Im sinnlichen Bann des Sizilianers
jetzt wesentlich wichtigere Dinge, um die er sich kümmern musste. Vor allem sein Sohn hatte es verdient, fortan im Mittelpunkt zu stehen. Er hatte schon zu viel von Olivers Leben verpasst – ab sofort sollte es nur noch um die Zukunft gehen. Und darum, dass Mutter und Sohn von dieser Gemeinde akzeptiert wurden.
„Du musst Nachsicht mit mir haben, Aldo“, sagte er zum Gemeindevorsteher. „Ich gebe zu, ich kann es kaum ertragen, Louise aus den Augen zu lassen. Wo wir uns nach so vielen Jahren der Trennung endlich wiedergefunden haben.“ Während er diesen Satz aussprach, merkte er erst, wie viel Wahrheit er enthielt. Denn sobald er Louise aus den Augen ließ, konnte es passieren, dass sie sich Oliver schnappte und mit ihm verschwand.
Caesars Tonfall war sanft und warmherzig, und er sah die Frau in seinem Arm liebevoll an. Er zeigte genau das Verhalten, das an einem Tag wie heute von ihm erwartet wurde. Nur leider durfte Louise sich darauf nichts einbilden. Wollte sie das überhaupt? Nein, natürlich nicht. Sie brauchte lediglich an früher zu denken, als Caesar sie vor aller Welt abserviert hatte. So etwas wollte sie kein zweites Mal riskieren.
Ohne Ollie gäbe es für Caesar keinen Grund, sie zu heiraten. Das durfte Louise keinesfalls vergessen.
„Ich würde lügen, wenn ich behaupte, nicht überrascht zu sein“, antwortete Also Barado gedehnt. „Obwohl außer Frage steht, dass der Junge von Ihnen ist.“
„Völlig außer Frage“, stimmte Caesar gut gelaunt zu, sein Ton wurde allerdings deutlich schärfer. Louise bekam Herzklopfen. „Meine Herzogin war großzügig genug, mir die Gelegenheit zu geben, begangene Fehler wiedergutzumachen. Und wie ich ihre verständnisvolle Natur kenne, ist sie bestimmt bereit, anderen die gleiche Großherzigkeit zukommen zu lassen.“
Louisa hielt den Atem an. Caesar hätte Aldo Barado ebenso gut eine Ohrfeige geben können. Schließlich war Barado derjenige, der die Gerüchte um Louise zusätzlich angeheizt und dafür gesorgt hatte, dass sie auch die Londoner Gemeinde erreichten. Sie fiel nicht der Illusion zum Opfer, dass der alte Mann auf sie zugekommen wäre, um sich für damals zu entschuldigen. Ganz im Gegenteil!
„Ich bin ein sehr glücklicher Mann“, fuhr Caesar unbeschwert fort. „Und ich fühle mich geehrt, eine solche Frau heiraten zu dürfen. Sie hat mir einen wunderbaren Sohn geschenkt.“
„Ein Sohn ist in der Tat ein großes Geschenk“, bemerkte Barado.
„Ende dieser Woche wird die Asche meiner Schwiegergroßeltern bei der Kirche Santa Maria beerdigt. Es ist die logische, konsequente Rückführung, nachdem sie in diesem Dorf aufgewachsen sind, und ich fände es angemessen, die Offiziellen ihrer Heimatgemeinde dazu einzuladen. Obendrein will ich den Verstorbenen zum Andenken etwas widmen. Ich dachte da an die Erneuerung des großen Bleiglasfensters, das beim letzten Sturm zu Bruch gegangen ist. Ich lasse es ihnen zu Ehren erneuern.“
Mehr musste zu dem Thema nicht gesagt werden. Louise wusste genau, wie Kommunalpolitik funktionierte. Caesar hatte eine Anweisung gegeben, und Aldo Barado würde sie ausführen. Es bestand kein Zweifel, die Dorfältesten würden Louises Großeltern beim Begräbnis ihren Respekt zollen. Mit wenigen Sätzen hatte Caesar geschafft, was ihr allein niemals gelungen wäre. Das waren eben die Wege der Macht. Einst hatte Caesar seinen Einfluss gegen Louise geltend gemacht und ihr damit ziemlich geschadet. Heute nutzte er ihn zum Wohle ihrer verstorbenen Großeltern. Weil Oliver sein Sohn war, einen anderen Grund gab es nicht. Keinen einzigen. Mit ihr selbst hatte das alles nichts zu tun. Aber das war auch vollkommen in Ordnung, schließlich wollte sie gar keine engere Beziehung zu Caesar eingehen. Zu ihrem eigenen Schutz.
Stumm wartete sie ab, bis Aldo Barado außer Hörweite war. „Es war nicht notwendig, dass du meinen Retter spielst“, murmelte sie gereizt. „Ich bin durchaus in der Lage, mit Männern wie ihm fertigzuwerden. Als Mädchen hatte ich vielleicht noch Angst vor ihm, weil er mich in den Dreck gezogen und meine Familie gedemütigt hat. Aber das ist längst vorbei, die Dinge haben sich geändert. Und was die Bestattung der Urnen angeht … meinst du, ich will dort Leute sehen, die nur gezwungenermaßen gekommen sind?“
„Du siehst es vielleicht so. Aber für deine Großeltern und auch für die traditionsbewussten Mitglieder unserer Gemeinde ist es extrem wichtig, wie viele Vertreter ihres Heimatdorfes
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