Im sinnlichen Bann des Sizilianers
Mann verlassen, aber Louise wollte das alles gar nicht genauer wissen. Es war Caesar, der vorschlug, die Geister der Vergangenheit zu Grabe zu tragen. Sie selbst fühlte sich noch nicht bereit dafür.
„Er ist dein Vater und Olivers Großvater, Lou. Und wenn du mal in seinem Brief zwischen den Zeilen liest, wirst du feststellen, wie verloren und einsam der alte Mann mittlerweile ist.“
Es widersprach zwar dem, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte, aber am liebsten hätte sie ihren alten Herrn in die Wüste geschickt! Ihm war schließlich früher auch egal gewesen, wie verloren und einsam sie sich gefühlt hatte. Inzwischen fühlte sie sich versöhnt mit der Welt, weil Caesars Liebe und ihre gemeinsame Familie ihr alles Glück der Welt bedeuteten. Die Schrecken der eigenen Kindheit lagen hinter ihr, und sie hatte kein Interesse daran, alte Wunden aufbrechen zu lassen.
Dennoch, auf Caesars Drängen hin hatte sie ihrem Vater zurückgeschrieben, und über die Wochen und Monate waren sie beide einander etwas nähergekommen. Als sie ihn direkt darauf ansprach, gab er sogar zu, damals Caesars Brief abgefangen zu haben – auf Melindas Rat hin.
Und ihr Vater hatte sie offen und demütig darum gebeten, seinen Schwiegersohn und seinen Enkel kennenlernen zu dürfen. Es fiel ihr schwer, aber da sie eine Familie waren, hatte Louise sich schließlich dazu durchgerungen, ihn zu Francescas Taufe einzuladen. Seitdem hatten sie keinen Kontakt mehr miteinander gehabt.
In der Kirche war ebenfalls keine Gelegenheit dazu gewesen, mit ihm ein Wort zu wechseln, daher hatte sie nicht einmal nach ihm Ausschau gehalten. Sie hatte einfach verdrängt, dass sie heute Auge in Auge einander gegenüberstehen würden. Doch jetzt stand er am hinteren Ende des Raumes und starrte sie an. Ein gebrochener Mann, gedemütigt durch die Untreue seiner jungen Frau, und Louise hatte echtes Mitleid mit ihm.
Ohne zu wissen, wie genau sie auf ihn reagieren sollte und wollte, ging sie mit ihrer Tochter im Arm auf ihn zu. Sie brauchte sich nicht umzusehen, um sicher zu sein, dass ihr Ehemann in Reichweite war, um sie im Fall der Fälle zu unterstützen.
Als sie bei ihrem Vater ankam, musterte sie ihn. Er war dünner als früher und hatte mehr Falten bekommen. Und er wirkte wie jemand, der im Leben nicht das erreicht hatte, wozu er eigentlich fähig war. Wie furchtbar, in seinem Alter ganz auf sich gestellt zu sein. Jetzt war er emotional ausgerechnet von der Tochter abhängig, die er sein Leben lang von sich gestoßen hatte.
„Hallo, Dad“, begann sie stockend.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass du mich hier nicht haben willst“, sagte er heiser, und Louise schüttelte den Kopf.
Plötzlich war ihr sonnenklar, was sie tun musste. Mit einem zitternden Seufzer blickte sie im Raum umher. Ein paar Schritte entfernt stand Ollie und beobachtete die Szene. Louise lächelte.
Familienbande waren nicht immer einfach oder selbstverständlich. Aber sie waren es grundsätzlich wert, dass man hart und unablässig an ihnen arbeitete.
„Wo solltest du sonst sein?“, fragte sie ihren Vater. „Schließlich sind wir deine Familie. Und wo wir gerade davon sprechen, willst du unser neuestes Mitglied gar nicht willkommen heißen?“
Einen Sekundenbruchteil wirkte es, als würde er sich umdrehen und den Saal verlassen wollen. Dann stiegen ihm Tränen in die Augen.
„Ist schon gut, Dad“, murmelte sie sanft. „Es wird schon alles werden.“
Caesar erschien neben ihr und schloss seine Tochter in die Arme. Dann hielt er sie neben seinem Schwiegervater in die Höhe. „Sie kommt mehr nach ihrer Mutter, Gott sei Dank!“
„Lou hat das Aussehen von meiner Seite der Familie geerbt“, erwiderte der Alte mit belegter Stimme. „Das hübscheste Baby weit und breit war sie, kann ich dir sagen.“
Schon jetzt lügt er sich die Vergangenheit zusammen und verklärt die Realität, dachte Louise frustriert. Aber sie brachte es nicht übers Herz, ihn deswegen herauszufordern und Streit anzufangen. Also beschloss sie, großmütig zu sein.
Heute schenkte sie ihr Herz und ihre Liebe einem Mann, der sie wertschätzte und verdient hatte. Einem Mann, dem sie vertrauen konnte, und der immer in erster Linie an sie denken würde. Er liebte sie wirklich und wahrhaftig.
– ENDE –
Hat Ihnen dieses Buch gefallen?
Diese Titel von Penny Jordan könnten Ihnen auch gefallen:
Penny Jordan
Was geschah in Zimmer 113?
Den verführerischen Duft von Pollys Parfüm bemerkt Marcus
Weitere Kostenlose Bücher