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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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das. Sie lachte und meinte, ich hätte keinen Grund, mir Sorgen zu machen.«
    »Die Freundin, von der er redete«, sagte ich. »Hat er ihren Namen erwähnt?«
    »Nein, aber ich habe sie gesehen. Zumindest nehme ich an, dass sie es war.«
    »Sie nehmen es an?«
    »Kurz nachdem Ray aufgehört hatte, zu mir zu kommen, sah ich ihn mit einer Frau. Er hatte seinen Arm um sie gelegt. Er wirkte … besitzergreifend.«
    »Wo haben Sie sie gesehen?«
    »Ich kam gerade ins Wartezimmer, um meine Patientin abzuholen, und die beiden saßen ebenfalls dort. Zuerst dachte ich, es hätte eine Art Abstimmungsproblem gegeben, dass Ray mit einer Sitzung rechnete. Aber bevor ich etwas sagen konnte, kam Mary heraus, und die Frau ging mit ihr zurück.«
    »Die Freundin war eine Patientin von Mary.«
    »Offenbar.«
    Ich zeigte ihm ein Foto der lebenden und lächelnden Flora Newsome.
    »Ja«, sagte er. »Herr im Himmel, worum geht es hier eigentlich?«
    »Haben Sie diese Frau noch mal mit Raymond Degussa gesehen?«
    »Noch einmal«, sagte Gull, »als ich vor der Praxis ankam und sie hinaus auf den Parkplatz gingen. Ich war überrascht - darüber, wie sie aussah. Die Frau, über die er geredet hatte, mit einem Gesicht zu versehen. Bei so einem Mann hätte ich jemanden erwartet, der ein bisschen … eindeutiger aussah.«
    »Eine scharfe Braut«, sagte Milo.
    »Diese Frau war … sie sah aus wie eine Bankangestellte.«
    »Sie war Lehrerin«, erwiderte ich.
    »War«, sagte Gull. »Sie wollen sagen … Gott, wie weit geht das denn noch ?«
    »Da Sie wussten, dass Degussa ein Schläger war, haben Sie Mary davon erzählt, welche Rolle ihre Patientin in seinen Phantasien spielte?«
    »Nein, das konnte ich nicht. Die Schweigepflicht. Das war eine Sache, in der wir ganz strikt waren. Wir drei. Sobald unsere Türen geschlossen waren, drang nichts mehr hindurch. Kein praxisinternes Geplauder über Patienten.«
    »Sie haben Degussa nicht als Bedrohung für Flora Newsome betrachtet?«
    »Flora«, sagte Gull. »Das ist also ihr Name … Herr im Himmel.« Er sprang auf, schnappte sich noch ein Papiertuch. »Es gab nichts, weswegen man irgendjemanden hätte warnen müssen. Nichts, was auch nur in die Nähe des Tarasoff-Niveaus gekommen wäre. Er hat nie gesagt, dass er ihr etwas antun wollte, nur dass er dafür sorgen wollte, dass sie kam.«
    »Er wollte dafür sorgen, dass sie um Gnade flehte«, sagte ich.
    »Das habe ich als Metapher angesehen.«
    Milo sagte: »Degussa als der lyrische Typ.«
    »Er hat sie umgebracht?«, fragte Gull. »Wollen Sie sagen, dass er sie tatsächlich umgebracht hat?«
    »Jemand hat es getan.«
    »Oh Gott. Das ist mein schlimmster Albtraum.«
    »Floras war schlimmer«, entgegnete Milo.
    Eine Zeit lang sprach niemand. Dann fragte Gull: »Hat er sie vergewaltigt?«
    »Wir stellen die Fragen«, sagte Milo.
    »Gut, gut - Gott, das nimmt mich vielleicht mit, ich bin völlig ausgetrocknet.« Gull stand erneut auf, goss sich zwei Gläser Wasser ein und leerte sie beide. Sein Gesicht glänzte. Flüssigkeit rein, Flüssigkeit raus. Ein Mann mit wenig Substanz.
    »Wer war noch an den ›Wachposten für Gerechtigkeit‹ beteiligt?«, fragte ich.
    »Nur Mary und Albin.«
    »Was ist mit Ray Degussa?«
    »Er? Wollen Sie damit sagen, dass er … Wissen Sie, wo Sie es jetzt zur Sprache bringen, er schien tatsächlich oft in der Nähe der Praxis zu sein. Nachdem er aufgehört hatte, zur Therapie zu kommen.«
    »Wo trieb er sich rum?«
    »Ich sah ihn die Straße hochkommen, und er nickte mir zu und lächelte und grüßte mich mit erhobenem Daumen. Als ob wir Freunde wären. Ich nahm an, dass er in der Nähe arbeitete.«
    »Haben Sie mit ihm geredet?«
    »Nur hallo und auf Wiedersehen.«
    »Ein Schlägertyp in der Nähe hat Ihnen nicht zu denken gegeben?«
    »Mary und Albin haben Kriminelle behandelt.«
    »Aber Sie nahmen an, dass er in der Nähe arbeitete.«
    Gull zuckte mit den Achseln. »Ich habe nicht groß auf diese Dinge geachtet.«
    »Wann haben die Sitzungen im Rahmen des Programms stattgefunden?«
    »Ich nehme an, im Anschluss an die normalen Öffnungszeiten.«
    »Um die normale Kundschaft nicht vor den Kopf zu stoßen.«
    Gull nickte.
    »Sie haben mit Mary und Albin nie über Einzelheiten gesprochen?«
    »Offen gestanden«, sagte Gull »wollte ich nichts davon wissen.«
    »Warum nicht?«
    »Kriminelle. Ich finde sie widerwärtig. Ich möchte Abstand wahren von allen …«<
    »Allen was?«, fragte Milo.
    »Allen

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