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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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würde.
    »Ich kann leider nicht. Familiäre Gründe«, sagte Jonny mit Nachdruck.
    »Dann haben wir immerhin zwei Leute mehr. Ich bin auch dabei. Gut, mal wieder an die Front zu kommen«, sagte Kommissar Bratt enthusiastisch.
    Direkt nach der Besprechung fuhr Irene mit einem Dienstwagen nach Hause nach Guldheden, um für den Einsatz am Abend ihre Uniform zu holen. Als sie die Hose anprobierte, die sie seit einigen Jahren nicht mehr getragen hatte, bestätigte sich ihr Verdacht. Sie saß an Taille und Oberschenkeln sehr knapp. Sie hatte ein paar Kilo zugenommen, und zwar an ein und derselben Stelle. Ärgerlich!
    Krister sollte das Geld erst am Abend übergeben, und der Gothia MC hatte vermutlich noch keinen Verdacht geschöpft, doch sicherheitshalber goss Irene die Topfpflanzen besonders gründlich. Sie warf einen letzten Blick in den Kühlschrank, um auszuschließen, dass dort im Laufe der nächsten Woche etwas verderben konnte.
    Auch den Anruf im Glady’s erledigte Irene von zu Hause aus. Wie erwartet, nahm der Oberkellner die Mitteilung, dass das Restaurant eine Woche lang geschlossen bleiben müsse, mit Bestürzung entgegen. Aber als Irene erklärte, dass angesichts Jan-Erik Månssons Ermordung und des Sprengstoffanschlags die Gefahr eines weiteren Anschlags bestehe, protestierte er nicht weiter und versprach, allen Gästen abzusagen, die in der nächsten Woche einen Tisch reserviert hatten.
    Bevor Irene die Wohnung verließ, sah sie sich noch einmal gründlich um. Die Renovierung war wirk lich gelungen. Alles frisch lackiert und tapeziert, und einige neue Möbel hatten sie auch gekauft. Trotzdem war es immer noch so gemütlich wie früher. Hier gefiel es ihr, und hier wollte sie wohnen bleiben. Keine Gangster dieser Welt würden sie zu einem Auszug zwingen! Energisch zog sie die Tür zu und schloss ab. Aber das Herz wurde ihr schwer, weil sie nicht wusste, wann sie nach Hause zurückkehren konnte.

E in kräftiger Regenguss hatte soeben aufgehört. Der nasse Asphalt reflektierte das Blaulicht der zwei Streifenwagen am Straßenrand. Kommissar Stefan Bratt saß in dem einen, Irene, Sara Persson, Fredrik Stridh und Ann Wennberg in dem anderen. Die beiden Kollegen von der Ordnungspolizei, die mit dem Kommissar gekommen waren, flankierten das prächtige Tor des Tagungshotels. Sie überprüften die Ausweise aller Autoinsassen, die auf das Gelände fahren und neben dem Hotel parken wollten. Der Kommissar hielt sich im Hintergrund und beobachtete aufmerksam die Eintreffenden. Als Leiter des Dezernats für schwere organisierte Kriminalität kannte er die meis ten. Außerdem nutzte er die Gelegenheit, sich die Gesichter der Jüngeren einzuprägen. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie ihm bei seiner täglichen Arbeit wieder begegneten.
    Durchs Seitenfenster blickte Irene auf festlich gekleidete Menschen in der großen Lobby des Hotels. Sie erkannte etliche Gesichter in der Menge. Ehe sie am Vorabend auseinandergegangen waren, hatte ihnen Stefan Bratt Fotos gezeigt. Darauf zu sehen: Lions-Mitglieder mit jungen, leicht bekleideten Mädchen, bei welchen es sich laut Bratt weder um Ehefrauen noch um Freundinnen der Gangster handelte. Die Aufnahmen waren im Umfeld einer Feier anlässlich der Entlassung einiger Lions-Mitglieder aus dem Gefängnis entstanden.
    Das Hotel lag in einem Park, der auffallend langgestreckt und schmal war. Stefan Bratt hatte kundig berichtet, dass der schlossähnliche Gutshof auf einem sechs Hektar großen Grundstück stand, das früher genau zwischen zwei größeren Besitztümern gelegen hatte. Dem Grund der Kirche auf der einen und dem Land einer adligen Familie auf der anderen Seite. Ein reicher Kaufmann hatte das Krämerschloss, wie es im Volksmund genannt wurde, um 1880 erbaut. Und weil das damalige Familienoberhaupt der Adelsfamilie sich weigerte, dem »Emporkömmling und Krämer« auch nur einen Quadratmeter von seinem Land abzutreten, ließ der Kaufmann eine hohe Mauer um seinen Park errichten, um die Distanz zu seinem Nachbarn deutlich zu machen, so die Geschichte.
    Die gediegene Mauer aus Bohusläner Granit stand immer noch genau so solide wie an dem Tag, an dem sie errichtet worden war. Nur vom Tor aus hatte man freien Blick auf das Krämerschloss. Nach Bratts Unterweisung wussten Irene und ihre Kollegen, dass es zwei Pforten in der Mauer gab, beide allerdings an den Längsseiten des Grundstücks. Betrat man den Park durch diese Tore, bot sich einem die Rückansicht des

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