Im sinnlichen Bann des Sizilianers
einjagte. Louise erregte ihn in höchstem Maße, aber er nahm sich nicht die Zeit, hinter ihre Fassade zu blicken. Wie jeder andere Mensch in ihrem Leben – einmal abgesehen von ihren liebevollen Großeltern – hatte er ihre Empfindungen als unwichtig abgetan.
Mit gequälter Miene schluckte er den bitteren Geschmack seiner schuldbewussten Reue hinunter. Da behauptete er von sich, seinen Leuten ein hilfreicher Ratgeber zu sein und ihnen mit Mitgefühl und Weisheit zu begegnen. Louise gegenüber hatte er sich aber wie ein Idiot verhalten, dabei hätte sie ihn mehr als jeder andere gebraucht.
Nur weil er verrückt nach ihr war. Nur weil sie einen Punkt bei ihm berührte, der ihn schwach machte. Das war ihm unangenehm, das war sogar beängstigend, also hatte er Louise praktisch für seine eigene Verwundbarkeit bestraft. Völlig zu Unrecht.
Sein Verhalten war unentschuldbar. Kein Wunder, wenn sie sich ihm gegenüber feindselig gab.
Ungeachtet dessen, hatten sie ein Kind zusammen. Einen Sohn, den sie beide gleichermaßen liebten, obwohl Caesar ihn gerade erst kennenlernte. Wieder sah er sich den Bericht des Detektivbüros an. Wie viel Mut und Kraft musste es Louise gekostet haben, sich nach all den üblen Erfahrungen erfolgreich als alleinerziehende Mutter und professionelle Therapeutin zu etablieren?
Caesar verspürte ihr gegenüber eine grenzenlose Bewunderung. Er bewunderte sie, aber sie verabscheute ihn.
Und dennoch würde sie ihn heiraten – um Olivers Willen.
6. KAPITEL
„Ich erkläre Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“
Louise verkrampfte sich, als Caesar ihr einen kurzen, festen Kuss auf die Lippen drückte. Dies war das zweite Lippenbekenntnis, das ihre Hochzeit besiegelte, da sie die Zeremonie zuvor schon auf Italienisch durchgeführt hatten. Nun folgte praktisch die englische Wiederholung.
Getraut wurden sie in der Privatkapelle auf dem Anwesen der Falconaris. Der Bischof, ein entfernter Cousin von Caesar, war extra aus Rom angereist. Mehrere lokale Würdenträger waren gekommen, und auch Caesars ältere Cousine zählte mit Mann und Kindern zu den Gästen. Ihr jüngster Sohn war gerade mal eineinhalb Jahre älter als Oliver.
Louise hatte Anna Maria, die schon vor Tagen angekommen war, auf Anhieb gemocht. Caesars Cousine war eine fröhliche, unkomplizierte Frau, die nie Gebrauch von ihrem Titel gemacht hatte, da auch ihr Ehemann ein einfacher, bürgerlicher Unternehmer war. Sie betrachtete ihren Besuch als Kurzurlaub für die ganze Familie, und Louise vertraute ihr auf ihren Ausflügen in die Umgebung sogar Oliver an, der sich prima mit Anna Marias Söhnen verstand.
Ollie gefiel der unerwartete Familienanschluss, und Anna Maria fand, Louise und Caesar könnten ein wenig Zeit zu zweit gut gebrauchen. Louise war sich da nicht so sicher. Caesars Cousine kannte ja nur die offizielle Version ihrer Liebesbeziehung und stellte glücklicherweise auch keine unangenehmen Fragen. Sie akzeptierte Louise und Ollie voll und ganz und hieß beide in ihrer Familie herzlich willkommen.
Im Vorfeld der Trauung hatte sich Louise durch zahlreiche Formalitäten und traditionelle Bräuche kämpfen müssen, wobei Anna Maria ihr mit Rat und Tat zur Seite stand. Louise selbst hätte die Eheschließung in einem kleinen, formellen Rahmen gehalten, aber Caesar bestand darauf, dass es ein größeres Ereignis werden musste. Sonst würde es so aussehen, als schämte er sich ihrer. Oder es könnte Gerüchte darüber anheizen, dass Louise ihren Sohn dazu benutzte, um den Herzog vor den Altar zu zwingen. Diese Vorstellung hatte Louise unsagbar wütend gemacht, denn schließlich war er es, der sie zu dieser Ehe zwang!
Am Ende ihrer Auseinandersetzung einigten sie sich jedenfalls auf diesen pompösen Rahmen, der dem Anlass am ehesten gerecht wurde. Schließlich sollte jeder sehen, wie sehr der Herzog seine Braut schätzte und seinen Sohn liebte. Es gab sogar eine hochoffizielle Verkündung vor der Dorfgemeinschaft, über die sich besonders Oliver freute.
Der Junge hatte sich blitzschnell auf dem castello eingelebt, so dass Louise manchmal den Eindruck bekam, nicht mehr dazuzugehören. Sie selbst litt noch unter Anpassungsschwierigkeiten, vor allem, weil Vater und Sohn eine so stimmige Einheit darstellten.
Caesar hielt ihre Hand, seit er ihr den ersten feierlichen Kuss gegeben hatte. Sie merkte, wie sie zu zittern begann.
Das ist eine ganz natürliche Stressreaktion an einem außergewöhnlich
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