Im Sog der Angst
seine eigenen Pläne, aber was er gesagt hat, bestätigt unsere Vermutungen. Larsen hat genau die Art von Betrug exerziert, über die wir spekuliert haben. Und er wendet Gewalt an, wenn es ihm angebracht erscheint.«
»Die stillen Wasser«, murmelte Milo.
»Als er heute Abend Issa Qumdis vorgestellt hat, hatte er viel Feuer.«
»Ideologie und Profitstreben«, sagte er.
»Zuhälter des Elends. Das gefällt mir.«
Er trank einen Schluck.
»Reine Neugier«, sagte ich, »aber woher weißt du so viel über Issa Qumdis?«
»Was ist, lesen Cops nicht?«
»Ich wusste nicht, dass du dich für Politik interessierst.«
Er zuckte mit den Achseln. »Rick lässt Bücher und Zeitschriften herumliegen. Ich nehme sie in die Hand. Eine davon war zufällig der Jewish Beacon mit dem Artikel, in dem behauptet wird, dass Issa Qumdis seine Biographie erfunden hat.«
»Ich wusste auch nicht, dass Rick sich für Politik interessiert.«
»Das hat er auch nie. Selbst die Schwulenbewegung hat ihn kalt gelassen.« Er dehnte seinen Hals und zuckte zusammen. »Seine Eltern haben den Holocaust überlebt.«
Nach all diesen Jahren wusste ich wenig über Rick. Über Milos Leben, wenn er die Tür seines kleinen Hauses in West Hollywood hinter sich zumachte.
»Sie haben ihm deswegen immer zugesetzt.«
»Wegen des Holocausts?«
Er nickte. »Sie wollten, dass er sich seiner jüdischen Wurzeln stärker bewusst wird. Sie hatten immer schwer daran zu tragen, und die Schwulenkiste hat das Ganze noch komplizierter gemacht. Als seine Eltern das rausfanden, sind sie ausgeflippt, haben es mit dem Holocaust in einen Topf geworfen. Seine Mutter weinte, als ob jemand gestorben wäre. Sein Vater schrie ihn an, er hätte ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank, weil die Nazis jetzt zwei Gründe hätten, ihn zu vergasen.« Er nahm einen Schluck Whisky, ließ ihn im Mund kreisen, als wollte er sich die Zähne putzen. »Er ist ein Einzelkind und hatte es nicht leicht. Es wurde besser im Verlauf der Zeit, als seine Eltern älter wurden. Am Ende konnten er und sein Vater darüber reden.«
Eine Erfahrung, die Milo nie hatte machen können, bevor sein Vater starb.
»Dann kam der 11. September, und Rick änderte sich«, sagte er. »Er nahm es persönlich. Dass die Araber die treibende Kraft waren und die Revisionisten den Juden die Schuld daran gaben. Der ganze antisemitische Schrott, der aus Saudi-Arabien und Ägypten abgelassen wurde. Auf einmal zeigte Rick großes Interesse daran, dass er Jude war, fing an, sich über jüdische Geschichte und Israel zu informieren. Begann für die zionistische Sache zu spenden, Zeitschriften zu abonnieren.«
»Die du zufällig in die Hand bekommen hast.«
»Die Geschichte mit Issa Qumdis fiel mir ins Auge, weil es vor allem darum ging, dass der Kerl ein Betrüger war, seine akademische Karriere dadurch aber nicht behindert wurde. Das fasziniert mich immer wieder. Wie wenig die Realität damit zu tun hat, wie das Leben sich abspielt - er war doch wirklich unglaublich, oder nicht? Der Ordinarius in Person, diese kultivierte Haltung, und dann geht er her und sagt, dass Menschen getötet werden sollten. Ziemlich hasserfüllt für einen Universitätsprofessor.«
»Es gibt jede Menge Hass in der akademischen Welt«, erwiderte ich.
»Hast du das persönlich erlebt?«
»Für gewöhnlich ist es etwas subtiler, aber du wärst erstaunt darüber, was auf Fakultätsfeiern abläuft, wenn die Wissenschaftler glauben, sie wären unter sich.«
»Ich frage mich, ob Issa Qumdis auch in Harvard auf diese Weise übersprudelt. Haben Universitäten für Hetzreden nicht gewisse Vorschriften erlassen?«
»Diese Bestimmungen werden selektiv angewandt.«
»Wessen Schwein geschlachtet wird … Ja, wir leben in einer schönen Welt. Genug davon, es wird Zeit, dass wir uns auf den bösen Dr. Larsen konzentrieren. Hast du irgendwas über ein Schwindelunternehmen vor Ort herausgefunden?«
»Noch nicht. Ich habe Olivia gebeten, sich genauer umzusehen. Ich hab ihr das Wachposten-Programm als Anhaltspunkt genannt, weil ich beim Surfen darauf gestoßen bin.«
»›Wachposten für Gerechtigkeit‹ … Olivia war jedenfalls eine gute Wahl … Übrigens hat Franco Gull endlich seinen üblichen Trott unterbrochen und ist in ein Fitnessstudio gegangen. Hat Hanteln gestemmt, die Ladys ignoriert und ist nach Hause gegangen. Also weiß er vielleicht von dem Betrug und wie hoch der Einsatz ist. Der Kerl neigt zu emotionalen Reaktionen. Vielleicht kann er
Weitere Kostenlose Bücher