Im sinnlichen Bann des Sizilianers
anstrengenden Tag, sagte sie sich immer wieder.
Auf dem schweren Spitzenschleier war das Familienwappen der Falconaris mit winzigen Diamanten und Perlen aufgestickt. Caesar zog die Stirn kraus. Irgendetwas stimmt nicht, denn der Schleier bebte leicht, obwohl Louise scheinbar regungslos neben ihm stand. Ihre zarte Hand fühlte sich kühl und klamm an, und er fragte sich, ob es ihr wirklich gut ging, oder ob sie seine Hilfe brauchte. Automatisch rückte er etwas näher an sie heran. Immerhin war sie jetzt seine Ehefrau, und das bedeutete, er musste sie in jeder Lebenslage unterstützen und beschützen. So wollte es der Ehrenkodex seiner Familie.
Während der Bischof einige Gebete sprach, musterte er seine Frau aufmerksam. Sie hatte sich für ein unauffälliges, schlichtes Brautkleid entschieden, obwohl er eine großzügige Auswahl italienischer Designerstücke ins Schloss hatte liefern lassen. An Louise sah das Kleid überraschend elegant und aufregend aus, obwohl es langärmelig und hoch geschlossen war. Den traditionellen Schleier seiner Familie hatte sie sich auch selbst ausgesucht, weil sie für Oliver Erinnerungsstücke beider Familien tragen wollte. Sie hatte sich von ihrer Urgroßmutter mütterlicherseits eine antike Brosche angesteckt.
Gedankenverloren strich er mit dem Daumen über den einfachen, weißgoldenen Ring, den er Louise vor wenigen Minuten an den Finger gesteckt hatte. Ihre Haut fühlte sich zart und weich an, und sie trug einen transparenten Nagellack in Rosé. Plötzlich dachte er an früher, als diese Fingernägel noch in dunklem Lila und Schwarz lackiert waren.
Schmerzhaft schoss ihm die Hitze in die Lenden, als das Bild vor seinen Augen auftauchte, wie sich Louises Finger um seine Erektion schlossen. Er keuchte und räusperte sich dann hastig. Ihre Hand hatte stark gezittert – genauso wie sein Körper … daran erinnerte er sich noch. Sie hatte sich über ihn gebeugt und ihn berührt, als wäre er der erste Mann, der jemals nackt vor ihr gelegen hatte. Das hatte Caesar das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Diese Magie machte wohl die wundersame Anziehungskraft zwischen ihnen aus, vor der er Hals über Kopf geflohen war.
Vergeblich versuchte er, die Gedanken an ihr Liebesabenteuer zu verdrängen, damit sein Körper ihn nicht verriet. Doch er wurde die Vorstellung nicht los, wie Louise ihn liebkoste, ihn reizte und mit ihrer zaghaften Neugier um den Verstand brachte. Sie musste doch gewusst haben, was sie ihm damit antat! Wie quälend sein Verlangen wurde … dass er sie besitzen wollte … ganz für sich haben und ihr zeigen, was sie mit ihrer verheißungsvollen Folter in ihm ausgelöst hatte! In diesem leidenschaftlichen Sturm war ihr gemeinsames Kind entstanden …
Beschämt entzog Louise ihrem frisch angetrauten Ehemann ihre Hand, damit er nicht merkte, wie aufgewühlt sie war. In der kleinen Kapelle wimmelte es von offiziellen Gästen aus dem Ort, auf deren Anwesenheit Caesar bestanden hatte, damit sie der Zeremonie beiwohnten. Die Luft war süß und schwer von Weihrauch, und der Klang der Orgel dröhnte in Louises Ohren. Es war an der Zeit, als Mann und Frau nach draußen zu schreiten.
Heute Morgen hatte sie zum Frühstück keinen Happen herunterbekommen, und kurz vor der Trauung hatte ihr Anna Maria ein Glas Champagner aufgedrängt, was ihr ziemlich zu Kopf gestiegen war. Der Vormittag glitt wie im Traum an Louise vorbei, zu unrealistisch, um ihn richtig wahrzunehmen.
Leider waren die Feierlichkeiten längst nicht vorüber. Sie musste noch den formellen Empfang überstehen, der im großen Barocksaal des Schlosses abgehalten werden sollte.
„Jetzt bist du eine echte Herzogin, Mum!“
Strahlend kam Oliver auf sie zugelaufen, und die Reaktion ihres geliebten Sohnes rettete ihr den Tag. Während der vergangenen Woche war er regelrecht aufgeblüht und hatte spürbar an Selbstvertrauen und Lebensfreude gewonnen. Ihr ging das Herz auf, wann immer sie ihn ansah. Das allein rechtfertigte jedes Opfer, das sie für sein Wohlergehen bringen musste.
Auch wenn es ihr von Zeit zu Zeit wehtat, wie vertraut Caesar und Ollie miteinander umgingen. Daran musste sie sich gewöhnen, denn sie konnte Caesar nicht vorwerfen, dass er ihr den Jungen bewusst entfremden würde. Die beiden hatten sich offenbar gesucht und gefunden. Zuerst hatte sie befürchtet, Caesar würde vielleicht zu distanziert und unbeholfen auf seinen Sohn zugehen, aber sie hatte sich getäuscht. Ihm gelang es instinktiv, auf
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