Im Sog der Angst
»Antisemitische -«
»Halten Sie den Mund geschlossen und den Kopf unten.«
Milo durchsuchte ihn gründlich und brachte eine Brieftasche und einen Schlüsselring zum Vorschein.
Der Mann sagte: »Ich weiß genau, wie viel da drin ist, falls Sie also …«
Milo legte einen Finger auf das Schulterblatt des Pijacken-Mannes. Die Erinnerung an die erste Berührung sorgte dafür, dass er mitten im Satz verstummte.
Ich konnte Autos auf dem Broadway vorbeifahren hören, aber davon abgesehen war die Nacht still.
Milo untersuchte die Brieftasche. »Hier sind zwanzig Dollar drin. Sind Sie anderer Ansicht?«
Schweigen.
Dann: »Nein.«
»Ganze zwanzig Dollar«, sagte Milo. »Wollten Sie die Puppen tanzen lassen, Sie schlauer Bursche?«
»Er ist Hitler«, sagte der Mann. »Dieses Schwein. Er lügt, er ist Hitler …«
Milo ignorierte ihn und las aus seinem Führerschein vor: »Elliot Simons … Was ist das hier? Ein Ausweis vom Cedars-Sinai. KP - sind Sie Krankenpfleger?«
»Krankenpfleger im OP«, antwortete Elliot Simons.
»Wie schön für Sie«, sagte Milo. »Sie sind hier ein wenig fehl am Platz, Mr. Simons.«
»Er ist Hitler, er lügt, er behauptet, er wäre...«<
»Ja, ja«, sagte Milo.
»Fallen Sie mir nicht ins Wort, lassen Sie mich ausreden«, sagte Simons. »Er behauptet, er wäre...«<
»Er ist ein Betrüger«, unterbrach Milo ihn. »Er hat ein Buch geschrieben, in dem er behauptet, ein palästinensischer Flüchtling aus Jerusalem zu sein, aber er ist in Italien geboren und halb englischer, halb syrischer Abstammung. Es gab einen Enthüllungsartikel in einer jüdischen Zeitschrift.«
Ich starrte meinen Freund an. Elliot Simons ebenfalls.
Er blieb still, während Milo sich seine Kreditkarten ansah. Dann: »Sie haben ihn beobachtet? Wer hat Sie geschickt?«
»Was glauben Sie denn?«, sagte Milo.
»Die Regierung? Sind sie endlich klug geworden und haben ihn observieren lassen? Das wurde auch Zeit, der Mann ist ein Verräter. Da kommt der elfte September, und die Regierung kriegt es immer noch nicht auf die Reihe. Wie viele Gräueltaten müssen passieren, bis ihr Leute wach werdet?«
»Halten Sie Issa Qumdis für einen Terroristen?«
»Sie haben ihn doch gehört.«
Simons hatte das Gesicht eines Arbeiters, ein gewöhnliches Gesicht. Bis auf seine Augen. In ihnen glühte erheblich mehr als Zorn.
Er rasselte mit seinen Handschellen. »Machen Sie mir diese Dinger ab.«
»Wie lange verfolgen Sie ihn schon?«, fragte Milo.
»Ich habe niemanden verfolgt«, entgegnete Simons. »Ich habe Zeitung gelesen, rausgefunden, dass er seine Lügen verbreitet, und beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Ich entschuldige mich für nichts. Wenn Sie mich verhaften wollen, dann tun Sie’s nur. Ich werde die ganze Geschichte erzählen.«
»Und die lautet?«
»Der Kerl ist Hitler mit einem schicken Titel von einer Eliteuni.« Simons Blick wurde noch glühender. »Meine Eltern waren in Auschwitz. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie ein beschissener Nazi seine Lügen verbreitet.«
Milo zeigte auf den roten Fleck, der quer über die Vorderseite der Pijacke verlief. »Ist das wirklich Schweineblut?«
Simons grinste.
»Wo haben Sie es her?«, fragte Milo.
»Aus East L.A.«, sagte Simons. »Aus einem der Schlachthöfe. Ich hab etwas Heparin aus dem Krankenhaus mitgenommen und es damit vermischt. Es ist ein Antikoagulans. Ich wollte dafür sorgen, dass es schön nass bleibt.«
»Raffiniert. Als OP-Krankenpfleger und so.«
»Ich bin der Beste«, sagte Simons. »Ich hätte Arzt werden können, wenn ich mir das Studium hätte leisten können. Mein Dad war immer krank und konnte nicht arbeiten, wegen der Dinge, die sie ihm im KZ angetan haben. Ich beklage mich nicht, mir geht’s finanziell prima. Ich habe vier Kinder an gute Universitäten schicken können. Ich bin der Beste. Falls Sie mir nicht glauben, überprüfen Sie es, die Ärzte schätzen mich. Sie wollen mich haben, weil ich der Beste bin.«
»Kennen Sie Dr. Richard Silverman?«
Simons nickte schnell und heftig. »Ich kenne ihn, und er kennt mich. Ein Zauberer am Skalpell - woher kennen Sie ihn?«
»Ich habe von ihm gehört«, antwortete Milo.
»Nun ja«, sagte Simons. »Rufen Sie an und fragen Sie Dr. Silverman nach Elliot Simons. Er weiß, dass ich nicht verrückt bin. Wenn es darum geht, dass ich meine Arbeit mache, bin ich voll konzentriert.«
»Heute Abend waren Sie darauf konzentriert, Issa Qumdis’ Anzug zu ruinieren.«
»Wenn ich nur eine
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