Im Sog der Angst
das Ihre Diagnose?«
»Er sprüht mit Farbe«, sagte Bumaya abschätzig. »Sie haben ihn verhört und freigelassen. Sie sind Detective, nicht wahr?«
Milo las noch einmal Bumayas Visitenkarte. »Sonderbotschafter. Wenn ich diese Nummer anrufe und nach Ihnen frage, was wird man mir dann erzählen?«
»Um diese Zeit, Sir, werden Sie eine Bandansage hören, die Sie anweist, während normaler Geschäftsstunden anzurufen. Sollten Sie während der Geschäftsstunden anrufen, werden Sie mit einer anderen Ansage konfrontiert, die Ihnen viele Möglichkeiten zur Auswahl anbietet. Sollten Sie die richtige Wahl treffen, werden Sie schließlich mit einer charmanten Frau namens Lucy sprechen, die die Sekretärin von Mr. Lloyd MacKenzie, Esquire, ist, einem redegewandten und charmanten Anwalt aus San Francisco, der als De-facto-Konsul an der Westküste für mein Land, die Republik Ruanda, fungiert. Mr. MacKenzie wiederum wird Ihnen mitteilen, dass ich ein legitimer Repräsentant meines Landes bin.« Bumaya ließ seine Zähne blitzen. »Sollten Sie sich dafür entscheiden, sich das zu sparen, können Sie mir einfach glauben.«
Milo trank seinen zweiten Whisky aus. Starkes, scharfes Zeug; ich war damit beschäftigt, meinen ersten runterzukriegen.
»Sonderbotschafter«, wiederholte er. »Sind Sie ein Cop?«
»Derzeit nicht.«
»Aber?«
»Ich habe als Polizist gearbeitet.«
»Dann sparen Sie sich den Blödsinn und sagen Sie mir, was Sie wollen.«
Bumayas Augen funkelten. Er legte lange, manikürte Finger um sein Glas, steckte einen Finger in die Flüssigkeit und schob das Limettenstück darin herum. »Ich möchte, dass Albin Larsen das bekommt, was er verdient.«
»Und das wäre?«
»Strafe.« Bumaya griff in eine Innentasche und zog seine glänzende schwarze Brieftasche hervor. Er schlug sie auf und fingerte an etwas herum, das wie eine Naht aussah. Die Naht öffnete sich und entpuppte sich als Schlitz. Er griff in den Schlitz und zog einen kleinen weißen Umschlag heraus.
Bumaya schaute uns an und schnippte mit einem glänzenden Fingernagel gegen die Kante des Umschlags. »Wie gut kennen Sie sich mit dem Völkermord aus, der mein Land 1994 verwüstet hat?«
»Ich weiß, dass viele Menschen gestorben sind und die Welt tatenlos zugesehen hat«, antwortete Milo.
»Fast eine Million Menschen«, sagte Bumaya. »Die am häufigsten genannte Zahl ist achthunderttausend, aber ich glaube, das ist eine zu niedrige Schätzung. Revisionisten, die den Schrecken minimieren möchten, behaupten, nur dreihunderttausend wären abgeschlachtet worden.«
»Nur«, sagte Milo.
Bumaya nickte. »Meiner Überzeugung nach, die sich auf Beobachtungen und das Wissen um verschiedene Einzelheiten stützt, liegt die endgültige Zahl eher bei einer Million oder vielleicht sogar darüber, wenn man die Todesfälle als Folge schwerer Verletzungen hinzunimmt.«
»Was hat irgendetwas davon mit Albin Larsen zu tun?«
»Larsen war während des Völkermords in meinem Land und hat für die Vereinten Nationen in Kigali, unserer Hauptstadt, während der schlimmsten Gräueltaten gearbeitet. Als Berater. Ein Berater in Menschenrechtsfragen.«
»Was bedeutete das im Zusammenhang mit Ihrem Heimatland?«
»Was immer es nach Larsens Wunsch bedeuten sollte. Die Vereinten Nationen geben Milliarden Dollar für die Gehälter von Leuten aus, die genau das tun, was ihnen gefällt.«
»Sie sind kein Anhänger internationaler Körperschaften, Mr. Bumaya?«
»Die Vereinten Nationen haben nichts unternommen, um den Völkermord in meinem Land zu verhindern. Im Gegenteil, bestimmte Mitarbeiter der Vereinten Nationen haben aktiv und passiv eine Rolle bei den Massenmorden gespielt. Internationale Körperschaften sind immer gut darin gewesen, Tragödien zu verurteilen, wenn sie stattgefunden haben, aber erstaunlich nutzlos darin, sie zu verhindern.«
Bumaya hob sein Glas und nahm einen großen Schluck. Der kleine weiße Umschlag blieb eingeklemmt in den Fingern seiner freien Hand.
»Wollen Sie damit sagen, dass Larsen in den Völkermord verwickelt war?«, fragte Milo. »War seine Rolle aktiv oder passiv?«
»Gibt es da einen Unterschied?«
»Tun Sie mir den Gefallen, Sir.«
»Ich weiß es nicht, Detective Sturgis«, sagte Bumaya. »Noch nicht.« Er warf einen Blick zur Theke.
»Wollen Sie noch einen?«
»Ja, aber ich verzichte.« Bumaya schnippte wieder gegen den weißen Umschlag. »Im Januar 2002 wurde ein Mann namens Laurent Nzabakaza wegen seiner Beteiligung an dem
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