Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
geschehen war und warum.
Als Irene und Jonny zum Dezernat zurückkamen, wartete Fredrik Stridh bereits auf sie.
»Hallo! Das Dezernat bereits wach?«, begrüßte ihn Jonny grinsend.
»Allzeit bereit!«, erwiderte Fredrik und salutierte.
»Geht es um unseren flambierten Freund aus der Kolgruvegatan?«, fuhr Jonny fort.
»Nein. Um den Autosprengsatz vor dem Glady’s. Die Spurensicherung hat vor einer Weile angerufen. Eine Bombe der gleichen Machart tötete letztes Jahr Soran Siljac.«
Irene zuckte zusammen. Soran Siljac und Krister hatten sich gekannt. Der umtriebige Flüchtling aus dem ehemaligen Jugoslawien hatte einige Jahre in der Küche des Glady’s und dann in anderen Restaurants in Göteborg gearbeitet. Zwei Jahre zuvor hatte er ein Lokal in Vasastan gekauft. Ein knappes Jahr später war er in seinem neuen Volvo V70 in die Luft gesprengt worden.
Als einziges Motiv hatte die Ermittlung ergeben, dass Soran Siljac bedrängt worden war, Schutzgeld zu zahlen, damit weder ihm noch seinem Lokal etwas Unbehagliches zustieß. Einem anonymen Zeugen zufolge hatte Soran Siljac die Erpresser zum Teufel gewünscht und nicht bezahlt. Die Polizei wusste, dass eine der Rockerbanden hinter der Erpressung stecken musste, hatte aber nie mit Sicherheit sagen können, welche. Sowohl die Gangster Lions als auch der Gothia MC beanspruchten das Gebiet, in dem das Lokal lag, als ihr Revier.
»Dieselbe Art von Sprengsatz … interessant«, sagte Jonny und warf Irene einen Blick zu.
Diese sagte nichts, sondern versuchte, sich den Anschein zu geben, als sei die Information über den Autosprengsatz nicht weiter bemerkenswert. In ihrem Kopf überschlugen sich jedoch die Gedanken. Warum hatte eine der Rockerbanden einen Sprengsatz unter ihr Auto montiert? Kannte Krister die Antwort auf diese Frage? Oder hatte das alles wirklich nichts mit ihm zu tun? War das Ganze ein Irrtum? Worauf wollte Jonny eigentlich hinaus?
»Das bedeutet, dass wir, was den Fall des Auto sprengsatzes betrifft, ebenfalls zusammenarbeiten werden. Habt ihr schon mit Krister gesprochen?«, fragte Fredrik.
Jonny nickte und referierte das Gespräch in groben Zügen. Anschließend schwieg Fredrik eine Weile und dachte über das soeben Gehörte nach.
»Du hattest also das Gefühl, dass Krister mehr wusste, als er preisgeben wollte?«, sagte er schließlich.
Obwohl die Frage an Jonny gerichtet war, sah er Irene an. Ihr Mund war wie ausgetrocknet, als Jonny ebenfalls in ihre Richtung schaute.
»Ich glaube nicht, dass Krister etwas weiß. Er befindet sich in einem Schockzustand. Ich werde wieder mit ihm reden … später«, antwortete sie schwach.
»Es ist vielleicht besser, wenn jemand anderes die Vernehmung durchführt«, meinte Fredrik mit gerunzelter Stirn.
»Nein. Das erledige ich. Es ist einfacher, wenn ich das mache. Dann könnt ihr euch um alle anderen Ermittlungen kümmern«, erwiderte sie rasch und versuchte, sich zu einem munteren Lächeln zu zwingen.
»Okay«, meinte Fredrik und nickte.
Er wandte sich erneut an Jonny.
»Wir müssen uns mit diesem Jan-Erik unterhalten«, sagte er.
»Er und seine Freundin sind gestern abgereist, aber ich kann ihre Adresse herausfinden«, warf Irene rasch ein.
Sie war erleichtert, dass es nicht mehr um Krister ging, sondern um den ehemaligen Besitzer des Glady’s. Außerdem war es bestimmt nicht weiter schwierig, Jan-Eriks neue Adresse in Erfahrung zu bringen. Krister würde sich sicher auch an den Nachnamen des englischen Hotelbesitzers Steven erinnern. Und wie viele Hotels konnte es schon in Puerto Pollensa geben?
Es zeigte sich, dass es eine Unmenge kleinerer Hotels in der Kleinstadt an der Nordküste Mallorcas gab. Eines befand sich im Besitz eines Steven Williams. Als ihn Irene endlich am Telefon hatte und ihn fragte, wie sie Jan-Erik Månsson erreichen könne, wirkte der Engländer sehr erstaunt. Er habe seinen alten Freund und Kollegen seit dem Sommer des Vorjahres nicht mehr getroffen. Da habe ihn Jan-Erik im Juni eine Woche lang besucht. Anschließend hätten sie sich noch Weihnachtskarten und ein paar Mails geschrieben. Er wisse nichts davon, dass Jan-Erik Månsson und seine Freundin Puerto Pollensa besuchen wollten, und noch viel weniger davon, dass sie planten, in seinem Hotel zu arbeiten. So etwas sei nie im Gespräch gewesen.
Nachdem Irene aufgelegt hatte, versuchte sie, müde wie sie war, diese neuen Informationen zu verarbeiten. Stimmte es, dass sich das Paar gar nicht auf Mallorca aufhielt? Und
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