Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
dieser Annahme?«, wollte der Kommissar wissen.
»Wir wissen, dass die Gangster Lions und der Gothia MC schon lange verfeindet sind. Sie haben sich früher schon geprügelt. Aber der Mord an Patrik Karlsson kommt mir so … persönlich vor. Die Rocker erschießen sich in der Regel gegenseitig. Oder sie schlitzen sich auf. Aber jemanden anzuzünden …«
Sara verstummte und schaute auf die Wand, an der Fotos von Patriks verkohlter Leiche hingen.
»Ich wollte gerade sagen, dass das ganz typisch für die Gangster Lions ist. Sie sind extrem gefährlich und schwer vorhersehbar. Oft stehen sie auch unter Drogen. Nein, es wundert mich nicht, dass sie Patrik Karlsson angezündet haben«, sagte Ann mit Nachdruck.
Der Kommissar sah sie aufmerksam an.
»Und der Gothia MC ? Warum haben die dann Kristers und Irenes Auto in die Luft gesprengt?«, fragte er.
Ann schwieg einen Augenblick und sagte dann:
»Keine Ahnung. Falls sie es wirklich waren. Wir haben nur Ritva Ekholms Aussage, dass Brännström wirklich durch die Toreinfahrt auf den Hinterhof des Glady’s ging. Es war auch sie, die uns den Zeitpunkt genannt hat. Sonst gibt es keine Zeugen dafür.«
Tommy runzelte leicht die Stirn und sah sie nachdenklich an.
»Du meinst, dass es vielleicht gar nicht der Gothia MC und Brännström sind, die hinter der Bombe stecken?«
Ann fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und trank einen Schluck von ihrem kalten Kaffee.
»Natürlich könnte dem so sein. Aber wir sollten uns nicht in diese Theorie verrennen. Es könnte sich auch hier um die Gangster Lions handeln. Sie zählen diesen Teil der Avenyn schon lange zu ihrem Revier.«
Sie diskutierten noch eine Weile, wie sie weiter ermitteln sollten, und wollten die Sitzung gerade aufheben, als die Gegensprechanlage, die mitten auf dem Tisch stand, piepste:
»Hallo. Lennart Lundstedt hätte gerne Tommy Persson gesprochen. Er sagt, es eilt«, ließ sich eine Frauenstimme vernehmen.
Lennart Lundstedt war der Chef der Göteborger Einsatzpolizei.
»Stellen Sie ihn durch«, sagte Tommy.
Er beugte sich zu dem Gerät vor, um besser hören zu können, was sein alter Freund und Kollege zu sagen hatte.
»Hallo. Wir haben mit größter Sicherheit den ge suchten Jan-Erik Månsson gefunden«, ließ sich die Stimme des Chefs der Einsatzpolizei aus der Gegensprechanlage vernehmen.
»Gut! Hat er was gesagt?«, fragte Tommy.
Es dauerte ein paar Sekunden, dann sagte Lundstedt:
»Dieser Mann schweigt schon seit Tagen.«
Pilzsammler hatten das ausgebrannte Auto gefunden. Es stand in einem dichten Gebüsch hinter einem großen Felsen. Einige Bäume waren ebenfalls angekohlt, aber das Feuer hatte sich nicht ausgebreitet. Als die Sammler auf das Auto zugingen, sahen sie, dass niemand darin saß. Aber sofort war ihnen der Gestank aus dem Kofferraum aufgefallen. Da sie genügend Krimis im Fernsehen gesehen hatten, ahnten sie, was sich dort verbarg. Ohne den Kofferraum zu öffnen, hatten sie die Polizei alarmiert.
Der Fundort lag am Ende eines schmalen Forstweges, der in Richtung Landvettersjön führte. Die Gegend war unbebaut und öde. Trotzdem hatten sich die Täter darum bemüht, dass das Auto nicht zu schnell gefunden werden würde. Sie hatten es hinter einem großen Felsen geparkt, der von dichter Vegetation umgeben war.
Der Leiche im Kofferraum hatten die Flammen nicht viel anhaben können, obwohl sie trotzdem einen schrecklichen Anblick darstellte. Dass man sofort den Verdacht hatte, dass es sich um Jan-Erik Månsson handeln könnte, beruhte darauf, dass das hintere Kennzeichen unbeschädigt in einigem Abstand von dem Autowrack lag. Es war das Kennzeichen von Månssons gesuchtem Mégane.
Bereits bei seinem Auffinden war die Todesursache deutlich zu erkennen gewesen: Jemand hatte Jan-Erik Månsson zweimal in den Kopf geschossen.
»Hinrichtung«, konstatierte Jonny und betrachtete düster die Leiche im Kofferraum.
Irene hatte in ihrer Zeit bei der Polizei viele Tote gesehen, aber seit ihren ersten Fällen nie mehr eine solche Übelkeit empfunden. Mit dem Mann, der jetzt nur noch eine verwesende Leiche im Kofferraum eines Autowracks war, hatten Krister und sie noch vor knapp sechs Wochen zu Abend gegessen und sich über die letzten Details der Restaurantübernahme geeinigt. Diese Typen meinten es wirklich ernst. Es ließ sich nicht länger hinauszögern. Sie musste Krister dazu bringen, alles zu sagen, was er wusste. Das allerdings musste noch bis zum Abend warten, denn im
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