Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
hatte mit Ritva Ekholms Versicherung telefoniert. Diese hatte das Gemälde auf die Liste gestohlener Kunstwerke gesetzt, damit es nicht auf dem offenen Markt verkauft werden konnte.
»Leute sind schon für weniger ermordet worden«, stellte Ann trocken fest.
»Aber warum ausgerechnet jetzt? Die Gemälde hingen schon seit Jahren dort! Aber als Ekholm Zeugin eines Verbrechens wird, geschieht es. Ich glaube nicht, dass es um das Gemälde ging. Wenn das tatsächlich Kunstdiebe gewesen sein sollten, dann hät ten sie gleich alle vier Gemälde mitgenommen«, wandte Irene ein.
Sie sah Ann Wennberg scharf an, die nur leicht mit den Achseln zuckte und nichts erwiderte. Da es ein warmer Tag war, hatte Ann ihre Jacke ausgezogen. Darunter trug sie eine kurzärmelige weiße Bluse. Ihre Arme waren muskulös, und am Handgelenk war eine schmale Tätowierung in Form einer Kette zu sehen. Nicht gerade das, was man von einer Chefsekretärin erwartet, aber ganz hübsch, dachte Irene.
»Nichts deutet darauf hin, dass die Tür aufgebrochen wurde. Das bedeutet, dass Ekholm den Gewalttäter, vielleicht waren es auch mehrere, selbst in die Wohnung gelassen haben muss«, entschied Tommy.
Irene erinnerte sich an eine Einzelheit von ihrer Unterhaltung mit Ritva Ekholm am Vorabend.
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte sie.
Die anderen schwiegen, während sie über das nachdachte, was eben in ihrem Gedächtnis aufgetaucht war.
»Bevor ich sie gestern verlassen habe, sprach Ekholm davon, dass sie noch einkaufen müsse. Wenn wir davon ausgehen, dass sie dann später noch einmal die Wohnung verließ, so könnte ihr jemand aufgelauert haben. Er könnte sie bedroht und sich so Zugang zu der Wohnung verschafft haben. Dort ist sie dann schwer misshandelt worden. Anschließend wurde das Gemälde gestohlen. Aber ich glaube nicht, dass es um das Bild geht. Damit will man uns in die Irre führen.«
Einige am Tisch nickten zustimmend.
»Wir müssen abwarten, bis Ritva Ekholm wieder zu sich kommt, abwarten, was sie selbst sagt«, beschloss Tommy Persson.
Er wandte sich an Jonny Blom und fragte:
»Irgendwas Neues über Jan-Erik Månsson?«
»Nichts. Der Typ ist wie vom Erdboden ver schluckt. Und sein Auto ebenfalls«, antwortete Jonny.
Nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, seufzte der Kommissar und sagte:
»Wir haben ihn schließlich zur Fahndung ausgeschrieben. Früher oder später muss er auftauchen.«
Irene spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Etwas hatte Janne daran gehindert, aus dem Land zu flüchten. Wahrscheinlich versteckte er sich irgendwo. Wenn er Angst um sein Leben hatte, dann konnte es dauern, bis sie ihn aufspürten. Der Druck auf Krister würde zunehmen. Nur Janne kannte die Wahrheit darüber, was geschehen war, als er selbst noch Besitzer des Glady’s war. Wenn es nur um seine Spielschulden gegangen wäre, dann hätte man doch wohl kaum einen Bombenanschlag auf das Auto seines Nachfolgers verübt? Sie spürte, dass dies ein bedeutsamer Gedanke war, und allmählich gelangte sie zu einer überzeugenden Einsicht: Es ging um das Restaurant, und es war die ganze Zeit um das Restaurant gegangen. Aber wusste Krister etwas darüber? Er schien sehr unter Druck zu stehen und verwirrt zu sein. Wer wäre das in seiner Situation nicht?
»Hallo! Erde an Irene Huss!«
Sie zuckte zusammen, als sie Fredriks Stimme hörte. Schuldbewusst murmelte sie:
»Mir fiel gerade etwas ein …«
»Etwas, wovon wir anderen auch profitieren könnten?«, fragte Tommy.
»Ich muss noch etwas weiter darüber nachdenken.«
Irene zwang sich zu einem Lächeln, um die anderen davon zu überzeugen, dass es nichts Wichtiges war.
»Also, wie ich soeben sagte, haben wir zwei von den Typen identifiziert, die du auf den Überwachungsvideos gefunden hast. Glücklicherweise einen in jedem Auto«, fuhr Fredrik fort.
Er tippte leicht auf die Tastatur seines Laptops, der vor ihm auf dem Tisch stand. Ein vergrößertes und bearbeitetes Foto tauchte auf der Wand auf. Der Mann mit den Tätowierungen im Gesicht und dem dünnen Pferdeschwanz im Profil. Der vermutliche Bombenleger. Irene spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte.
»Das Auto, in dem die Typen saßen, ist ein Audi A4 älteren Modells mit Schiebedach. Drei derartige Autos wurden als gestohlen gemeldet, aber keines mit diesem Kennzeichen. Ich habe das Kennzeichen überprüft. Es gehört eigentlich zu einem Volvo. Es könnte also eines der gestohlenen Fahrzeuge sein, das wir auf dem Bild sehen,
Weitere Kostenlose Bücher