Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

sie laufen lassen.«
    »Wer ist Fendi Göks?«, fragte Irene, die den Namen noch nie gehört hatte.
    »Laut Kazan ist Fendi sein Cousin, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Er ist gerade achtzehn geworden und ist im Besitz eines nagelneuen Führerscheins. Ein paar kleinere Vorstrafen, nichts Ernstes. Beide wohnen noch bei den Eltern in Gunnared«, sagte Fredrik.
    »Danke für diese Informationen, Fredrik, und dafür, dass du diese Vernehmung übernommen hast. Ein paar von unseren Leuten sind ja immer noch im Urlaub, aber am Montag sind wir wieder vollzählig«, sagte Tommy.
    Kommissar Bratt beugte sich vor und griff diesen Faden rasch auf:
    »Apropos vollzählig. Wir haben auch zu wenig Leute. Heute Abend sollten wir eine Veranstaltung überwachen. Der Boss der Gangster Lions Danni Mara feiert seinen Vierzigsten. Das Ganze steigt in einem Tagungshotel in der Nähe von Sävedalen. Danni und sein Bruder sind Inhaber einer Immobilienfirma, die wiederum dieses Hotel besitzt. Diese Typen sind auf Firmen abseits ihrer kriminellen Kreise angewiesen, da wird Schwarzgeld gewaschen.«
    Er lehnte sich zurück und lächelte vielsagend.
    »Der Mafiakönig hält Hof. Interessant«, meinte Jonny Blom.
    »Ja. Wir werden dort einen Großteil der Banden mitglieder zu Gesicht bekommen. Alle, die nicht steckbrieflich gesucht werden oder gerade einsitzen«, meinte Bratt und lächelte noch breiter.
    Er wurde jedoch schnell wieder ernst und nickte in Richtung des Fotos von Andreas Brännström und seinem Begleiter in dem schwarzen Audi, das immer noch an die Wand projiziert war.
    »Wir haben aber noch weitere Informationen erhalten und zwar aus verschiedenen Quellen. Es heißt, ein neuer Krieg zwischen dem Gothia MC und den Gangster Lions stehe bevor. Offensichtlich planen die Rocker des Gothia MC, den Mord an Patrik Karlsson zu rächen. Und was wäre da passender, als die Rivalen Gangster Lions beim Feiern und gewissermaßen mit eingezogenen Krallen zu erwischen.«
    »Eingezogene Krallen … besoffen und zugedröhnt, meinst du wohl. Verdammter Aufwand, diesen Ab schaum zu observieren. Kostet einen Haufen Geld und jede Menge Überstunden. Können wir das nicht einfach ignorieren? Dann klären die das unter sich. Kostensparend … eine Selbstsanierung sozusagen«, meinte Jonny grinsend.
    Stefan Bratt zog leicht die Brauen hoch. Tommy Persson warf seinem vorlauten Inspektor einen finsteren Blick zu, aber Jonny ließ sich davon nicht beirren. Erstaunt sah Irene, dass Ann Wennberg ihn anlächelte. Fand sie diesen Clown wirklich lustig? Oder war das ein überlegenes Lächeln, mit dem sie einen unfähigen Inspektor bedachte?
    Stefan Bratt dachte einen Augenblick nach und sagte dann in Jonnys Richtung:
    »Göteborg wird von den Rockerbanden mittlerweile regelrecht unterwandert. Politiker und Beamte werden entweder bestochen oder bedroht. Wer sich nicht bestechen lässt, mit dem wird kurzer Prozess gemacht. Das Ganze hat Methode. Auch unbeteiligte Mitbürger werden zu Opfern. Es geht um Macht und Geld. Diese Mafia kontrolliert heute nicht mehr nur Rauschgifthandel, Prostitution und Menschenhandel, sie hat natürlich auch bei den Schutzgelderpressungen der illegalen Spielclubs die Hand im Spiel sowie bei allen möglichen anderen Läden, die innerhalb gewisser Grauzonen angesiedelt sind, wie zum Beispiel im Bau- und Restaurantwesen. Die Mafia stellt mittlerweile eine Wirtschaftsmacht dar, und das hat Auswirkungen auf uns alle. Und jetzt steht uns also ein neuer Rockerkrieg bevor, der die Machtverteilung dieser lukrativen Interessenssphären neu regeln könnte. Es ist unsere Aufgabe einzugreifen und nicht tatenlos zuzusehen.«
    Jonny zuckte mit den Achseln und kommentierte die Erklärung des Kommissars nicht weiter. Sein Gesichtsausdruck verriet jedoch, dass sich seine Ansicht darüber, wie das Problem mit den Rockerbanden gelöst werden sollte, nicht geändert hatte.
    »Ich hätte also gerne gewusst, ob wir heute Abend Verstärkung von euch bekommen können«, sagte Bratt und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen.
    Irene überlegte rasch. Besser, den Abend mit einer Menge Kollegen zu verbringen, als zu versuchen, den Handlangern des Gothia MC zu entkommen.
    »Ich habe Zeit«, sagte sie.
    »Ich auch«, meinte Sara.
    Tommy Persson wirkte verlegen.
    »Ich nehme an einer Tagung in Stenungsbaden teil. Ich fahre heute nach dem Mittagessen und komme erst morgen Nachmittag zurück.«
    Irene wusste bereits, dass er über Nacht verreist sein