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Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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beiden Polizisten den Ausweis entgegen, betrachtete ihn eingehend und gab ihn dann mit einer übertriebenen Verbeugung zurück. Der Fahrer wurde derselben Prozedur unterzogen. Der Mann auf dem Rücksitz steckte seinen Ausweis unwillig weg, und das Seitenfenster schloss sich wieder. Langsam rollte die Limousine zu der breiten Freitreppe weiter, die in die Lobby hinaufführte. Dort stieg der Mann aus und hielt seiner Dame galant die Tür auf. Diese schwankte bedenklich beim Aussteigen. Der Mann im Smoking packte sie fest am Arm und schleifte sie zur Tür.
    »Alle Achtung! Der Mafia-Anwalt Christoffer von Hanke höchstpersönlich!«, rief Fredrik.
    Irene sah den Anwalt und seine Dame im Gewimmel verschwinden.
    Das Funkgerät knisterte, und Stefan Bratt teilte mit, dass sich jetzt 137 Gäste im Hotel befänden. Das Fest hatte begonnen.
    Die Gäste hatten im Hotelrestaurant Platz genommen. Gelächter und Unterhaltung drang aus dem Fenster und wurde lauter, je öfter auf das Wohl des Gastgebers angestoßen wurde. Irene, Sara Persson, Fredrik Stridh und Ann Wennberg saßen weiterhin in ihrem Streifenwagen. Sie tranken dünnen Kaffee aus Thermoskannen und unterhielten sich, um sich die Zeit zu vertreiben. Da es sich um ein privates Fest auf einem Privatgrundstück handelte, war die Polizei nicht befugt, sich innerhalb der Mauer zu bewegen. Niemand konnte sie jedoch daran hindern, das Gelände zu überwachen.
    »Hast du das Bike wieder hingekriegt?«, fragte Fredrik plötzlich.
    »Klar. Feuchtigkeit im Verteiler«, meinte Ann grinsend.
    Besaß Ann ein Motorrad? Irene zog erstaunt die Brauen hoch und sah Fredrik fragend an. Dieser nickte ihr eifrig zu.
    »Sie hat wirklich eine mordsmäßige Maschine. Sie wollte gestern nicht anspringen«, erklärte er.
    Irene überraschte es, dass die Kollegin, die in Rockerkreisen ermitteln sollte, selbst ein schweres Motorrad fuhr. Sie wurde neugierig. »Hat dich deine Arbeit beim Dezernat für organisiertes Verbrechen zum Motorradfahren angeregt?«, wollte sie wissen.
    »Nein. Ich bin mit Autos und Motorrädern auf gewachsen. Ich fahre schon seit sechzehn Jahren Motorrad. Mein Vater war Autohändler, hatte sich aber auf verschiedene Motorradtypen spezialisiert. Haupt sächlich schwerere Maschinen. Heute gehört die Firma meinen beiden älteren Brüdern. Die fahren natürlich auch Motorrad. Und ihre Frauen auch. Mein ältester Neffe macht gerade seinen Motorradführerschein … it runs in the family, könnte man vermutlich sagen«, antwortete Ann und schenkte Irene die Andeutung eines Lächelns.
    »Dass sich Ann in der Bikerwelt auskennt, war einer der Gründe, warum sie zu unserer Gruppe gestoßen ist. Sie weiß alles über diese Subkultur. Außerdem kann sie Motorräder reparieren«, meinte Fredrik nicht ohne Bewunderung in der Stimme.
    Einige junge Männer in Anzügen und mit Zigarren in den Händen traten auf die Treppe. Sie deuteten lachend auf die Streifenwagen. Ein junger Mann mit einem großen Cocktailglas in der Hand gesellte sich zu ihnen. Er schwankte bedenklich, und als er merkte, dass sein Glas leer war, warf er es wütend weg. Es zerbarst auf den Pflastersteinen, und die Splitter flogen in alle Richtungen. Die anderen Männer lachten. Einer zog eine Zigarre hervor und reichte sie dem angetrunkenen Freund. Dieser schob sie etwas unbeholfen zwischen die Lippen und breitete dann die Hände aus. Einer der Männer gab ihm mit einem Feuerzeug Feuer. Im Schein der Flamme erkannte Irene Kazan Ekici. Seine schwere goldene Halskette funkelte, dass sogar die Polizisten im Auto sie noch sehen konnten. Als er die Hand vor die Flamme hielt, sahen sie auch, wie seine goldene Armbanduhr aufglänzte.
    »Der Kleine liebt Lametta«, meinte Fredrik.
    »Lametta und Gefunkel … hallo, das Zeug ist echt«, meinte Sara mit Nachdruck.
    Sie schwiegen noch einen Augenblick. Allmählich wurde es warm und stickig im Auto.
    »Vielleicht sollten wir uns mal die Beine vertreten«, schlug Ann vor und gähnte ausgiebig.
    Alle vier stiegen aus dem Auto und versuchten ihre steifen Glieder zu lockern. Irene fühlte sich rastlos, sie hatte das Gefühl, sich bewegen zu müssen. Es strengte an, die Gedanken an Krister und die Mädchen beiseitezuschieben. Obwohl sie sich im Augenblick bestimmt in Sicherheit befanden, musste sie doch unablässig daran denken, was weiter geschehen sollte. Wie sieht es in einer Woche aus? In einem Monat? In einem Jahr? Unter Aufbietung ihrer Kräfte versuchte Irene ihren Kummer zu

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