Im sinnlichen Bann des Sizilianers
anderen einflüstern lässt, was er zu tun hat.“ Gleichzeitig hatte er in Panik vor seinen eigenen Gefühlen fliehen können, weil es ihm unmöglich war, sie angemessen zu kontrollieren. Aber wie könnte er das vor Louise zugeben? Er hatte lange genug gebraucht, sich selbst einzugestehen, wie sehr sie ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Jahre später noch hatte er im Bett neben einer seiner Geliebten gelegen und sich dafür verabscheut, was gerade geschehen war. Einerseits hatte er geglaubt, körperliche Nähe zu brauchen, andererseits hatte der Sex nichts als enttäuschende Leere hinterlassen.
Louise musste zugeben, dass sie Caesar sogar ein wenig verstand. Er hatte viel zu früh seine Eltern verloren. Auf ihm lastete eine riesige Verantwortung, und er wurde von einem älteren, einflussreichen Mann manipuliert, der seine eigenen Interessen verfolgte.
Suchte sie etwa nach Entschuldigungen für ihn? Hatte sie das nicht während ihrer Ausbildung trainiert? Hinter die Fassaden der Menschen zu blicken und ihre Motive zu begreifen?
„Ich kann nicht zulassen, dass du unserem Sohn sein Erbe verwehrst, Louise. Er hat ein Recht darauf, seine Herkunft zu kennen.“
Er wirkte rational und entschlossen. Widerspruch zwecklos. Sie würde nur selbstsüchtig klingen, ganz egal, was sie hervorbrachte. Es würde den Eindruck machen, als denke sie nicht an ihren Sohn … als würde sie überhaupt nicht richtig zuhören, was Caesar zu sagen hatte.
„Ich weiß, wie viel ich in Olivers Namen von dir verlange“, fuhr er etwas versöhnlicher fort. „Aber ich weiß auch, dass du stark genug bist, die Herausforderungen zu meistern, die nun vor uns liegen.“
Das nannte man dann wohl psychologische Kriegsführung: ein subtiles Lob, das ihre Zustimmung schon voraussetzte.
„Wenn ich dich einfach gehen lasse, wäre das für Oliver das Richtige?“ Caesar schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht. Was, meinst du, würde er später dazu sagen, wenn du jetzt mit ihm verschwindest? Bist du wirklich bereit, ihm Schaden zuzufügen, nur um ihn von mir fernzuhalten?“
Natürlich war die Antwort auf diese Frage ein klares Nein. Wie könnte eine Mutter anders entscheiden? Aber wenn Louise ehrlich war, konnte sie sich eine Ehe ohne Sex und Liebe durchaus vorstellen – mit jedem Mann außer mit Caesar! Sie hatte schon vor langer Zeit entschieden, allein zu bleiben. Aber bei Caesar … Sollte ihr Sohn mit ansehen, wie seine Mutter täglich auf eine Liebe hoffte, die ihr verwehrt blieb?
Andererseits … ihren Großeltern hätte dieser Gedanke sicherlich gefallen: Sie und Caesar ziehen gemeinsam Oliver groß. Und das in ihrer ursprünglichen Heimat. Die beiden hatten für ihre Enkelin so viele Opfer gebracht, und von ihnen hatte sie gelernt, was es bedeutete, eine hervorragende Mutter zu sein. Sie hatten Louise bei ihrer Ausbildung tatkräftig unterstützt und ihr und Oliver ein liebevolles Zuhause geschenkt.
Sie holte tief Luft und stand auf, um ein paar Schritte durch den Garten zu gehen. Auf dem sonnigen Rasen blieb sie schließlich stehen und drehte sich zu Caesar um, der ihr stumm gefolgt war.
„Sollte ich dein Angebot annehmen …“, begann sie und beobachtete seine Reaktionen ganz genau, „… dann wäre das mit gewissen Bedingungen meinerseits verbunden. Dabei geht es vor allem um deine Haltung mir gegenüber und den Einfluss, den sie auf Oliver haben könnte. Dafür müssten wir eine entsprechende Lösung finden. Am Wichtigsten ist, dass es dem Kleinen gut geht. Im Moment ist er wütend auf mich, weil ich mich weigere, mit ihm über seinen Vater zu sprechen. Und ich gebe zu, dass ihm seit dem Tod meines Großvaters ein Mann im Haus fehlt. Obwohl ich am eigenen Leib erfahren musste, dass ein schlechter Vater mehr Schaden anrichten kann als ein abwesender.“
Noch einmal atmete sie tief durch. „Du hast deine eigenen Gründe, warum du mit ihm zusammen sein willst. Allerdings kannst du kaum behaupten, ihn als deinen Sohn zu lieben. Du kennst ihn überhaupt nicht, und er kennt dich nicht. Ich befürchte, er könnte sich in der ersten Aufregung kopfüber in eine Vater-Sohn-Beziehung stürzen, die langfristig nicht von Bestand ist. Es könnte auf beiden Seiten sozusagen eine unrealistische Erwartungshaltung geben, die dann zwangsläufig enttäuscht wird. Aus diesem Grund halte ich es für sinnvoller, wenn Ollie dich erst mal näher kennenlernt, bevor wir ihm die ganze Wahrheit sagen.“
Caesar kam noch ein paar Schritte auf
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