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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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keiner dieser Namen etwas?«
    »Nicht einer. Nicht ein einziger .«
    »Was ist dann mit diesem Namen: Wachposten für Gerechtigkeit?«
    Gull hörte auf zu lächeln. Eine Hand zuckte nach oben und ergriff seine Oberlippe. Verdrehte sie. Wie ein Kind, das mit einer Gummimaske spielt.
    Eine traurige Maske.
    »Sie kennen diesen Namen«, sagte ich.
    »Den schon«, erwiderte er. »Oh Mann.«

40
    Gull zeigte auf den Wasserkrug auf Myrna Wimmers Schreibtisch. »Ich glaube, ich hätte jetzt gern etwas zu trinken.«
    Wimmer lächelte kühl in seine Richtung. Gull stand auf und goss sich ein Glas ein. Trank es im Stehen aus und goss sich nach.
    »Ich muss alles in den richtigen Kontext bringen«, erklärte er.
    »Tun Sie das«, sagte ich. »Falls Ms. Wimmers Terminkalender das erlaubt.«
    Wimmer sagte: »Oh, klar, das hier ist der lustige Teil meines Tages.«
    »Ja«, sagte Gull, »ich habe eine Zulassung beantragt, aber nur auf Marys und Albins Drängen. Die beiden hatten ein soziales Bewusstsein . Eines der Themen, denen sie sich widmeten, war die Rehabilitation von Strafgefangenen.«
    »Wer hat damit angefangen?«
    »Ich glaube, es war Albins Idee, aber Mary hat die Fackel übernommen.«
    »Sie brachte die Dinge in Bewegung.«
    »Mary«, sagte er, »war nicht die Allerkreativste, aber wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, ging sie aufs Ganze. Die beiden kamen auf die Idee, ein Behandlungsprogramm für auf Bewährung entlassene Kriminelle einzurichten, um die Rückfallquote zu reduzieren. Ich bewunderte, was sie taten, entschied mich aber dafür, nicht daran teilzunehmen.«
    »Warum?«
    »Wie schon gesagt, ich hatte genug zu tun. Und ich war skeptisch. Diese Leute - Kriminelle. Sie haben fest verwurzelte Persönlichkeitsstörungen. Psychotherapie ist in diesen Fällen nie besonders effektiv gewesen.«
    »Mary und Albin waren anderer Meinung.«
    »Besonders Mary. Sie trat leidenschaftlich dafür ein. Öffentliche Mittel wurden dafür zur Verfügung gestellt, es war mehr als nur eine Theorie.«
    »Wie war sie darauf gestoßen?«
    »Albin hat politische Beziehungen - er ist an einer Menge von progressiven Sachen beteiligt - zur Frau eines Politikers aus dem Norden. Sie ist auch Psychologin, und sie brachte ihren Mann dazu, eine Gesetzesvorlage einzubringen, die Psychotherapie für auf Bewährung entlassene Straftäter bewilligte. Albin half ihr bei der Formulierung. Er erzählte Mary davon, sie erzählte es mir.«
    »Aber Sie haben abgelehnt«, sagte ich. »Tief verwurzelte Persönlichkeitsstörungen.«
    »Ja.«
    »Außerdem kamen die Erstattungssätze nicht an Ihre Honorare für Privatpatienten heran.«
    »Ich arbeite für meinen Lebensunterhalt«, sagte Gull. »Ich sehe nicht ein, warum ich mich dafür entschuldigen sollte.«
    »Was ist Ihr Stundensatz?«
    »Ist das relevant?«
    »Ja.«
    »Meine Honorare sind gleitend. Von hundertzwanzig bis zweihundert pro Sitzung.«
    »Medi-Cal bezahlt zwanzig und beschränkt die Zahl der Sitzungen.«
    »Medi-Cal ist ein Witz«, erwiderte Gull. »Mary sagte, das Gesetz verdoppelte die Stundensätze - irgendein politisches Gemauschel. Aber vierzig ist immer noch ein Witz. Ich habe abgelehnt.«
    »Wie haben Albin und Mary darauf reagiert?«
    »Albin hat nicht viel gesagt. Das tut er selten. Mary war sauer auf mich, aber das dauerte nicht lange.«
    »Angesichts Ihrer intimen Freundschaft und so«, sagte Milo.
    Gull schniefte.
    »Sie lehnten ab, daran teilzunehmen, haben aber eine Zulassung bei Medi-Cal beantragt«, sagte ich.
    »Auf Albins und Marys Geheiß. Sie sagten, der Staat zöge Programme mit mehreren Ärzten vor, und es sähe besser aus, wenn wir alle auf der Liste stünden. Mary hat die Formulare ausgefüllt, und ich habe unterzeichnet, und das war’s.«
    Er schwitzte jetzt stark, suchte wieder nach seinem Leinentaschentuch. Ich zog ein Papiertuch aus einer Schachtel auf Wimmers Schreibtisch und reichte es ihm. Er wischte sich hastig das Gesicht ab, und das Papiertuch verwandelte sich in einen kleinen grauen Ball.
    »Sie wollen sagen, dass Sie nie irgendwelche Patienten im Rahmen des Programms behandelt haben?«
    »Im Grunde ja«, antwortete er.
    »Im Grunde?«
    »Ich habe einige wenige behandelt - sehr wenige. Zu Beginn, nur um den Ball ins Rollen zu bringen.«
    »Wie viele sind einige wenige?«
    Er zog eine Lesebrille mit winzigen Gläsern aus der Tasche und begann mit den Bügeln zu spielen.
    »Franco?«
    »Drei. Das war’s. Und keiner trug einen der Namen, die

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