülpt, wobei die eine Seite leicht angehoben war, damit die Lunte darunter hindurchlaufen konnte. Seinen Planungen zufolge sollte das Aquarium alles Zu sammenhalten, sodass er Lärm und Blitz genießen konnte, ohne hinterher aufräumen zu müssen.
Weit gefehlt.
Zum Glück war Patrick wenigstens klug genug gewesen, hinter seinem Bett in Deckung zu gehen, nachdem er die Lunte gezündet hatte.
Mit einem lauten Knall explodierte das Aquarium, Glas und Splittsteinchen schossen quer durchs Zimmer. Das Toilettenpapierknäuel fing Feuer und löste sich in winzige brennende Fetzen auf, die auf das Bett, den Teppich und sogar in Patricks offen stehenden Schrank segelten. Als seine Eltern ins Zimmer stürmten, war Patrick bereits damit beschäftigt, die Funken auf dem Teppichboden auszustampfen und die nette kleine Flamme auf seiner Tagesdecke zu löschen, indem er immer wieder darauf spuckte.
Damals hatten sie das gar nicht komisch gefunden, aber jetzt mussten Cate und Sheila laut lachen, als sie sich ansahen.
»Ich fürchte, auf so was muss ich mich auch gefasst machen«, sagte Cate, hin und her gerissen zwischen Erheiterung und Entsetzen. »Und zwar gleich doppelt.«
»Vielleicht auch nicht.« Sheila klang nicht wirklich überzeugt. »Aber falls es auch nur einen Funken Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt, wird Patrick vier Kinder bekommen, die genauso sind wie er. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass er mich irgendwann tief in der Nacht anruft, weil seine Kinder irgendwas Grauenhaftes angestellt haben, und mich schluchzend in tiefster Reue um Verzeihung bittet.«
»Aber dann muss Andie auch leiden.«
»Also, ich liebe Andie wirklich, aber hier geht es um Gerechtigkeit. Falls sie auch leiden muss, hält mein Gewissen das schon aus.«
Cate lachte schnaubend, während sie die Muffin-Formen mit fettfreiem Butterspray aussprühte und anschließend den Teig hineingab. Sie bewunderte
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